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KAZ-Fraktion: „Ausrichtung Kommunismus”

Übergang zur Kriegswirtschaft?[1]

Die Frage nach dem Übergang zur Kriegswirtschaft stellen, heißt nicht nur die Frage stellen, ob und wann der Krieg droht, sondern auch von welcher Art er sein wird, wer und was ihn verursacht und welche Form -zum Beispiel Handelskrieg, Regionalkrieg oder Weltkrieg- er annehmen wird.

Die Art des vorbereiteten Kriegs

Wir können davon ausgehen, dass es sich um keinen gerechten Krieg handeln wird, für den uns der deutsche Imperialismus „ertüchtigen“ will. Der Krieg wird auch nicht verursacht durch die Länder, auf die unsere Monopolbourgeoisie deuten lässt, also die VR China oder die Russische Föderation, sondern er wird verursacht durch das Monopolkapital selbst, durch den Zwang zum Maximalprofit, durch den Zwang zu expandieren in schrumpfenden Märkten, in zunehmender Krisenhaftigkeit, aus der die imperialistischen Großmächte den Ausweg in der Neuaufteilung der Welt suchen.

Widerstand dagegen kommt dabei zunehmend aus dem „globalen Süden“, von den Völkern in diesen Ländern, also den Arbeitern, Bauern und der nationalen Bourgeoisie, deren Interesse objektiv gegen den Imperialismus gerichtet ist.

Einen diffusen Widerstand gibt es auch in den imperialistischen und entwickelten kapitalistischen Ländern. Denn auch hier haben die Arbeiterklasse und große Teile des Kleinbürgertums und der Bourgeoisie objektiv kein Interesse am Krieg. Aber zum Beispiel bei den Auseinandersetzungen um die Sanktionen haben wir gesehen, dass sich die Zwischenschichten bei der gegenwärtigen Schwäche der Arbeiterbewegung der Monopolbourgeoisie unterordnen.

Murren gegen die massiven Schäden durch die Russland-Sanktionen ist kein Umschwenken auf eine Befreiungsmission vom US-Joch, sondern entspricht dem Murren des Lieferanten, dem die Monopole die Preise drücken, ein Murren, dass die „Großen“ schalten und walten wie sie wollen, auch wenn es den „Kleinen“ ruiniert. Widerständig werden sie nur zur Erhaltung ihrer Existenz als Bourgeoisie und für einen für sie akzeptablen Kapitalismus. Und gerade deswegen setzt die kleine und mittlere Bourgeoisie erstmal nicht auf ein Bündnis mit der Arbeiterklasse, sondern auf Germany great again und auf Aufrüstung, von der sie Stärkung der eigenen Position erwarten. Sie erhöht dabei den Druck auf die Arbeiteraristokratie, Gefolgschaft zu leisten bei Zugeständnissen und Einsparungen, beim Treten nach unten.

Die Form des vorbereiteten Kriegs

Kommen wir zur Form der Kriegswirtschaft. Die hängt ab von den jeweiligen Kräfteverhältnissen im Imperialismus. Die Aufstellung im Kampf um die Neuverteilung ändert sich mit der Entwicklung der Kapitale, der Macht, und den Konstellationen, die sich daraus bilden. Ausgetragen wird der Kampf dann, wie Lenin es formulierte „heute friedlich, morgen nicht friedlich, übermorgen wieder nicht friedlich“ (LW22, S. 257 f.[2]).

Im Kalten Krieg großes stehendes Heer, nach der Konterrevolution 1989 folgende und der Niederlage des Sozialismus in Europa mobile Interventionskräfte zum schnellen Eingreifen und jetzt Pläne für eine Einführung der Wehrpflicht, militärische Infrastruktur, langfristige Stationierung im Ausland, sprich Besatzung wie in Litauen.[3] Aber auch weitere Optionen sind im Blick, wie die Auseinandersetzung um Atombewaffnung zeigt. Vieles deutet darauf hin, dass der Weg in einen Weltkrieg eine Option der Finanzoligarchien wird.

Dabei wird eine entscheidende Frage sein, ob der Nato-Block hält oder die zwischenimperialistischen Widersprüche zu einer Bildung neuer Allianzen führen. Dies wäre günstig nicht zuletzt unter dem Gesichtspunkt, dass die um Sozialismus und Unabhängigkeit kämpfenden Länder nicht einem geschlossenen Gegner gegenüberstehen. Sollen wir eine solche Entwicklung aktiv unterstützen? Wenn wir Togliattis Gedankengang in seiner Rede auf dem VII. Weltkongress folgen, heißt die Antwort: Ja, allerdings in schärfster Gegnerschaft zur deutschen Monopolbourgeoisie.

Deswegen: BRD raus aus der Nato, das geht mit uns nur, wenn Runter mit der Rüstung, Nieder mit dem deutschen Militarismus!

Gesamtlage und Kräfteverhältnisse

Die Entwicklung der Form der Kriegswirtschaft folgt den Kräfteverhältnissen. Das heißt, der deutsche staatsmonopolistische Kapitalismus passt die Form der Kriegswirtschaft im Gesamtinteresse seiner Finanzoligarchie der veränderten Gesamtlage an, wie sie sich seit der Konterrevolution um 1990 entwickelt hat und jetzt wieder zu einer neuen Kräfteaufstellung kommt.

Wir müssen uns also anschauen, wie sich die Gesamtlage entwickelt hat. Ich versuche die bekannten Fakten, die ja z.B. in der UZ und den Marxistischen Blättern ausführlich diskutiert wurden, in den folgenden acht Punkten zu umreißen:

– Die Konterrevolution in der Sowjetunion (SU) konzentrierte das Interesse der imperialistischen Großmächte auf die dadurch mögliche Neuverteilung der Einflusssphären der Welt.

– Der Neuverteilung des SU-Gebiets unter die imperialistischen Großmächte mit der Perspektive, sie zu Halbkolonien zu machen, stellte sich die dortige neu sich formierende herrschende Klasse entgegen mit der Übergabe der Regierungsmacht an Putin. Der Kampf um die Unabhängigkeit der Russischen Föderation konzentrierte sich bald auf die Ukraine. Russland ist dabei auf die Unterstützung der VR China angewiesen.

– Die VR China stieg in ihrem Kampf um Unabhängigkeit und Sozialismus zur Weltmacht auf und setzt der imperialistischen Einkreisungspolitik Bündnisse mit Partnern entgegen, die im Widerspruch zur Hegemonie der USA stehen. Sie strebt ein System der kollektiven Sicherheit an.

– Nachdem mit der SU die politische Begründung der US-Hegemonie über die anderen imperialistischen Großmächte untergegangen war, soll die Begründung nun durch die Notwendigkeit von Containment und Roll-back des Einflusses von China ersetzt werden.

– Auf dem Gebiet der Entwicklung der Produktivkräfte wird die Digitalisierung für die Gesamtentwicklung ähnlich grundlegend wie der Eisenbahnbau bei der Entwicklung des Kapitalismus in sein imperialistisches Stadium. Neue Großunternehmen entstehen in den USA und China auf größerer technischer und finanzieller Stufenleiter, mit Börsenwerten von mehreren Tausend Milliarden US-Dollar. Netzwerke zur Konzentration dieser Kapitalmassen sind in den USA mit einer Handvoll dominierender Digitalkonzerne entstanden und in der VR China mit dem Aufbau entsprechender Unternehmen unter Kontrolle des Staates. Produktivkraftentwicklung ist zu einem entscheidenden Feld des Klassenkampfs im Weltmaßstab geworden.

– Die USA-Finanzhegemonie wurde durch die von ihr geprägte weltweite Finanzkrise geschwächt.

– Mit dem Ukraine Konflikt verhindern die USA die Infragestellung ihrer militärischen Hegemonie, d.h. der NATO. Das damit verbundene Sanktionsregime soll auch die politische und ökonomische Hegemonie aufrechterhalten.

– Der Kampf zwischen den USA und den anderen imperialistischen Großmächten ist in vollem Gang – Stichworte Handelskrieg und Nord Stream-Sprengung, wird aber überwiegend noch verdeckt geführt.

Die Stellung des deutschen Imperialismus

In dieser Gesamtlage versucht der deutsche Imperialismus Grundlagen zu schaffen zur strategischen d.h. technologischen und damit ökonomischen, militärischen und politischen Souveränität gegenüber den USA. Er will die strategische Souveränität erreichen in Zusammenarbeit mit dem französischen Imperialismus im Rahmen der EU. Beide, die deutsche wie die französische Finanzoligarchie wissen, dass sie allein zu schwach sind, um mit den USA um die Neuaufteilung der Welt konkurrieren zu können. Das wurde nochmal ganz klar in Macrons großer Europa-Rede in der Sorbonne 2017, die mit Merkel abgestimmt war.

Ein Erfolg dieser deutsch-französischen Pläne ist bis heute nicht sichtbar. Das ist m.E. zu erklären mit der Konkurrenzsituation zwischen den deutschen und den französischen Bank- und Industriekonzernen und ihren Staats- und Regierungsapparaten, im Zusammenspiel mit dem Einfluss der USA selbst, gegen deren Hegemonie die Pläne gerichtet sind.

Ein Beispiel ist das deutsch-französische Panzerprojekt MGCS, das mit der Fusion von Krauss-Maffei-Wegmann und dem französischen Panzerbauer Nexter zu KDNS besiegelt wurde: Dagegen bringt sich Rheinmetall in Stellung mit einem Panzerprojekt mit dem Nazi-Wehrmachts-Traditionsnamen Panther, an dem sich Italien mit seinem Rüstungskonzern Leonardo beteiligt.

Ein weiteres Beispiel: Die deutsch-französische Rüstungszusammenarbeit wurde im Oktober 2024 „ergänzt“ vom deutschen Rüstungsminister Pistorius mit dem deutsch-britischen ‚Trinity-House-Agreement‘ um die Rüstungskooperation mit Britannien, nachdem die Franzosen mit den Briten bereits 2010 ein entsprechendes ‚Lancaster-House-Agreement‘ geschlossen hatten.

Ein Beispiel ist auch die beendete EU-Karriere von Thierry Breton, einer Zentralfigur der deutsch-französischen Rüstungszusammenarbeit. Als Chef des französischen IT-Konzerns Atos hatte er mit dem damaligen Banker Macron die Fusion von Atos mit der Siemens-IT-Beraterfirma SIS organisiert zum zweitgrößten IT-Dienstleister in der EU. Dann wurde er zum Industrie- und Rüstungskommissar der EU befördert und Antreiber für die digitale Souveränität, was ihm natürlich die Feindschaft der U.S.-amerikanischen Digital-Konzerne einbrachte.

Für die neue EU-Kommission wurde Breton von Macron wieder vorgeschlagen, aber von Ursula von der Leyen abgelehnt und von Macron fallengelassen.

Die IT-Firma Atos ist aktuell in Auflösung. In Auflösung scheinen auch die deutsch-französischen Projekte für EU-Clouds und der von Breton 2023 verkündete Plan, 20% der Welt-Chipproduktion bis 2030 in der EU zu haben. Ob seine Satelliten-Initiative Erfolg hat, mit dem System IRIS2 eine Konkurrenz zu den in den USA, besonders von Elon Musk betriebenen Satellitenunternehmen zu schaffen, ist offen, eher unwahrscheinlich, wird aber dafür entscheidend sein, ob die EU eine von den USA unabhängige militärische Internet-Infrastruktur bekommt.

In Deutschland ist vor allem der Porsche-Clan nicht Willens und wohl auch nicht mehr in der Lage, die Kapitalmassen für die nötigen Investitionen für die technologische ‚Transformation‘ der Volkswagen-Gruppe allein zu organisieren. An der VW-Gruppe zeigt sich beispielhaft die Krise und die Reaktion des deutschen Finanzkapitals im Zusammenwirken mit Staat, Politik und Medien, d.h. bei VW beobachten wir die Entwicklung des deutschen staatsmonopolistischen Kapitalismus: Der nun zu Ende gehende Abschnitt von ‚Wende‘ 1989 bis ‚Zeitenwende‘ 2023 war geprägt vom Niedersachsen-Sumpf mit den „Blüten“ SPD-Schröder und VW-Piech, und deren Kreatur Hartz.

Im deutschen Finanzkapital verschieben sich derzeit mit der Entwicklung der Produktivkräfte die Schwerpunkte von der autozentrierten Industrie zur IT-zentrierten Industrie, voran Siemens, SAP, Telekom und Bosch. Davon untrennbar entwickelt sich natürlich im staatsmonopolistischen Gesamtinteresse die Industrie, die unmittelbar schwerpunktmäßig Rüstungsgüter produziert, voran Airbus, Rheinmetall und KDNS. Ein Widerspruch in der derzeitigen Ausformung des Gesamtinteresses entsteht dadurch, dass die Monopole sowohl vom US-Markt als auch vom Markt der VR China abhängig sind.

Bedingtes Unterordnungsangebot an den US-Imperialismus

Der Widerspruch soll, wie seit 1945, vom deutschen Imperialismus weiter durch das bedingte Unterordnungsangebot an die USA mit Schwerpunkt Aufrüstung gegen Russland unterlaufen werden: Öffentlich sichtbar wird das in der medialen Diskussion der „Zeitenwende“ in den Rüstungsausgaben: Zeitenwende ja, aber mit möglichst viel EU-Anteil, wobei dann wieder gestritten wird um den jeweiligen Anteil für die deutsche oder die französische Rüstungsindustrie.

Der deutsche Imperialismus kann davon profitieren, dass er für den Gesamtimperialismus unter Führung der USA die Aufgabe übernehmen soll, die EU nach Osten maximal auszudehnen und gegen Russland auszurichten. Es gilt Russland so einzuengen und so zu zermürben, dass es keine Unterstützung mehr für die VR China sein kann. Auch die Anstachelung zu einer „bunten“ Konterrevolution in Russland, wie sie schon in Belarus versucht wurde, gehört in dieses imperialistische Kalkül. In dieser Rolle als Vormacht im Osten[4] hofft Deutschland das notwendige militärische Drohpotenzial aufbauen – um dann auch bei der Neuaufteilung als starker EU-Partner Frankreichs wieder mitreden zu können.

Die deutsche Rolle als Führungsmacht in der EU soll dabei ökonomisch, politisch und militärisch ausgebaut werden. Noch bestehende Beschränkungen für den deutschen Imperialismus können in Frage gestellt werden, was aber – Stichwort Atomrüstung, Flugzeugträger – auf französischen Widerspruch stößt.

Mit einer derart deutsch-dominierten und für die USA nützlichen EU im Kreuz erhofft sich der deutsche Imperialismus, für eine gewisse Zeit gegenüber China eine scheinbar unabhängige Rolle spielen zu können. Die Bedenken der USA versucht man zu zerstreuen mit Hinweis auf die taktische Variante „Wandel durch Annäherung“ oder „Die Burg von Innen sturmreif machen“ – wie es schon mit dem „Osthandel“ und der „Entspannungspolitik“ gelungen ist.

Zeitgewinn spielt eine Rolle, weil der Anlauf zur Weltmacht und Konkurrenz auf Augenhöhe mit dem US-Imperialismus durch ‚Souveränität‘ einer deutsch-französisch dominierten EU bisher nicht erfolgreich ist für den deutschen Imperialismus. Eine alternative Linie, sein Gesamtinteresse durchzusetzen, ist aber nicht sichtbar. Die Suche nach Alternativlösungen mit Britannien oder Italien erscheinen als taktische Winkelzüge und nicht als strategische Perspektiven. Wenn der Handelskrieg der USA gegen die BRD sich aufschaukelt mit Lieferkettenunterbrechungen, Störungen des Internets oder weiteres „friendly fire“ wie bei Nord Stream ist möglicherweise auch eine zeitweilige Verstärkung der Zusammenarbeit mit Russland wieder eine Option des deutschen Imperialismus, das ist aber heute nicht absehbar.

Derzeit sichtbar ist die alte Linie des Anlaufs zur Weltmacht durch taktisches Wechselspiel zwischen Frankreich und den USA, die offenbar weiterverfolgt werden soll, aber mit wesentlich erhöhtem staatsmonopolistischem Mittelaufwand.

Dazu muss der deutsche Imperialismus in dieser veränderten Kräftelage der Allgemeinen Krise seine politische Aufstellung ändern.

Kriegskeynesianismus zur Finanzierung von Aufrüstung und Militarisierung

In der Etappe nach 1989 schien der harte Griff der Allgemeinen Krise sich zu lockern durch die Expansionsmöglichkeiten nach Innen und Außen. Im Rennen um die Beute wurde die Parole ‚freier Markt‘ ausgegeben. In der imperialistischen Konkurrenz stand die eher friedliche Phase – Aufteilung nach Kapital – im Vordergrund, was die Bundeswehr nicht hinderte, wieder international zu schießen und zu bomben. Die defensiv mit Kapitalverflechtungen gegen das Eindringen von US-Kapital konstruierte ‚Deutschland AG‘[5] wurde aufgelöst, viel Kapital wurde damit für die Beutejagd freigegeben. In Deutschland war die Propaganda der Allmacht des freien Marktes unter der Marke ‚Neoliberalismus‘ als Schuldenbremse in Verfassungsrang erhoben worden und hatte auch geholfen, die deutsche EU-Dominanz über Frankreich durch die EU-Schuldenregeln zu sichern. Auch hier zeichnet sich nun eine ‚Zeitenwende‘ ab. Die SU konnte nicht in Halbkolonien zerlegt werden, die Konterrevolution in China wurde zurückgeschlagen, das EU-Souveränitätsprojekt ist nicht vorangekommen.

Im September legte Mario Draghi nun der EU-Kommission seinen Bericht zur Wettbewerbsfähigkeit gegen USA und China, sprich zur Weltmachtposition vor. Die Vernetzung der Person Draghi aus seiner Zeit als Chef der EU-Zentralbank und Retter des Euro „whatever it takes“ gewährleistet, dass er das Gesamtinteresse des EU-Finanzkapitals berücksichtigt.

Der Bericht verlangt, dass in der EU pro Jahr ca. 800 Milliarden Euro zusätzlich investiert werden, um in Technologie, Energieunabhängigkeit und Rüstung gegen die USA und China zu bestehen.

Für Deutschland hieße das entsprechend dem wirtschaftlichen Gewicht etwa 200 Milliarden Euro pro Jahr, also zweimal den ‚Zeitenwende‘-Betrag pro Jahr!

Die Reaktion aus Deutschland war seltsam leise, der Sturm im Medienwald blieb aus. Das Wirtschaftsministerium kommentierte sachlich, der Draghi-Bericht werde „voraussichtlich maßgeblichen Einfluss auf die Politikgestaltung und Schwerpunktsetzung der neuen [EU-] Legislatur haben.

Draghi fasst offenbar die Sicht des EU-Finanzkapitals zusammen, dass die gigantischen Investitionssummen und Umbauten des Staatsapparats für die Perspektive Weltmacht erforderlich sind, nachdem die bisherigen Pläne gescheitert sind.

Der Draghi-Bericht liefert die Grundlage für eine neue Propagandarichtung, mit der die Abwälzung der neuen gigantischen Milliardenlasten auf die Arbeiterklasse und die nicht-monopolistischen Volksschichten als alternativlos verteidigt werden soll.

Vorlagen für das neue Narrativ – um einmal dieses Modewort für „Märchenerzählung“ zu gebrauchen – lieferten schon die akademische Hofschranze Heribert Münkler neulich in der ‚„Wirtschaftwoche“ oder auch der Teamchef Technologie vom Handelsblatt (HB 23.01.2025 S. 14), der sich konkret auf die deutsch-französischen Projekte bezieht, die er als „verspielte Chancen“ bezeichnet, die Abhängigkeit der EU von US-amerikanischen Cloud-Firmen sei massiv gewachsen, die europäischen Initiativen viel zu klein.

Die Finanzoligarchen, die die Gewinne aus ihren Monopolen nicht ausreichend in die neuen Technologien investiert haben, um gegen die Konkurrenten in den USA und China mitzuhalten, verlangen jetzt vom Staat die Mobilisierung der Draghi-Milliarden. Die Rechtfertigungsideologie soll wieder gewechselt werden von „neoliberal“, d.h. der Markt soll alles richten, auf „Keynes“, d.h. der Staat soll die in der Krise fehlende Nachfrage durch Schuldenaufnahme und Investitionen ausgleichen. Wie im vorigen mit „Keynesianismus“ bemäntelten Abschnitt des staatsmonopolistischen Kapitalismus (SMK)[6] unter Helmut Schmidt und ‚Schorsch‘ Leber wird die Schuldenaufnahme auch diesmal auf Rüstung ausgerichtet. Im „Narrativ“ des SMK wird in der Sprachregelung jetzt durchgesetzt das Leitbild der „Sicherheit“. Damit wird die von Propaganda-Generationen des deutschen Imperialismus mit den Mitteln der angewandten Psychologie gepflegte Angst vor dem Unheil aus dem Osten verbunden mit der realen Existenzangst um den Arbeitsplatz. Dazu passen die Vorschläge, die durch die Softwarekrise bedrohten VW-Fabriken an Rheinmetall und KDNS zu verkaufen.

Der unter Sparzwang gesetzte Staat hat die Investitionen in die für die Produktivkraftentwicklung erforderliche Bildung und Wissenschaft nicht geleistet. Zwar wurde versucht, die US-Militärforschungsagentur DARPA zu kopieren, aber die Kopien wurden mit Millionen statt wie in den USA mit Milliarden ausgestattet. Konkret umgesetzt wurden Projekte, die eher Einzelmonopolinteressen dienen. Zum Beispiel BMW geht voran mit „vorbildlichen Exzellenzprogrammen“ mit der TU München.

Der Staat hat in seiner Aggressivität, die Maximalprofite der Monopole zu sichern, nicht einmal mehr die Infrastruktur für die Mehrwertproduktion aufrechterhalten:

Minister Lauterbach grübelt in Deutschland, mit wie wenig Geld die Ware Arbeitskraft im Gesamtinteresse repariert werden kann, ohne Teilinteressen – z.B. Profite von Bayer oder Siemens zu verletzen.

Im Gesamtinteresse muss die Ware Arbeitskraft auch zum Produktionsmittel kommen und das Produkt zum Kunden, aber weder die Profite der Bahnindustrie, wieder z.B. Siemens, noch die der Autoindustrie sollten geschmälert werden.

Die natürlichen Grundlagen der Produktion sollten aufrechterhalten werden im „grünen“ Einklang mit steigenden Profiten der Monopole. Der Königsweg des deutschen SMK, billige Energie aus Russland als Brückenlösung und „grüne“ Exporterfolge funktioniert nicht mehr. Widerspruch realisierte sich im US-Protektionismus – Stichworte Nordstream/US-Gas, Inflation Reduction Act (IRA) – aber auch von der französischen Atomindustrie.

Das Handelsblatt, Selbstverständigungsorgan des Finanzkapitals, stellt seiner Leserschaft die Dringlichkeit der Situation dar: (HB, ‚Kommentar aus Berlin‘, 18.11.2024, S. 15):

„Sechsjährige starten mit massiven Defiziten, weil sie keinen Kita-Platz hatten oder dort nicht gefördert wurden. Unsere 15-Jährigen sind bei Pisa jäh abgestürzt, die Zahl der Jugendlichen ohne Ausbildung hat einen traurigen Höchststand erreicht, und die vielen Migranten können nicht so integriert werden, wie es mit mehr Bildung möglich wäre. All das bedroht den Standort Deutschland mit zeitlicher Verzögerung mehr als die fehlende Infrastruktur. Wer mangels Personal keine modernen Maschinen entwickeln kann, braucht auch keine Straße, um sie zum Kunden zu bringen.“

Der Draghi-Bericht und seine Schlussfolgerung, dass ab jetzt jedes Jahr in Deutschland zusätzlich ca. 200 Milliarden in Technologie investiert muss, um dem Niedergang unter Vormundschaft der USA zu entkommen, fällt also nicht vom Himmel.

Mit dem Maßstab, den Draghi anlegt, erscheinen die Beträge sogar bescheiden: Als er den Bericht vortrug, hielt er dem EU-Parlament und der EU-Kommission die Realität vor: „In den neuen Technologien bleiben wir stark zurück: Nur vier der Top-50-Tech Companies der Welt sind europäisch“. Zum Vergleich: Die vier großen Cloud-Konzerne Amazon, Google, Microsoft und Meta (das ist facebook, Instagram usw.) haben im vergangenen Jahr für den Ausbau ihrer technischen Infrastruktur, die für KI-Anwendungen gebraucht wird, 240 Milliarden US-Dollar ausgegeben (HB 23.01.25, S. 4).

Die bekannten deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute und der für das Gesamtinteresse des deutschen Imperialismus maßgebliche BDI kommen ja schon länger in ihren Vorschlägen auf Beträge in ähnlichen Größenordnungen wie der Draghi Bericht.

Aber: Wie soll die EU, wie der deutsche Staat jedes Jahr zusätzlich hunderte von Milliarden mobilisieren?

Draghi selbst schlägt bereits eine Kombination von staatlichen und privaten Mitteln vor. Frau von der Leyen wurde auf dem berüchtigten Davoser Weltwirtschaftsforum deutlicher: In den EU-Ländern gebe es 1.400 Milliarden Spargelder privater Haushalte. Sie werde einen Plan für europäische Spar- und Investitionsprodukte vorschlagen, damit diese im Sinn des Draghi-Plans nutzbar würden.

Das Wort Kriegs- oder Rüstungsanleihen hat sie dabei unseres Wissens nicht verwendet.

Zyklische und Allgemeine Krise

Im Getümmel um das Ende der Ampelkoalition zeichnete sich schon die Umorientierung des deutschen Imperialismus weg von der Schuldenbremse ab.

Die gängigen Vorschlagsmuster des Politpersonals sind der deutschen Realität nicht mehr angemessen. Zur Realität gehört auch, dass die zyklische Krise die Symptome der Allgemeinen Krise verstärkt.

Nach der Finanzkrise 2008 kam der deutsche Imperialismus nicht mehr in Schwung. 2018 sahen wir den letzten Höhepunkt der deutschen Industrieproduktion, 2020 den Tiefpunkt. Nach Ende der Pandemiemaßnahmen zog die Nachfrage an, ging wieder zurück, zog wieder an, ohne einen Aufschwung auszulösen, d.h. die Industrieproduktion kam nicht mehr über den letzten Höhepunkt hinaus.

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen steigt, die Industrieaufträge sinken. Die Konsumnachfrage ist mager, selbst die nominalen Lohnerhöhungen werden nach den vielen Entlassungsmeldungen eher gespart.

Der Anschub für den Aufschwung aus den letzten Zyklen kam aus dem Export, vor allem in die EU, nach China und den USA. In allen drei Regionen ist aber mit schwächerem Wachstum zu rechnen, politische Hindernisse stehen im Raum.

Die Allgemeine Krise hat den 8- bis 10-jährigen Krisenzyklus deformiert, die Staatseingriffe auch in den Währungs- und Kapitalmarkt haben neue Krisenpotentiale geschaffen.

Die Kernbranche der deutschen Industrie, der Automobilbau, ist von sinkender Nachfrage getroffen. Gleichzeitig muss sie auf neue Technologie umstellen, alternative Antriebe und autonomes Fahren. Die Anforderungen sind unterschätzt und die Profite nicht investiert worden. An VW, Mercedes, BMW hängen die Weltfirmen Bosch, ZF, Conti, Schäffler, Mahle und 1.000e andere. Auch im High-Tech-Bereich, von Siemens bis Intel sinkt dadurch die Nachfrage.

Ob, wann und wie tief sich eine Krisen-Kettenreaktion in der EU und in Deutschland ausbreitet, wird auch von den im Draghi-Bericht genannten massiven staatlich subventionierten Investitionen abhängen.

Um die gigantischen Beträge zu mobilisieren wird auch vom politischen Personal erwartet, dass sie sich entsprechend orientieren.

Die Krise wird sich durch den zunehmenden Protektionismus der USA verstärken. Deshalb ist zu erwarten, dass sich zur Einigung über die Finanzierung der Draghi-Milliarden eine Koalition bildet, die eine Notsituation konstatiert und das Grundgesetz mindestens in der Frage der Schuldenbremse ändert.

Der ‚neoliberale‘ Modus des staatsmonopolistischen Kapitalismus, das freie Rennen um die Beute bei der Neuaufteilung nach der Konterrevolution mit den Stichworten Globalisierung und Privatisierung wird abgelöst durch einen autoritären Modus mit den Stichworten Sicherheit, Protektionismus, und Industriepolitik, den wir in Deutschland als reaktionär-militaristischen Staatsumbau richtig charakterisieren.

Das relativ lockere deutsche Abfedern der Widersprüche mit den USA und Frankreich kann nach der Sprengung von Nordstream und dem Rausschmiss von Breton bei der EU nicht weitergeführt werden.

Krise der „Sozialpartnerschaft“?

Auch das Abfedern der Widersprüche nach Innen unter dem Titel ‚Sozialpartnerschaft‘ ist in Frage gestellt, wie sich an den Auseinandersetzungen bei VW zeigt. Dort zeigt sich auch: Je mehr sich die Krise entfaltet, desto deutlicher wird die Widersprüchlichkeit der SPD: Je offener sie im Klassenkampf das Kapital unterstützt, desto mehr verliert sie an Einfluss in der Arbeiterklasse, ohne den sie aber ihren Wert für das Kapital verliert.

SPD-Pistorius steht an der Seite des Kapitals für NATO und Rüstung, fordert mit dem 2. Vorsitzenden der IG Metall, Jürgen Kerner, SPD, mehr deutsche Rüstungsproduktion und sichert damit die NATO-Einbindung des DGB ab, gleichzeitig demonstriert SPD-Stegner mit Wagenknecht dagegen. Petra Erler stellte auf dem Podium der RLK fest, dass die Mehrheit der Mitglieder ihrer SPD wieder zur Entspannungspolitik zurückkehren will.

SPD-Pistorius bringt gleichzeitig eine neue Bundeswehrstruktur zustande, die ab 1.4.2025 einen vierten Großverband im Heer vorsieht, die ‚Heimatschutzdivision‘ für den Einsatz im Inneren. Ganz im Geist der ‚bedingten Loyalität‘ des deutschen Imperialismus dient sie der NATO-Infrastruktur und soll gleichzeitig den Staat für die deutsche Finanzoligarchie „aufstandssicher“ machen.

CDU-Merz profiliert sich als gesprächsoffen für alle, die einen starken Staat wollen, mit dem der deutsche Imperialismus auf die Krisenentwicklung reagieren kann.

Gesprächsoffen ist Merz auch für eine SPD der Pistorius, Kerner und Faeser, die signalisieren, die Gewerkschaften im Griff zu haben auch auf dem Weg zum starken Staat, der Opfer in Richtung Lebensstandard, soziale und demokratische Rechte durchsetzt.

Diese Bereitschaft, Opfer zu durchzusetzen für die Weltmachtstellung der deutsch-geführten EU, wird das Kriterium sein für die Gesprächsbereitschaft von Merz. Dabei müssen Leute wie Höcke, die bereits jetzt den offenen Terror gegen die Nicht-opferbereiten fordern, wohl noch außen vor bleiben. In den Reihen der Finanzoligarchie ist der Streit in vollem Gang, über die Rolle, die der Sozialdemokratie noch oder den faschistischen Kräften schon zugedacht werden soll beim Abwälzen der ins Auge gefassten Lasten. Ob und wieweit das dann gelingt, wird vor allem davon abhängen, ob eine wirkungsvolle Gegenbewegung derer zustande kommt, die die Opfer bringen sollen.

Wirkungsvoll wird sie in Deutschland nicht werden, solange die Kräfte, für die Pistorius, Faeser und Kerner stehen, den DGB im Griff haben.

Auf was müssen wir uns beim Übergang zur Kriegswirtschaft einstellen?

Ganz abgesehen davon, dass Kapitalismus per se und Imperialismus umso mehr Kriegswirtschaft ist – ihr Frieden ist aus dem gleichen Stoff wie ihr Krieg (Brecht 1939[7]) – gibt es natürlich Phasen, in denen relativer imperialistischer Frieden herrscht und Zeiten, in denen sich die Vorbereitungen für den offenen Krieg im militärischen Sinn verstärken. In diese Phase ist das imperialistische Lager um 2010 mit dem ‚pivot to Asia‘, dem Schwenk gegen China und dem damit zusammenhängenden Ukraine-Putsch eingetreten. Das zeigt sich jetzt mit gewisser Verzögerung auch im deutschen Imperialismus.

Wenn wir also vor diesem Hintergrund davon ausgehen müssen, dass das Lager des Imperialismus auf eine große auch militärische Auseinandersetzung zusteuert, mit dem Ziel die VR China als Konkurrenten und als systemische Bedrohung durch den Sozialismus auszuschalten, zu unterwerfen, aufzuteilen, dann müssen wir fragen: Was ist aus Sicht der Imperialisten dafür notwendig und wie soll das erreicht werden. Die Variante, dass angesichts der weltweit wachsenden Stärke der antiimperialistischen Kräfte die Imperialisten „vernünftig“ werden und die Zeichen der Zeit erkennen, ist nach unseren Erfahrungen unrealistisch. Obwohl auch die Kapitalisten wissen, dass je mehr Kapital akkumuliert wird, die Gefahr der Krise wächst, können sie nicht aufhören zu akkumulieren und obwohl sie sehen, dass die Börse überhitzt, spekulieren sie munter weiter. Akkumulation, Krise, Krieg – das ist Gesetzmäßigkeit im Kapitalismus. Können sie die VR China nicht besiegen oder tot­rüsten, werden sie sich gegenseitig totschlagen müssen, müssen sie die Welt gegeneinander neu aufteilen, kommt es zur Kannibalisierung der Imperialisten untereinander.

Diese Perspektive erfordert in der Tat eine Umstellung auf Kriegswirtschaft im Sinn einer Vorbereitung auf langanhaltende militärische Auseinandersetzung mit dem Ziel, die Gegner über lange Zeit auszuschalten. Davon ist der deutsche Imperialismus derzeit noch weit entfernt. Pistorius hat das Jahr 2029 genannt für Herstellung der Kriegstüchtigkeit.

Im Faschismus bekam die Rüstung erst ab 1935 mit dem Vierjahrplan und der Einführung der Wehrpflicht Umfang und Tempo. Der Krieg in seinen Zielen und seiner Strategie waren selbst in groben Umrissen erst 1937/38 skizziert (Hoßbach Protokoll 11/1937).

Derzeit sind die wirklichen militärischen Großprojekte FCAS für den Luftkrieg und MGCS auf dem Boden für 2040 projektiert.

Wir vergessen aber nicht, dass es sich bei ‚Kriegswirtschaft‘ auf kapitalistischer Grundlage nicht um gesellschaftliche geplante Wirtschaft handelt. Dietrich Eichholtz zeigte in seinem Grundlagenwerk zur Geschichte der deutschen Kriegswirtschaft 1939–1945 eindringlich, wie selbst im offenen brutalsten Weltkrieg die monopolistische Konkurrenz und selbst auch die Kollaboration von Monopolen der Kriegsgegner fortlebte.

Zusammenfassung

Wir befinden uns in einer Übergangszeit, die wir als ‚Übergang zur Kriegswirtschaft‘ betitelt haben.

Der kommende Krieg entwickelt sich im Imperialismus aus der Allgemeinen Krise, wird also entweder zwischen den USA mit dem imperialistischen Lager und seinen Gegnern oder zwischen den imperialistischen Blöcken USA, Japan, deutsch-französisch geführte EU entstehen.

Die Konstellation der imperialistischen Großmächte und ihrer Gegner kam nach der Konterrevolution in eine neue Gesamtlage, die jetzt selbst an ihre Entwicklungsgrenzen kommt.

Als Faktoren dafür haben wir genannt:

– Die stockende Neuverteilung der Gebiete des sozialistischen Lagers und seiner Einflusssphären.

– Den Aufstieg der VR China und

– Die neue Qualität der Produktivkraftentwicklung und damit der Monopolisierung.

Der deutsche Imperialismus war mit seiner Strategie der ‚bedingten Unterordnung‘ unter die USA beim 3. Anlauf zur Weltmacht im Rahmen der EU an die Grenzen gestoßen.

Er verfolgt die Linie nun mit wesentlich erhöhtem Aufwand z.B. dem Draghi-Plan, weiter. Dabei ändert er die Propaganda von ‚Neoliberalismus‘ in Richtung ‚starker Staat‘.

Der Streit innerhalb der deutschen Finanzoligarchie um die Form der Abwälzung der Lasten ist im Gang, denn auch die Herrschaftsmethode der ‚Sozialpartnerschaft‘ zeigt in der Krise ihre Grenze, Beispiel VW.

Der Übergang zur faschistischen Herrschaftsmethode, d.h. zur Abwälzung der gesamten Last, lässt sich verhindern, wenn der feste Zugriff der Finanzoligarchie auf den DGB, im Kern auf die IG Metall gebrochen werden kann.

Zu berücksichtigen ist bei der Analyse, dass die Konkurrenz unter den Finanzoligarchen mit der Krise schärfer, gewalttätiger, rücksichtsloser wird, weshalb auch ihre Allianzen rücksichtslos ausgewechselt werden können.

Danke für eure Aufmerksamkeit.

Aufrüstung und Krieg nach 1933 – 1

Zwischen 1933 und Ende 1936 verfünffachte sich die Heeresstärke der Wehrmacht auf 550.000 Mann, 1939 erreichte das Heer eine Stärke von knapp 2,75 Millionen Soldaten. …

Die größte jemals für einen Feldzug zusammengezogene Streitmacht umfasste beim Überfall auf die Sowjetunion mit drei Millionen Soldaten drei Viertel des deutschen Feldheeres, die über 600.000 Fahrzeuge, 3.600 Panzer und 7.100 Geschütze verfügten und von etwa 2.000 Flugzeugen unterstützt wurde (und 700.000 Pferde). …

1944 umfasste die Wehrmacht etwa vier Millionen Soldaten im Feld, das Ersatzheer – bestehend aus Kommando- und Verwaltungsbehörden sowie Schul-, Ersatz- und Wachtruppen – etwa zweieinhalb Millionen, die Luftwaffe eine Million und die Kriegsmarine 700.000 Mann.“ (Andere Quellen sprechen für 1944 von 9,42 Millionen Soldaten – d. Verf.) Ausländische Verbände kamen hinzu z.B. die der Wehrmacht beim Überfall auf die Sowjetunion faktisch unterstellten Truppen aus Mussolini-Italien, Franco-Spanien oder Pavelic-Kroatien. Hinzu kamen Verbände aus Kriegsgefangenen wie die sog. Wlassow-Armee. Die Waffen-SS verfügte über personell starke Divisionen, die zu Lasten der Wehrmacht aufgefüllt wurden. Im Herbst 1944 erreichte die Waffen-SS, die autonom agierte und der Befehlsgewalt der Wehrmacht nur in der taktischen und operativen Kriegführung unterstellt war, mit rund 900.000 Angehörigen ihren höchsten Mannschaftsstand. Darunter waren Söldnerverbände wie die Division Galizien (Ukraine) oder Handschar (Kroatien) sowie „Legionen“ aus Flandern, Norwegen, Finnland u.a.

Von den zwischen 1939 und 1945 über 17 Millionen eingezogenen Wehrmachtssoldaten deutscher und nichtdeutscher Herkunft starben bis zur deutschen Kapitulation am 8. Mai 1945 über 4,7 Millionen.

vgl. hierzu: Deutsches Historisches Museum Berlin -- www.dhm.de/lemo/kapitel/der-zweite-weltkrieg/kriegsverlauf/wehrmacht

Aufrüstung und Krieg nach 1933 – 2

Aus einer Studie des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags von 2017 (!) „Entwicklung der Militärausgaben in Deutschland von 1925 bis 1944 und in der Bundesrepublik Deutschland von 1950 bis 2015 im Verhältnis zur gesamtwirtschaftlichen Leistung“ entnehmen wir die Zahlen zum Rüstungsanteil am Bruttosozial- bzw. Bruttoinlandsprodukt:

1925 1,0 Prozent

1932 1,5 Prozent

1933 3,5 Prozent

1938 18,7 Prozent

Im ersten Kriegsjahr (von 1.9.1939-30.8.1940) dann 26,4%, 1940/41 42,3%; 1941/42 52,8%; 1942/43 60,3%. Und von 1.9.1943-30.8.1944 schließlich 62,2%

Nach Einführung der Wehrpflicht in der BRD lag dieser Anteil offiziell zwischen rd. 4,1% (1957) und 2,8% (1988). Nach Einverleibung der DDR entwickelte sich diese Zahl von 2,0% (1992) auf 1,2% (2015).

Die Kriegsjahre selbst sind natürlich unter dem besonderen Vorbehalt zu sehen, dass die Zahlen für das Deutsche Reich gelten ohne (vermutlich) dabei die Zufuhren zu rechnen, die aus der Ausplünderung der besetzten Länder nach Deutschland verbracht wurden und es ermöglichten, dass erst ab 1943/44 die Versorgungslage sich drastisch verschlechterte

Die auf Zusammenarbeit ausgerichtete Weltordnung, wie wir sie uns vor 25 Jahren vorgestellt haben, ist nicht Wirklichkeit geworden. Stattdessen sind wir in eine neue Ära des rauen geostrategischen Wettbewerbs eingetreten. Die größten Volkswirtschaften der Welt konkurrieren um den Zugang zu Rohstoffen, um neue Technologien und globale Handelswege. Von KI zu sauberer Technologie, von Quanten bis zum Weltall, von der Arktis bis zum Südchinesischen Meer – der Wettlauf hat begonnen.

Ursula von den Leichen am 10.01.2025 auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos (ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/SPEECH _25_285)

Ein Sprachrohr des deutschen Imperialismus: Prof. Herfried Münkler

Die Europäer haben drei Optionen: ein Mündel der USA und von ihnen sicherheitspolitisch abhängig zu sein; ein Vorfeld Russlands, das Ost- und Ostmitteleuropa unter seine Kontrolle gebracht hat und Resteuopa unter deutsch-französischer Führung eine gewisse Selbständigkeit erlaubt, oder aber die Herstellung eines Akteurs, der tatsächlich strategische Autonomie besitzt, also weder auf russische Energieträger und Rohstoffe noch auf den Schutz der US-Waffen angewiesen ist.

Ich fürchte, die Europäer sind mit dieser Entscheidung überfordert und flüchten sich in nostalgisches Jammern, wozu sie ja neigen, was heißt, dass sie entscheidungslos eine Entscheidung treffen: eine der Abhängigkeit. …

Ich denke nicht, dass der Verweis auf Trumps Sprunghaftigkeit uns beruhigen sollte, denn schon diese Sprunghaftigkeit kann den beschriebenen Prozess der weltpolitischen Umbrüche in Gang setzen. Radikales Dealmaking ist nun mal das Ende einer wertgestützten und regelbasierten Ordnung, auch wenn diese auf den ersten Blick die Deals erst möglich macht.

Aber sie begrenzt sie zugleich und schränkt sie auf bestimmte Mittel und Wege ein. Mit der Forderung einer US-Kontrolle über Kanada und Grönland hat Trump deutlich gemacht, dass er sich dadurch nicht binden lassen will. Das sollte Grund genug sein, auf die Vorstellung zu verzichten, es werde so schlimm schon nicht werden. Das ist die alte Bequemlichkeit und Trägheit, in der die Europäer seit langem sitzen …

Die Oberen sagen:
Friede und Krieg
Sind aus
verschiedenem Stoff.
Aber ihr Friede
und ihr Krieg
Sind wie Wind
und Sturm.

Der Krieg wächst
aus ihrem Frieden
Wie der Sohn
aus der Mutter
Er trägt
Ihre schrecklichen Züge. 

Ihr Krieg tötet
Was ihr Friede
Übriggelassen hat. 

Aus: Deutsche Kriegsfibel – Svendborger Gedichte 1939 von Bertolt Brecht

Worte unseres Parteigründers und Namensgebers der Karl-Liebknecht-Schule

So wahr aber der Völkerfriede im Interesse des internationalen Proletariats und darüber hinaus im Kulturinteresse der gesamten Menschheit liegt, so wahr ist der Kampf gegen den Militarismus, der da alles in allem gleich ist der Völkerverhetzung, der Summe und dem Extrakt aller friedenstörenden Tendenzen des Kapitalismus, kurzum, der da die ernste Gefahr des Weltkrieges ist, ein Kulturkampf, den zu führen das Proletariat stolz ist, den es in seinem ureigensten Interesse führen muß und den zu führen keine andre Klasse als solche (einzelne wohlmeinende Schwärmer bestätigen hier nur die Regel) ein nur entfernt ebenso großes Interesse besitzt.“ (K. Liebknecht, Militarismus und Antimilitarismus, in: Gesammelte Reden und Schriften Bd. 1, Berlin 1958, S. 360 – geschrieben 1906/7 auch: www.marxists.org/deutsch/archiv/liebknechtk/1907/mil-antimil/a-04b.htm#gef)

Die sozialdemokratische (damals noch revolutionäre – d. Verf.) antimilitaristische Propaganda hingegen ist Klassenkampfpropaganda und wendet sich daher grundsätzlich und ausschließlich an diejenigen Klassen, die im Klassenkampf notwendig Feinde des Militarismus sind, wenn sie natürlich auch die im Verlaufe der Zersetzung für sie abfallenden bürgerlichen Späne ganz gern sieht. Sie klärt auf, um zu gewinnen, aber sie klärt nicht auf über kategorische Imperative, humanitäre Gesichtspunkte, ethische Postulate von Freiheit und Gerechtigkeit, sondern über den Klassenkampf, die Interessen des Proletariats in dem Klassenkampf, die Rolle des Militarismus im Klassenkampf und die Rolle, die das Proletariat im Klassenkampf spielt und zu spielen hat. Sie folgert die Aufgaben des Proletariats gegenüber dem Militarismus aus den Klassenkampfinteressen des Proletariats. Gewiß, sie verwendet auch ethische Argumentationen, das ganze Pathos des kategorischen Imperativs, der primitiven Menschenrechte und die schönen, aber nicht praktizierten Moralgrundsätze des Bürgertums aus der Zeit seiner Morgenröte, ja selbst religiöse, besonders christliche Ideen und Vorstellungen nach Herzenslust. Das spielt indessen hier nur eine sekundäre Rolle. Es dient dazu, die verschlossenen Augen der unaufgeklärten Proletarier leichter zu öffnen, damit das Tageslicht der Klassenerkenntnis in das Gehirn fluten kann, und es dient weiter dazu, den Enthusiasmus zum Handeln anzufeuern.“ (a.a.O., S. 433 f.)

1 Referat von Conny Renkl und Stephan Müller, gehalten auf der 10. Tagung des Parteivorstands der DKP am 1. Februar 2025 (s. dazu auch die gekürzte Fassung und die dazugehörige Berichterstattung in der UZ vom 7. Februar 2025). Der hier veröffentlichte Artikel enthält Zusatzinformationen, gefasst in Bilder, Kästen und Fußnoten. Der Text wurde noch vor der Bundestagswahl und den sich seitdem überstürzenden Ereignissen erstellt. Viele Aussagen haben sich seitdem bestätigt, insbesondere zur Strategie und Taktik des deutschen Imperialismus und den damit verbundenen schwindelerregenden Kriegskrediten für die Aufrüstung und die Militarisierung generell.

2 „Die Kapitalisten teilen die Welt nicht etwa aus besonderer Bosheit unter sich auf, sondern weil die erreichte Stufe der Konzentration sie zwingt, diesen Weg zu beschreiten, um Profite zu erzielen; dabei wird die Teilung ,nach dem Kapital’, ,nach der Macht’ vorgenommen. … Die Frage nach dem Inhalt des Kampfes und der Vereinbarungen zwischen den Kapitalistenverbänden durch die Fragen nach der Form des Kampfes und der Vereinbarungen (heute friedlich, morgen nicht friedlich, übermorgen wieder nicht friedlich) ersetzen, heißt zum Sophisten herabsinken. Die Epoche des jüngsten Kapitalismus zeigt uns, daß sich unter den Kapitalistenverbänden bestimmte Beziehungen herausbilden auf dem Boden der ökonomischen Aufteilung der Welt, daß sich aber daneben und im Zusammenhang damit zwischen den politischen Verbänden, den Staaten, bestimmte Beziehungen herausbilden auf dem Boden der territorialen Aufteilung der Welt, des Kampfes um die Kolonien, ‘des Kampfes um das Wirtschaftsgebiet`.“ (W.I. Lenin, LW Bd. 22, S. 257 f.)

3 s. dazu auch Kasten „Aufrüstung und Krieg nach 1933“

4 Immerhin haben bereits die drei Länder Polen, Tschechien und Ungarn zusammengenommen mehr Anteil an den deutschen Im- und Exporten wie jeweils die USA oder die VR China.(s. KAZ 382: Schadet sich der deutsche Imperialismus selbst?)

5 Von bürgerlichen Journalisten oft verwendeter Ausdruck, um die enge Verflechtung des deutschen Monopolkapitals um die konkurrierenden Zentren von Deutsche Bank und Dresdner Bank und die damit verbundene Auseinandersetzung um die Unterordnung des Staatsapparats zu umschreiben.

6 vgl. hierzu auch das Lehrbuch Politische Ökonomie, Berlin 1955, Kapitel XIX – politische-oekonomie.org/Lehrbuch/kapitel_20.htm#A4._Der_staatsmonopolistische_Kapitalismus.

7 siehe Kasten auf S. 26

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Kriegstüchtig? Das deutsch-französische Panzerprojekt Main Ground Combat System (MGCS) soll bis 2040 einsatzfähig sein. Es wurde 2018 für die BRD von der damaligen deutschen Kriegsministerin von der Leyen vereinbart. Für Bau und Profit steht die Firma KNDS, ein Zusammenschluss von Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und der französischen Rüstungsgruppe Nexter. Bei KMW bestimmend ist immer noch die Familie Bode, die schon an Naziherrschaft und 2. Weltkrieg verdiente.

Kriegstüchtig? Das deutsch-französische Panzerprojekt Main Ground Combat System (MGCS) soll bis 2040 einsatzfähig sein. Es wurde 2018 für die BRD von der damaligen deutschen Kriegsministerin von der Leyen vereinbart. Für Bau und Profit steht die Firma KNDS, ein Zusammenschluss von Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und der französischen Rüstungsgruppe Nexter. Bei KMW bestimmend ist immer noch die Familie Bode, die schon an Naziherrschaft und 2. Weltkrieg verdiente.

Der Vertrauensmann des internationalen Finanzkapitals Mario Draghi (hier bei Übergabe des Berichts zur europäischen Wettbewerbsfähigkeit) war italienischer Ministerpräsident, der 2022 das Amt an die Faschistin Meloni weitergab. Er war Präsident der Europäischen Zentralbank, in führender Position bei Goldman Sachs (im Londoner Zweig) und vorher u.a. bei der Weltbank.

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„Sozialpartnerschaft“: Titelbild von KAZ 390: Regierung und Rüstungskapital eng umschlungen! Todbringend! (hier Rheinmetall-Boss Papperger mit Kriegsminister Pistorius)

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