Für Dialektik in Organisationsfragen
Zwei Erfahrungen aus der Geschichte waren jahrelang Inhalt bei Gewerkschaftsseminaren:
Die Zustimmung der SPD und der sozialdemokratischen Gewerkschaftsführer zu den Kriegskrediten im August 1914 und der vereinbarte Burgfrieden – Verzicht auf Lohnforderungen und Streik, kein Generalstreik gegen den Faschismus – aber Aufruf zur Kundgebung der Hitlerfaschisten am 1. Mai 1933.
Nie wieder Krieg und Faschismus! – war das Thema dieser Seminare. Das Ziel: Die im 1. Weltkrieg – 1914-1918 – von der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands gemachten politischen Fehler – Unterstützung von Regierung und Kapital bei Kriegsvorbereitung und Krieg, beim Überfall auf andere Völker, auf die Arbeiterinnen und Arbeiter anderer Länder – sollten sich nie wiederholen. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges und der Befreiung vom verbrecherischen faschistischen System durch die Anti-Hitler-Koalition, betonten und betonen entsprechende Aussagen in den Gewerkschaftssatzungen in Ost und West ihr Einstehen für Frieden und Völkerverständigung.
Hierbei gehört die Wiederingangsetzung des kapitalistischen Ausbeutungssystem unter der Erfindung „Soziale Marktwirtschaft“ nach 1945 und die als „Sozialpartnerschaft“ bezeichnete Zusammenarbeit der opportunistischen sozialdemokratischen Gewerkschaftsführer mit den Kapitalisten, zu den geschichtlichen Wahrheiten und bekanntermaßen zur gesellschaftlichen Realität in der BRD. Wie hierbei das Thema „Nie wieder Krieg“ und Friedenserhaltung von den sozialdemokratischen Gewerkschaftsführern behandelt wird, ist dabei nicht nur in vielen Artikeln der KAZ beschrieben. Unter anderem, wie das seit Beginn des Ukrainekrieges und nach der durch Exkanzler Scholz ausgerufenen Zeitenwende mit den 100 Milliarden für die Rüstung aussieht. Zur Erinnerung: „Das sehen wir kritisch“, war hierbei im Mai 2022 die Aussage auf dem DGB-Kongress aber auch anderswo. Beim „kritischen Sehen“ auf den Ukrainekrieg ist es dann nach wochenlangem Herumeiern – Waffen in Spannungsgebiete oder nicht – zu Satzungsänderungen, wie z. B. bei der IGM und ver.di gekommen. Bekanntermaßen sind sie dazu gedacht, dem Einverständnis mit Waffenlieferungen in Spannungsgebiete – das ganze Arsenal zur Ermordung und Verstümmelung von Menschen und der Vernichtung von Lebensgrundlagen – in den sogenannten „Friedenspolitischen Grundsätzen“ sozusagen eine Rechtsgrundlage zur Gewissensberuhigung zu verschaffen. Die sozialdemokratischen Gewerkschaftsführer haben das dabei offensichtlich als den Freibrief dafür begriffen, um beim von Kapital und Regierung zur „Vaterlandsverteidigung“ auf die Tagesordnung gesetzten Aufrüstungs- und Kriegskurs ungehemmt mitmachen zu können. Den Beweis dafür haben die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi und die IGM-Vorsitzende Christiane Benner mit ihren vor der Entscheidung im Bundestag abgegebenen Jubel-Stellungnahmen zur Grundgesetzänderung und zum Milliarden Kredit abgeliefert. „Die Entscheidung für ein Sondervermögen ist nicht weniger als ein Befreiungsschlag zur Modernisierung unseres Landes“, hat Fahimi dazu erklärt und: „Insbesondere vor dem Hintergrund globaler Unsicherheiten müssen wir Europas Verteidigungsfähigkeit stärken und dürfen dabei gleichzeitig sozialen Fortschritt nicht ausbremsen.“ (www.dgb.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/dgb-chefin-fahimi-befreiungsschlag-fuer-wirtschaft-und-beschaeftigte/)
Ähnlich hat IGM-Vorsitzende Benner reagiert. Sie hat festgestellt: „Das angekündigte Sondervermögen, die angekündigten Maßnahmen zeigen: Die Politik hat verstanden, dass jetzt schnell und beherzt gehandelt werden muss. Tempo und Entschiedenheit der sondierenden Parteien sind ein gutes Signal für die nächste Zeit.
Die IG Metall hat die Notwendigkeit hoher Investitionen in Infrastruktur, die Energiewende, Industrie, Brücken, Schiene, Straßen und Bildung seit geraumer Zeit in den Mittelpunkt ihrer politischen Forderungen gestellt. Den jetzigen Vorstoß begrüßen wir daher klar. Die Wirtschaftliche, gesellschaftliche und geopolitische Situation erfordern Weitblick. Dazu zählt auch: Investitionen in technische und industrielle Infrastruktur, Sicherheit und Verteidigung dürfen nicht zulasten von Sozialleistungen gehen. Investitionen in die Zukunft sind für zukunftsfähige und nachhaltige Arbeitsplätze und damit ein funktionierendes Gemeinwesen und eine wehrhafte Demokratie unerlässlich.“ (www.igmetall.de/presse/presse-mitteilungen/-tempo-und-entschiedenheit-sind-ein-gutes-signal)
Es wird sich über kurz oder lang zeigen, welche Befreiungsschläge die neue Regierung unternimmt, um die angekündigte und beabsichtigte Militarisierung und „Kriegsertüchtigung“ der ganzen Gesellschaft durchzusetzen. Es ist hierbei davon auszugehen, dass dabei alle geplanten Maßnahmen der Begutachtung – im Ernstfall kriegstauglich oder nicht – unterworfen werden. Fahimi und Benner haben mit ihren Aussagen und Feststellungen dem voraussichtlichen Kanzler Merz und seiner zukünftigen Regierung aber insbesondere den mit den CDU/CSU-Reaktionären im Boot sitzenden SPD-Genossen signalisiert: Jetzt macht mal, wir sind einverstanden, der DGB, die Gewerkschaften stehen auf Eurer Seite. Damit sind DGB- und IGM-Vorsitzende gemeinsam allen bereits mehr oder weniger seit drei Jahren existierenden gewerkschaftlichen und sonstigen Anti-Kriegs-Basis-Initiativen in den Rücken gefallen und erklären ihnen: Es bleibt beim „Burgfrieden“.
In der letzten Zeit ist viel dafür getan worden, die Kampfkraft der Gewerkschaften lahmzulegen. Die IGM, die EVG und alle, die wie VW mit Haustarif in der jüngsten Vergangenheit Tarifverträge abgeschlossen haben, sind ausgeschaltet. Wie bekannt sind sie über die vereinbarten Tarifvertragslaufzeiten – z. B. IGM 25 und EVG 33 Monate und bei VW 5 Jahre – an die sogenannte Friedenspflicht gebunden („Friedenspflicht“ meint nicht etwa die Pflicht der Gewerkschaften, für den Frieden zu kämpfen. Im Gegenteil). Aber selbst wo zurzeit keine Friedenspflicht herrscht, wird das richterliche Streikverbot außerhalb von Tarifrunden akzeptiert. Um das zu überwinden, müssen sich die Lohnabhängigen, die Arbeiterklasse über die Durchführung von größeren, von Massenstreiks bis hin zum Generalstreik nicht nur in Betrieben und Gewerkschaften unterhalten. Die Beispiele dafür demonstrieren immer wieder die Kolleginnen und Kollegen aus den Betrieben der europäischen Nachbarländer. In der BRD gehört dazu, den Widerstand der sozialdemokratischen Gewerkschaftsführer dagegen zu überwinden. Das ist mit ein Punkt der Diskussion in einem Teil der oben genannten gewerkschaftlichen Basis-Initiativen sowie ihren Veranstaltungen. Sie müssen weiter unterstützt und besonders jetzt auch als Warnsignale, als Antikriegs-Initiativen erhalten werden. Das gilt umso mehr, solange die Arbeiterinnen und Arbeiter in den Betrieben und auch in den Gewerkschaften den Kampf gegen den Krieg noch nicht als notwendigen Befreiungsschlag gegen das unaufhörliche Kriegsgeschrei konsequent auf die Straße tragen. Als eine Voraussetzung dafür, dass sie nicht mit Zustimmung der opportunistischen Gewerkschaftsführer von der „wehrhaften Demokratie“ zur Verteidigung des von der IGM-Vorsitzenden in „funktionierendes Gemeinwesen“ umgetaufte kapitalistische Ausbeutungssystems wie in den zwei Weltkriegen als Kanonenfutter verheizt werden.
Ludwig Jost
Das Gedächtnis der Menschheit
für erduldete Leiden ist erstaunlich kurz.
Ihre Vorstellungsgabe für kommende
Leiden ist fast noch geringer.
Die Beschreibungen,
die der New Yorker
von den Gräueln der Atombombe erhielt,
schreckten ihn anscheinend nur wenig.
Der Hamburger ist noch umringt von den Ruinen,
und doch zögert er,
die Hand gegen einen neuen Krieg zu erheben.
Die weltweiten Schrecken der vierziger Jahre scheinen vergessen.
Der Regen von gestern macht uns nicht nass, sagen viele.
Diese Abgestumpftheit ist es,
die wir zu bekämpfen haben,
ihr äußerster Grad ist der Tod.
Allzu viele kommen uns schon heute vor wie Tote,
wie Leute, die schon hinter sich haben,
was sie vor sich haben, so wenig tun sie dagegen.
Und doch wird nichts mich davon überzeugen,
dass es aussichtslos ist,
der Vernunft gegen ihre Feinde beizustehen.
Lasst uns das tausendmal Gesagte immer wieder sagen,
damit es nicht einmal zu wenig gesagt wurde!
Lasst uns die Warnungen erneuern,
und wenn sie schon wie Asche in unserem Mund sind!
Denn der Menschheit drohen Kriege,
gegen welche die vergangenen wie armselige Versuche sind,
und sie werden kommen ohne jeden Zweifel,
wenn denen, die sie in aller Öffentlichkeit vorbereiten,
nicht die Hände zerschlagen werden.
Bertolt Brecht
Die Ruhe an der Heimatfront und ihr Funktionieren soll eine Heimatschutzdivision als vierter Heeres-Großverband verantwortlich übernehmen. Sie ist ausschließlich für den Einsatz im Inneren vorgesehen und wurde am 15. März in Berlin in der Julius-Leber-Kaserne – im Faschismus: Hermann-Göring-Kaserne – offiziell aufgestellt.
Der als Eröffnungs-Redner anwesende ehemalige Pfarrer und Bundespräsident Joachim Gauck, hat hierbei einen grundlegenden und dauerhaften „Mentalitätswandel“ der „Mitte der Gesellschaft“ angemahnt und „bewaffnete Friedfertigkeit“ gefordert. Was das heißen soll, hat er nicht erklärt. Vielleicht: geschossen wird nur noch mit Platzpatronen und Übungsmunition und zusätzlich zur Bibel in den Gebetsbänken der Kirchen einen Colt für die Gläubigen, um einen evtl. Überfall russischer Popen auf Kirche, Glockenturm, Taufbecken und Weihwasser abzuwehren.
Bei der vorgesehenen Gliederung der „bewaffneten Kriegsfertigkeit“ sollen der Division bereits 37 existierende Heimatschutzkompanien und fünf entsprechende Regimenter unterstellt werden. Bisher wurden sie von 16 Landeskommandos geführt. Für April 2025 ist noch ein Heimatschutzregiment, das sechste eingeplant. Wie die Presse berichtet, ist der bisherige stellvertretende Befehlshaber des territorialen Führungskommandos, ein Generalmajor Andreas Henne, als Kommandeur vorgesehen. Die zurzeit dafür geplante Truppenstärke: 6.000 mit hauptsächlich von Reservisten besetzten Dienstposten. Im Kriegsfall heißt der Heimatschutz-Auftrag für die Division, vor allem die Verkehrswege, Kraftwerke, Stützpunkte, Depots und alles, was unter der Bezeichnung „kritische Infrastruktur“ gehandelt wird, zu bewachen und zu schützen. Wie es heißt, ist das die Voraussetzung, um so Deutschland als so bezeichnete „Drehscheibe“ funktions- oder wohl realistischer gesagt, im „kriegstüchtigen“ Zustand zu erhalten. Dazu zählt dann auch, die Bevölkerung, Gewerkschaften und sonstige mögliche Antikriegs-Aktivisten unter Kontrolle zu halten. Am 21. Januar 2025 hat Christoph Hübner, stellvertretender Abteilungsleiter Krisenmanagement und Bevölkerungsschutz im Bundesinnenministerium, bei einer Veranstaltung der deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik erklärt: „Die Polizeien werden im Spannungsfall schon alle Hände voll zu tun haben, weil nicht sicher ist, dass die Bevölkerung friedlich bleibt. Es kann zu Ausschreitungen kommen.“ Nach seinen Aussagen wird dabei in Zusammenarbeit mit den Polizeibehörden bei Übungen regelmäßig trainiert, wie gegen streikende Arbeiter und Demonstranten vorzugehen ist.
Informationen aus: Philip Tassev, „Die Heimatfront kriegstüchtig machen“, junge Welt 15.03.2025
Münchner Gewerkschafter rufen zum öffentlichen Protest ...
... auf dem Marienplatz gegen die damals geplante und inzwischen am 18.3. verabschiedete Grundgesetzänderung zugunsten einer nach oben unbegrenzten Aufrüstung.
... auf dem Marienplatz gegen die damals geplante und inzwischen am 18.3. verabschiedete Grundgesetzänderung zugunsten einer nach oben unbegrenzten Aufrüstung.