KAZ-Fraktion: „Ausrichtung Kommunismus”
„Die Losung der Arbeiterdemokratie heißt nicht ‚nationale Kultur’, sondern internationale Kultur des Demokratismus und der Arbeiterbewegung auf der ganzen Welt. Mag die Bourgeoisie das Volk mit allen möglichen ‚positiven’ nationalen Programmen betrügen. Der klassenbewusste Arbeiter wird ihr entgegnen: Es gibt nur eine einzige Lösung der nationalen Frage (soweit ihre Lösung in der Welt des Kapitalismus, in der Welt der Profitmacherei, der Zwietracht und der Ausbeutung überhaupt möglich ist) und diese Lösung lautet: konsequenter Demokratismus. ...
Unbedingte Einheit und restlose Verschmelzung der Arbeiter aller Nationalitäten in allen ... Arbeiterorganisationen, als Gegengewicht gegen jeden bürgerlichen Nationalismus. Nur bei einer solchen Einheit, einer solchen Verschmelzung kann die Demokratie behauptet werden, können die Interessen der Arbeiter gegen das Kapital – das bereits international ist und immer mehr wird – behauptet, können die Interessen der Entwicklung der Menschheit zu einer neuen Lebensform, der jedes Privileg und jede Ausbeutung fremd sind, behauptet werden. ...
Die internationale Kultur ist nicht unnational. ... In jeder nationalen Kultur gibt es – seien es auch unentwickelte – Elemente einer demokratischen und sozialistischen Kultur, denn in jeder Nation gibt es eine werktätige und ausgebeutete Masse, deren Lebensbedingungen unvermeidlich demokratische und sozialistische Kultur erzeugen. In jeder Nation gibt es aber auch eine bürgerliche (und in den meisten Fällen noch dazu eine erzreaktionäre und klerikale) Kultur, und zwar nicht in Form von ‚Elementen’, sondern als herrschende Kultur. Deshalb ist die ‚nationale Kultur’ schlechthin die Kultur der Gutsbesitzer, der Pfaffen, der Bourgeoisie. ...
Das nationale Programm der Marxisten ... verficht erstens die Gleichberechtigung der Nationen und Sprachen, die Unzulässigkeit aller wie immer gearteten Privilegien in dieser Hinsicht .... und zweitens den Grundsatz des Internationalismus gegen die Verseuchung des Proletariats mit bürgerlichem Nationalismus, und sei es auch in seiner verfeinertsten Form. ...
Es bleibt jene welthistorische Tendenz des Kapitalismus zur Niederreißung der nationalen Schranken, zur Verwischung der nationalen Unterschiede, zur Assimilation der Nationen, die mit jedem Jahrzehnt immer mächtiger hervortritt und eine der größten Triebkräfte darstellt, die den Kapitalismus in Sozialismus verwandeln.
Wer die Gleichberechtigung der Nationen und Sprachen nicht anerkennt und nicht verteidigt, wer nicht jede nationale Unterdrückung oder Rechtsungleichheit bekämpft, der ist kein Marxist, der ist nicht einmal ein Demokrat. ...
Sollte sich ein ukrainischer Marxist von dem durchaus berechtigten und natürlichen Hass gegen die großrussischen Unterdrücker so weit hinreißen lassen, auch nur einen winzigen Teil dieses Hasses, auch nur das Gefühl der Entfremdung auf die proletarische Kultur und die proletarische Sache der großrussischen Arbeiter zu übertragen, so wird dieser Marxist damit in den Sumpf des bürgerlichen Nationalismus abgleiten.. Genauso wird ein großrussischer Marxist in den Sumpf des Nationalismus abgleiten, nicht nur des bürgerlichen, sondern auch des Nationalismus der schwarzhunderter, wenn er auch nur für eine Minute die Forderung der vollen Gleichberechtigung der Ukrainer oder ihr Recht auf Bildung eines selbständigen Staates vergessen sollte. ...
Der Grundsatz der Nationalität ist in der bürgerlichen Gesellschaft historisch unvermeidlich, und der Marxist, der mit dieser Gesellschaft rechnet, erkennt die geschichtliche Berechtigung nationaler Bewegungen durchaus an. Damit aber diese Anerkennung nicht zu einer Apologie des Nationalismus werde, muss sie sich strengstens auf das beschränken, was an diesen Bewegungen fortschrittlich ist, damit sie nicht zu einer Vernebelung des proletarischen Klassenbewusstseins durch die bürgerliche Ideologie führe.
Fortschrittlich ist das Erwachen der Massen aus dem feudalen Schlaf, ihr Kampf gegen jede nationale Unterdrückung, für die Souveränität des Volkes, für die Souveränität der Nation. Daher die unbedingte Pflicht des Marxisten, auf allen Teilgebieten der nationalen Frage den entschiedensten und konsequentesten Demokratismus zu verfechten. Das ist in der Hauptsache eine negative Aufgabe. Weiter aber darf das Proletariat in der Unterstützung des Nationalismus nicht gehen, denn dann beginnt die ‚positive’ (bejahende) Tätigkeit der nach Stärkung des Nationalismus strebenden Bourgeoisie. ...
In den Aktiengesellschaften sitzen die Kapitalisten verschiedener Nationen einträchtig beisammen, sind ein Herz und eine Seele. In den Fabriken arbeiten Arbeiter verschiedener Nationen zusammen. In jeder wirklich ernsten und tief greifenden Frage erfolgt die Gruppierung nach Klassen und nicht nach Nationen. ...“
(W.I. Lenin, Kritische Bemerkungen zur nationalen Frage, LW 20, S. 3 ff., Hervorhebungen Lenin)
„Die russische Sprache ist erhaben und gewaltig, sagen uns die Liberalen. So wollt ihr denn wirklich nicht, dass jeder, der in einem beliebigen Grenzgebiet Russlands lebt, diese erhabene und gewaltige Sprache versteht? Seht ihr denn nicht, dass die russische Sprache die Literatur der Fremdstämmigen bereichern und ihnen die Möglichkeit bieten wird, der großen Kulturwerte teilhaftig zu werden usw.?
Das ist alles richtig, ihr Herren Liberalen, antworten wir ihnen. Wir wissen besser als ihr, dass die Sprache Turgenjews, Tolstois, Dobroljubows und Tscheryschewskis erhaben und gewaltig ist. Wir wünschen dringender als ihr, dass unter den unterdrückten Klassen aller Russland bewohnenden Nationen, ohne Unterschied, eine möglichst enge Gemeinschaft und eine brüderliche Einheit zustande komme. Und wir treten selbstverständlich dafür ein, dass ein jeder Einwohner Russlands die Möglichkeit habe, die erhabene russische Sprache zu erlernen.
Wir wollen nur eins nicht: das Element des Zwangs. Wir wollen die Menschen nicht mit dem Knüppel ins Paradies treiben. Denn wie viel schöne Phrasen ihr über die ‚Kultur’ auch machen mögt – die obligatorische Staatssprache ist mit Zwang und Einhämmern verbunden. Wir glauben, dass die erhabene und gewaltige russische Sprache es nicht nötig hat, dass jemand, wer immer es auch sei, gezwungen wird, sie unter Stockhieben zu lernen. Wir sind überzeugt, dass die Entwicklung des Kapitalismus in Russland und überhaupt der gesamte Verlauf des gesellschaftlichen Lebens zur gegenseitigen Annäherung der Nationen führt. Hunderttausende Menschen werden von einem Ende Russlands an das andere geworfen, die Bevölkerung vermischt sich in ihrer nationalen Zusammensetzung, Absonderung und nationale Verknöcherung müssen verschwinden. Diejenigen, die infolge ihrer Lebens- und Arbeitsbedingungen auf die Kenntnis der russischen Sprache angewiesen sind, werden sie auch ohne Stockhiebe erlernen. Der Zwang (der Stock) aber wird nur dazu führen, dass der erhabenen und gewaltigen russischen Sprache der Eingang in die übrigen nationalen Gruppen erschwert wird, und vor allem dazu, dass sich die Feindschaft verschärft, Millionen neuer Reibereien geschaffen sowie die Gereiztheit und gegenseitiges Nichtverstehen vermehrt werden usw.
(W.I. Lenin, Ist eine obligatorische Staatssprache notwendig?, LW 20, S.60 f.)