Für Dialektik in Organisationsfragen
„Leiharbeit“ ist in Namibia seit dem 1.März dieses Jahres verboten. Das entsprechende Gesetz gilt schon seit Juli 2008.
Die größte „Leiharbeits“firma Namibias, Africa Personnel Services (APS), hatte gegen das neue Gesetz geklagt – und verloren.
Das neue Gesetz bestimmt, dass »niemand gegen Entgelt eine Person anstellen darf, in der Absicht, sie einer dritten Partei als Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen«, und stellt Zuwiderhandlungen unter Strafe.
Der Anwalt der klagenden Firma argumentierte, dass APS lediglich dem weltweiten Trend folge, die „Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern flexibler zu gestalten“ – seiner Meinung nach eine notwendige Folge eines „überregulierten und unflexiblen Arbeitsmarktes“. Dem folgten die drei Richter des Obersten Gerichtshof nicht.
Auf sehr „flexible“ Weise hatte APS damit geworben, dass es mit seinen Arbeitern keine arbeitsrechtlichen Schwierigkeiten geben würde. Und „Leiharbeiter“ wurden auch stets gern als Streikbrecher gekauft. Dem ist nun ein Riegel vorgeschoben:
»Nieder mit APS«, »Stoppt den Ausverkauf« – begleitet von zahlreichen gewerkschaftlichen Protesten verkündete Richter Charles Parker: »Leiharbeit ist ungesetzlich.“
Die Kapitalistenorganisation »Namibian Employers’ Federation« (NEF) war enttäuscht über das Urteil. »Überall auf der Welt gibt es Leiharbeitsfirmen“, maulte ihr Generalsekretär Parkhouse. Für welche Gegenden diese Planeten das auch immer gelten mag - für Namibia jedenfalls stimmt das nicht mehr. Ein Grund dafür sind offenbar Gewerkschaften, die sich nicht so leicht ins Bockshorn jagen lassen: bei denen kam die Befürchtung, jetzt würden Jobs verloren gehen, gar nicht erst auf. »Wir ermuntern die Unternehmen, die Leute jetzt wieder direkt einzustellen, denn die meisten haben schon sehr lange für die Firmen gearbeitet«, sagt Evilatus Karonda von der Gewerkschaft National Union of Namibian Workers (NUNW). Viele Arbeiter seien plötzlich über Leiharbeitsfirmen beschäftigt worden: »Ich sehe keinen Grund, warum diese Leute nicht wieder permanent dort angestellt sein können.«
(Fakten aus Neues Deutschland vom 13.02.2009)
Übrigens: Namibia war mal deutsche Kolonie („Deutsch-Südwest“). Nicht (mehr) vom deutschen Kapital beherrscht zu werden, hat offenbar seine Vorteile, was auch der folgende Bericht belegt.
Die folgenden Zeilen sind einem Bericht über die 1. Europäische Tiefdruckkonferenz 2007 entnommen (http://druck.verdi.de/tiefdruck/tiefdruck/1._europaeische_tiefdruckkonferenz/leiharbeit).
„In Deutschland wächst die Branche rasant. Und mit ihr das Lohngefälle: Leiharbeiter verdienen zwischen 22 und 40 Prozent weniger als ein vergleichbarer fest Beschäftigter.
Und in kaum einem anderen Land ist Leiharbeit so arbeitgeberfreundlich gestaltet wie in Deutschland. Die vormalige rot-grüne Bundesregierung hat im Zuge der Hartz-Gesetze das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz geändert und die meisten Schutzrechte für Leiharbeiter gekippt.
,Equal pay for equal work’, der Gleichbehandlungsgrundsatz, wonach Leiharbeiter dasselbe verdienen und ebenso behandelt werden wie Stammbeschäftigte, gilt in Frankreich, Finnland, Griechenland, Österreich, Portugal, Italien und Spanien, wie das WSI der Hans-Böckler-Stiftung in seiner Erhebung von 2003 feststellte. In Frankreich gibt es eine Besonderheit: Ein Leiharbeiter erhält darüber hinaus einen Prekaritätszuschlag von zehn Prozent. Denis Rayer von der französischen Gewerkschaft CGT machte auf der europäischen Tiefdruckkonferenz jedoch eine Einschränkung: ,Equal pay ist zwar gesetzlich vorgeschrieben. Die Realität sieht leider anders aus.’ Leiharbeiter verdienten oft weniger, als ihnen zustehe.
Seit 2002 bastelt die Europäische Union an einer Richtlinie für die Arbeitsrechte für Leiharbeiter. Doch bislang konnten sich die 27 Mitgliedstaaten nicht einigen. Sie unterstützen zwar das Prinzip ,Gleicher Lohn für gleiche Arbeit’, doch strittig ist der Zeitpunkt: ab dem ersten Tag oder nach sechs Wochen oder ab dem zehnten Monat? Hier driften die Meinungen weit auseinander. Belgien, Frankreich, Österreich, Finnland, Schweden und Luxemburg plädieren dafür, dass ,equal pay’ ab dem ersten Tag gilt.
Damit sind besonders drei Länder nicht einverstanden: Großbritannien, Irland und Deutschland wollen Leiharbeiter über einen Zeitraum bis zu neun Monaten schlechter bezahlen als Stammbeschäftigte, wie Elisabeth Schroedter, Mitglied des Europäischen Parlaments in der Fraktion Die Grünen, auf dem Bundeskongress von ver.di ausführte. Schroedter favorisiert die belgische Variante: ,Gleicher Lohn ab dem ersten Tag’, und richtet ihre Kritik vor allem an die Deutschen. Wenn Deutschland seine Position ändere, gebe es gute Chancen, die europäische Richtlinie im Sinne der Leiharbeiter zu verabschieden.“
Zusammenstellung dieser Seiten: Arbeitsgruppe Stellung des Arbeiters in der Gesellschaft heute
Protestaktion bei VW Hannover gegen die Entlassung von „Leiharbeiten“. Es folgte ein Hungerstreik, über eine Woche lang, mit einem Teilerfolg: Es wurden wieder Jobs angeboten, und es soll ein Gespräch mit der Geschäftsleitung geben. Einer der Arbeiter, die für alle gekämpft haben, musste ins Krankenhaus gebracht werden. (Siehe ND, 08.04.09)