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Dort, drei Schritte vor mir, seh ich einige Rüpel
Die schlagen ein auf Weib und Greis und Kind.
Da seh ich eben noch: sie haben Gummiknüppel
Da weiß ich, dass es keine Rüpel sind.
(B. Brecht, Ballade von der Billigung der Welt)

13.06.2002

Kommunistische Arbeiterzeitung
Reichstraße 8
90408 Nürnberg

P.E.N. - Germany
Ursula Setzer
Kasinostr. 3
64293 Darmstadt per Fax und e-mail

Ausschluss von Erich Köhler

Sehr geehrte Damen und Herren,

durch unseren Freund Erich Köhler erfahren wir erst jetzt von seinem ungeheuerlichen Ausschluss aus ihrer Vereinigung.

Es hat uns erschüttert, dass auch eine so engagierte Vereinigung wie der PEN sich an der neuerlichen Geschichtsklitterung und an der Siege­rjustiz durch diesen Rauswurf beteiligen will.

Seit 1989 ist eine solidarische und allgemeine Diskussion über den Hitlerfaschismus und der daraus resultierenden Teilung unseres Landes nicht mehr möglich. Offensichtlich sind die Gräben und Schuldzuweisun­gen gezogen – gegen das andere neue Deutschland und seinem Ver­such des Sozialismus. Eingekreist von dem aufgefütterten und wieder rüstenden Westen (Bundesrepublik) mit dem Großteil der „entnazten Nazis“ (B. Brecht aus „Anachronistischer Zug oder Freiheit und Demo­cracy“), die praktisch alle neuralgischen Stellen der Gesellschaft besetzten – nicht zuletzt die Geheimdienste (s. die Organisation des Reinhard Gehlen).

Der kalte, heiße Krieg scheint ihnen offenbar nur eine Chimäre. Das Recht und die Pflicht, die antifaschistische Tradition und den Aufbau eines neuen sozialistischen Deutschland zu verteidigen – auch mit geheimdienstlichen Mitteln –, scheint Ihnen ein Verbrechen oder zumindest amoralisch-pfui. Oder ist es doch nur wieder das Bangen um Zuschüsse, um gesellschaftliche Anerkennung, um Buhlen um die Gunst der Oberen? Ist das nicht ein Signal in die falsche (für Opportunisten natürlich die richtige) Richtung, wenn sie einen Antifaschisten und Kommunisten aus ihrer Vereinigung ausschließen, jetzt, wo sich die Bundesrepublik wieder beherzt in jeden Konflikt einmischt oder ihn sogar erst beschwört. Nachzulesen in den Vorgängen um Jugoslawien 1991 und dem Kriegseinsatz im Kosovo 1999. Vorher schon „Eingeborene“ quälen in Somalia, KSK nun sogar in Afghanistan.

Wir müssen uns also fragen, ob dafür die Mauer fallen musste, damit wir endlich wieder„unbelastet“ durch unsere Vergangenheit Krieg führen dürfen, Nazis und Kommunisten auf eine Stufe stellen, „Nazis = Sozis“, wie es weiland von F.J. Strauß zu hören war, rufen dürfen.

Im Übrigen möchten wir aus Ihrer Charta zitieren, laut der sie über „nationalen und ideologischen Differenzen“ stehen, „über den Parteien und ideologischen Lagern“, „sich von der Tagespolitik fern halten“. Dafür machen sie sich aber allzu beflissentlich die traditionellen McCarthy- Methoden gegen Sozialisten und Kommunisten im öffentlichen Raum zu Eigen.

Wir meinen, dass Erich Köhler sich sehr wohl dafür eingesetzt hat, in einer „einigen Welt in Frieden lebender Menschheit mit äußerster Kraft zu wirken“. Letztendlich steht nur ihm zu, seine Funktion als IM zu überdenken, wozu ihm wohl die fortschreitenden Tendenzen zu deutsch-nationalem Größenwahn gepaart mit deutscher Weinerlichkeit und Schriftstellern in Richterpose einige Anhaltspunkte liefern werden. Wir sehen in diesem Zusammenhang ihren Stellungnahmen zu Martin Walser mit Spannung entgegen.

Überprüfen sie bitte ihre Haltung. Zur Erinnerung:

1. Völlige Freiheit des Buches, mit einer Einschränkung.
2. Völlige Freiheit des Theaters, mit einer Einschränkung.
3. Völlige Freiheit der bildenden Kunst, mit einer Einschränkung.
4. Völlige Freiheit der Musik, mit einer Einschränkung.
5. Völlige Freiheit des Films, mit einer Einschränkung.

Die Einschränkung: Keine Freiheit für Schriften und Kunstwerke, die den Krieg verherrlichen oder als unvermeidbar hinstellen, und für solche, welche den Völkerhass fördern.

Das große Carthago führte drei Kriege. Es war noch mächtig nach dem Ersten, noch bewohnbar nach dem Zweiten. Es war nicht mehr auffindbar nach dem Dritten. (B. Brecht, Offener Brief an die deutschen Künstler und Schriftsteller v. 26. Sept. 1951)

Mit erschütterten Grüßen

Redaktion der Kommunistischen Arbeiterzeitung

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