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KAZ-Fraktion: „Ausrichtung Kommunismus”

50 Jahre KPD-Verbot (Teil 1)

Es geht im Folgenden nicht darum das Hohe Lied der Partei zu singen. Das würde ein eigenes Epos verdienen. Die KPD – zu spät gegründet, zu früh ihrer besten Führer (Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg, Leo Jogiches) beraubt –, wurde sie in der Weimarer Republik trotzdem zum zentralen Sammelpunkt der revolutionären Kräfte der Arbeiterklasse und zum Anziehungspunkt für die fortschrittlichsten Elemente des Kleinbürgertums (Brecht, Seghers, Tucholsky, Ossietzky, Heinrich und Klaus Mann und viele andere).

Sie hatte in ihren besten Zeiten über 300.000 Mitglieder, hatte über 6 Millionen Wähler, war mit 100 Abgeordneten im Reichstag vertreten. Sie war nach der KPdSU die nächstwichtige Stütze der Dritten, der Kommunistischen Internationale.

Dafür steht die KPD

Worauf man sich in der deutschen Geschichte nach Beginn des 1. imperialistischen Weltkriegs positiv beziehen kann, steht in enger Verbindung mit der KPD und ihrem Vorläufer, dem Spartakusbund: Der Kampf gegen den Opportunismus in der Arbeiterbewegung, wie er sich 1914 im Verrat der SPD-Führung an den Beschlüssen der Kongresse der 2. Internationale manifestiert hatte, dem Zerreißen des internationalen Bandes der Arbeiterbewegung, der Auslieferung der Proleten an die Schlachtbank, wie sie in der Zustimmung zu den Kriegskrediten zum Ausdruck kam.

In den revolutionären bewaffneten Kämpfen um Berlin, München (1919), um das Ruhrgebiet (1920 nach dem Kapp-Putsch), um Sachsen und Thüringen (1920 und 1923), um Hamburg (1923) stand die KPD an der Spitze.

Konsequent und entschieden führte sie die Kämpfe gegen die Reaktion und die Aufrüstung Deutschlands an, zum Teil unter Einschluss der SPD wie bei den Volksabstimmungen zur Fürstenenteignung und zum Bau des Panzerkreuzers B. Früh erkannte sie die Bedeutung des Kampfs gegen die Nazibrut und ihre Hintermänner, zu spät allerdings die Notwendigkeit der Einheitsfront gegen Faschismus und neuerlichen Krieg. Doch welche Klarsicht bei der KPD im Vergleich zu SPD und den bürgerlichen Parteien!

Was dazu diente, den ausgebeuteten und unterdrückten Massen Selbst- und Klassenbewusstsein zu geben, trägt den Stempel der KPD:

Die Massenverbreitung der Perspektive des Kommunismus, der klassenlosen Gesellschaft, und des Sozialismus als Weg dorthin als Voraussetzung für eine Welt des Friedens und der Demokratie. Gegen die Hinnahme der kapitalistischen Gesellschaft wie man das Wetter hinnimmt, gegen Indifferenz und Hoffnungslosigkeit und daraus folgend täglicher, zäher Kampf um Arbeits- und Lebensbedingungen als Voraussetzung, um die Konkurrenz unter den Arbeitern zu überwinden.

Das Lernen von den Erfahrungen der Oktoberrevolution als das erste große Beispiel dafür, nicht nur kämpfen, sondern auch siegen zu können; als Beispiel, dass der bürgerliche Staat, die Schutzmacht des kapitalistischen Eigentums, zerschlagen und durch die Diktatur des Proletariats, als Schutzmacht der Ausgebeuteten und Unterdrückten, ersetzt werden kann. Das Lernen von Lenin, der die Organisation und die Partei als ihre höchste Form, als Waffe im Klassenkampf zu schmieden und zu handhaben verstand.

Die internationale Klassensolidarität gegen nationale Überheblichkeit, Fremdenhass und Rassismus.

Darum hat sich die KPD und ihre Führung verdient gemacht. Legt man die beiden Arbeiterparteien der Weimarer Republik auf die Waagschale, wohin wird das Pendel ausschlagen?

Die SPD-Führung zum Organisieren der Passivität, der Resignation und der Kapitulation der Arbeiterklasse zur besseren, ungestörteren Führung der Geschäfte für das deutsche Kapital und die deutsche Bourgeoisie!

Die KPD-Führung zum Organisieren der Selbsttätigkeit der Arbeiterklasse und der werktätigen Massen, ihres Aufbegehrens und Rebellierens und des Willens zur Überwindung der Herrschaft des Kapitals und der Bourgeoisie in Deutschland als Beitrag zum internationalen Befreiungskampf der Arbeiterklasse und der unterdrückten Völker!

In diese Tradition sich zu stellen, ist einfach, an sie anknüpfen zu wollen selbstverständlich. Schwierig ist es dagegen, sich auch den Fehlern in dieser Tradition zu stellen.

Aus der Tradition des Idealismus, des deutschen insbesondere, und der Metaphysik kommt die Neigung, die Welt in Gut und Böse zu scheiden. Weil die Arbeiterbewegung, weil die KPD Schwächen hatte, Fehler gemacht hatte, selbst oft bis an den Hals im Schmutz der kapitalistischen Gesellschaftsordnung gesteckt hat, nicht frei war von Intrigen und auch tödlichen Denunziationen, meint man, sich von ihnen distanzieren zu können.

Wir stellen uns in die Tradition der KPD mit ihren Schwächen und Fehlern, weil wir ein anderes Geschichtsverständnis haben, weil wir Geschichte als einen Prozess begreifen, der – mit langen und kräftigen Rückschlägen – sich auf höhere Stufen entwickelt. Fehler und Schwächen sind unvermeidlicher Teil dieses Prozesses. Sie dienen dazu, nicht sich von ihnen zu distanzieren, sondern aus ihnen zu lernen.

Und wir haben zu prüfen, ob eine Organisation, eine Partei, eine Bewegung (nicht zuletzt uns selbst) zum geschichtlichen Prozess der Weiter- und Höherentwicklung einen insgesamt positiven Beitrag geleistet hat oder nicht.

Wenn als Maßstab für eine Wertung von Parteien die entscheidenden Ereignisse in der Geschichte der Völker genommen werden – Revolution, Krieg, Faschismus, Völkermord – dann steht die KPD glänzend da. Wenn man danach die anderen deutschen Parteien messen will, wie traurig sähe dort das Bild aus.

1939: Die KPD zieht Bilanz

Auf der Berner Konferenz der KPD zog Wilhelm Pieck 1939 Bilanz über die Partei:

Zwanzig Jahre Kommunistische Partei Deutschlands, das sind zwanzig Jahre ununterbrochener Kampf der Partei für die Verbesserung der Lebenshaltung des werktätigen Volkes – Kampf gegen das Trustkapital, gegen die kapitalistische Ausbeutung und Knechtung der Massen – Kampf für eine wahre Demokratie, für die Erweiterung der politischen Rechte und Freiheiten des Volkes – Kampf gegen das Versailler Diktat, für die nationale Freiheit – Kampf gegen Reaktion und Faschismus – Kampf für die Sicherung des Friedens, für die brüderliche Verständigung und Zusammenarbeit mit den anderen Völkern – Kampf für das Bündnis mit der Sowjetunion – Kampf für die internationale Solidarität – Kampf für die Einheit der deutschen Arbeiterklasse als die dringendste Notwendigkeit und Voraussetzung für ihren Sieg – Kampf für den Marxismus-Leninismus, die schärfste Waffe gegen alle ihre Feinde – Kampf für den Sozialismus.“ (W. Pieck, 20 Jahre Kampf der KPD für die Einheit der deutschen Arbeiterklasse, für Brot, Frieden, Demokratie und Sozialismus, in: Die Internationale, Nr.1/2 1939, zit. Nach: Deutsche Kommunisten über die Partei, Berlin 1980, S. 276)

In ihrem revolutionären Kampf verkörpert die Kommunistische Partei die besten Traditionen der deutschen Arbeiterbewegung, deren Erbe sie übernommen hat und das sie im Geiste ihrer Begründer Ferdinand Lassalle, August Bebel und Wilhelm Liebknecht verwaltet, die im Klassenkampf des Proletariats und in der proletarischen Revolution den Hebel allen Fortschritts und den einzigen Weg zum Sozialismus sahen. Die KPD hat dieses Erbe verbessert durch die Berücksichtigung der Kritik, die Karl Marx und Friedrich Engels an den theoretischen und politischen Fehlern und Schwächen dieser Bewegung und ihrer Führer übten, sie hat dieses Erbe gewaltig vermehrt durch die Anwendung der revolutionären Lehren von Lenin und Stalin. Wie die alte Sozialdemokratie in ihrer Heroenzeit während des bismarckschen Ausnahmegesetzes den illegalen Kampf gegen dessen Urheber führte und ihn zum Sieg brachte, so wird auch die Kommunistische Partei durch ihren illegalen Kampf unter sehr viel schwierigeren Bedingungen die werktätigen Massen zum Sieg gegen einen viel mächtigeren Feind, das Trustkapital, führen, den Hitlerfaschismus stürzen und die demokratische Republik verwirklichen.“ (W. Pieck, a.a.O.)

In der aufrichtigen Anwendung dieser Lehren (des 7. Weltkongresses der KI – Corell)) begann 1935 ein neuer Kampfabschnitt der Kommunistischen Partei, wobei das Zusammengehen der Kommunisten und Sozialdemokraten schon in vielen Orten Wirklichkeit geworden ist. Durch dieses Zusammenarbeiten wird auch die Voraussetzung für die Vereinigung in einer einheitlichen Partei geschaffen, deren Notwendigkeit angesichts des Kampfes gegen den Faschismus immer dringlicher von den sozialdemokratischen und kommunistischen Arbeitern erkannt wird.“ (W. Pieck, a.a.O., S. 309)

Gegenüber der reformistischen Lehre, die die Notwendigkeit des Klassenkampfes der Arbeiter und die proletarische Revolution verneint und mit der die Reformisten durch ihre Politik der Klassengemeinschaft mit der Bourgeoisie die werktätigen Massen Deutschlands dem Faschismus ausgeliefert haben, gegenüber der Lehre der Faschisten, die mit ihren Phrasen von der angeblichen Volksgemeinschaft das deutsche Volk auf das tiefste knechten und ausplündern, die durch ihre Rassentheorie das deutsche Volk chauvinistisch zu verhetzen und in den Krieg hineinzutreiben versuchen, müssen wir Kommunisten uns die Lehre des Marxismus-Leninismus, die nicht nur die Lehre für die proletarische Revolution und die Verwirklichung des Sozialismus, sondern auch die Lehre für den täglichen Kampf der Massen ist, aneignen und sie in die Massen hineintragen.“ (W. Pieck, a.a.O., S. 309)

Um die Erfüllung der revolutionären Aufgaben der Partei zu gewährleisten, ist die Einheitlichkeit des Willens der Partei unbedingt erforderlich, die nur durch eine eiserne Disziplin in der Partei, die unbedingte Unterordnung der Minderheit unter die Mehrheit herbeigeführt und gesichert werden kann. Natürlich beruht diese Disziplin auf der politischen Überzeugung von der Richtigkeit der Theorie und Praxis der Partei, sie ist also eine absolut freiwillige. Um diese Disziplin zu sichern, ist eine gründliche Ausrüstung aller Parteimitglieder mit der revolutionären Theorie und der Kenntnis der Gesetze der Revolution eine der wichtigsten Voraussetzungen. Dazu gehören ferner die ständige Selbstkritik an der Arbeit der Partei und der Kampf der Meinungen über die revolutionäre Praxis. Da aber die Partei kein Diskutierklub, sondern eine Kampfpartei ist, so muss der Kampf der Meinungen nach einer gewissen Klärung abgeschlossen und die Meinung der Mehrheit der Partei festgelegt werden, der sich die Minderheit unterzuordnen hat.“ (a.a.O., S. 311)

Wir haben diese Aussagen Wilhelm Piecks genommen, der für den von den Nazis eingekerkerten Ernst Thälmann als Vorsitzender der KPD fungierte, weil sie – wenige Monate vor dem Überfall Nazideutschlands auf Polen – die wichtigsten Punkte verdeutlichen, derentwegen die KPD im Jahr 1956 verboten werden sollte.

Festhalten – auch während des wütendsten Faschismus – am Marxismus-Leninismus, an seiner Erkenntnis von der Notwendigkeit der sozialen Revolution und der Diktatur des Proletariats, um den Sozialismus aufzubauen als Voraussetzung für den Übergang zur klassenlosen Gesellschaft, zum Kommunismus; und Festhalten auch an der Partei und ihrem Organisationsprinzip, am demokratischen Zentralismus.[1]

Sie spiegeln trotz aller Schwierigkeiten den Ernst der damaligen Lage, aber auch die Siegeszuversicht wider, mit der die KPD zum Widerstand rief. Und während des gesamten Krieges – auch zwischen 1939 und 1941 unter den besonders schwierigen Bedingungen des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes – hielt die KPD am organisierten Widerstand fest, während die SPD spätestens nach der Selbstauflösung des Exil-Parteivorstands in Lissabon (1940) als organisierende Kraft innerhalb Deutschlands nicht mehr in Erscheinung trat.

Opfer und Leistung der KPD im Widerstand

Wilhelm Pieck berichtete auf der „Brüsseler Konferenz“ der KPD im Oktober 1935 über das Ausmaß der Verluste. Danach waren von den 422 leitenden Parteifunktionären (das waren die Mitglieder und politischen Mitarbeiter des ZK, die führenden Funktionäre der Parteibezirke und der Massenorganisationen) 24 ermordet und 219 inhaftiert worden. Weitere 125 befanden sich im Exil, 41 waren aus der Partei ausgeschieden.

Insgesamt befanden sich von den rund 300.000 KPD-Mitgliedern des Jahres 1932 etwa 150.000 mehr oder weniger lange in Haft. Die Zahl der Ermordeten und Hingerichteten stieg bis Kriegsende auf über 20.000. Nicht eingerechnet sind dabei unsere Toten, die auf der Seite der spanischen Republik kämpften und fielen, oder als Kämpfer in der Roten Armee, in den anderen Armeen der Anti-Hitler-Koalition oder bei den Partisanenverbänden ihr Leben für das Niederringen der Nazi-Barbarei gaben.

Unvergessen auch die Kommunisten, die in den Auseinandersetzungen in der Sowjetunion zwischen 1936 und 1939 – deren grundsätzliche Notwendigkeit wir nicht bestreiten – zu Unrecht verurteilt und hingerichtet wurden.

Der deutsche Widerstand konnte das Hitlerregime nicht aus eigener Kraft stürzen. Die Kommunisten hatten jedoch gezeigt, dass Widerstand – selbst unter so grausamen Bedingungen wie in den KZ – möglich ist, dass es ein anderes Deutschland gab, das sich nicht mit Wegschauen und Wegdu­cken zufrieden gab, von der Masse der Hurra-Brüller ganz zu schweigen. Und sie hatten gezeigt, dass sie uneigennützig über Partei- und Weltanschauungsgrenzen hinaus, die Zusammenarbeit mit Allen, die guten Willens waren, suchten und tatkräftig organisierten. Dafür stehen die Widerstandsgruppen um unsere Genossen Uhrig, Neubauer, Bästlein, Saefkow, Jakob und viele andere mehr.

Auch im Exil hatten sich Formen der Zusammenarbeit nicht nur zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten als den Parteien der Arbeiterklasse herausgebildet, sondern auch mit Repräsentanten anderer Schichten und Klassen. Das Nationalkomitee Freies Deutschland (NKFD) gehört dabei an erster Stelle genannt, und nicht zuletzt die Gründung der Freien Deutschen Jugend (1936 in Paris, 1938 in Prag und 1939 in London).

Deutschland nach 1945 und die Aufgaben der KPD

Die überlebenden Kommunisten aus Deutschland und aus dem Exil bildeten den Grundstock an Kadern, um das zerstörte Land wieder aufzubauen und einem Neuen Deutschland unter den schwierigsten Bedingungen Form zu geben. Das neue Deutschland war aufzubauen mit einer Bevölkerung, die nicht nur materiell Not litt und Millionen Angehörige auf den Schlachtfeldern des Kriegs verloren hatte, sondern nach 12 Jahren rassistischer, chauvinistischer und antikommunistischer Verhetzung durch einen Staat, der von den Junkern und Monopolherrn in die Hand der Nazi-Banditen gegeben worden war, desillusioniert und orientierungslos war. Und sie war behaftet mit der Schande, damit nicht selbst fertig geworden zu sein, die Opfer gebracht zu haben für eine verbrecherische Sache, es zugelassen und dadurch gefördert zu haben, dass Chauvinismus, Antikommunismus, Rassismus und Antisemitismus ihre blutige Ernte einfahren konnten.

Das war noch 1945 Konsens der Alliierten der Antihitlerkoalition: „Es ist unser unerschütterliches Ziel, den deutschen Militarismus und Nazismus zu vernichten und dafür Garantien zu schaffen, dass Deutschland nie wieder imstande sein wird, den Weltfrieden zu brechen. Wir sind fest entschlossen, alle deutschen Streitkräfte zu entwaffnen und aufzulösen; den deutschen Generalstab, der wiederholt zur Wiedergeburt des deutschen Militarismus beigetragen hat, ein für allemal zu zerschlagen, sämtliche deutschen militärischen Anlagen zu konfiszieren oder zu zerstören, die gesamte deutsche Industrie, die für militärische Produktion genutzt werden könnte, zu beseitigen oder unter Kontrolle zu stellen; alle Kriegsverbrecher einer gerechten und schnellen Bestrafung zuzuführen sowie Wiedergutmachung in Form von Sachleistungen für die Zerstörungen zu erheben, die von den Deutschen verursacht worden sind; die nazistische Partei die nazistischen Gesetze, Organisationen und Einrichtungen zu liquidieren, alle nazistischen und militaristischen Einflüsse in den öffentlichen Einrichtungen sowie dem kulturellen und wirtschaftlichen Leben des deutschen Volkes zu beseitigen und gemeinsam solche anderen Maßnahmen in Deutschland zu ergreifen, die sich für den künftigen Frieden und die Sicherheit der ganzen Welt als notwendig erweisen können. Es ist nicht unser Ziel, das deutsche Volk zu vernichten. Nur dann, wenn der Nazismus und Militarismus ausgerottet sein werden, wird für das deutsche Volk Hoffnung auf ein würdiges Leben und einen Platz in der Völkergemeinschaft bestehen.“ (Erklärung der Konferenz von Jalta vom 12. Februar 1945).

Im Westen Deutschlands stützten sich die USA, England und Frankreich in ihren Besatzungszonen zunächst auf kirchliche Kreise. Insbesondere die katholische Kirche hatte ja durch die Kollaboration mit dem Naziregime (schließlich war Hitler ja als Erstes vom Vatikan anerkannt worden) ihre Strukturen über die Jahre der Nazidiktatur weitgehend erhalten können. Seit 1947 förderten die Imperialisten zunehmend die antikommunistischen Kräfte in der SPD[2] und begannen die alten Nazis wieder für ihre Art von Aufbau heranzuziehen. Mit dem im Sommer 1947 beginnenden IG Farben-Prozess vor dem Nürnberger Tribunal stand auch die Rolle bestimmter Kreise des US-amerikanischen Monopolkapitals, insbesondere die mächtige Erdölindustrie, aber auch die Automobil-, die Elektro- und Büromaschinenindustrie, als Förderer des Nazi-Regimes auf dem Prüfstand. Die Industrieherren von Auschwitz[3] kamen mit lächerlichen Strafen davon. Diese faktische Aussöhnung mit den deutschen Monopolherrn, denen man noch zwei Jahr zuvor mit der Waffe in der Hand gegenüber gestanden war, markierte den Übergang der westlichen Alliierten zur Politik der Wiederherstellung der alten Eigentumsverhältnisse in ihrem Teil Deutschlands, zum Bruch der Antihitlerkoalition zur Entfesselung der Furie des Antikommunismus, zur erneuten Spaltung der Arbeiterklasse mit Hilfe solcher Führer der SPD wie Kurt Schumacher, die ihr Überleben in der Hölle der KZ kommunistischen Klassenbrüdern verdankten.

Im Osten Deutschlands wurde unter dem Schutz der Sowjetmacht Ernst gemacht mit den Lehren der Geschichte.

Die Monopole und die Grundherrenklasse der Junker, die maßgeblich Hitler gefördert, ihn zur Unterdrückung der Arbeiterbewegung angehalten und zum Krieg getrieben und von ihm profitiert hatten, wurden enteignet. Junkerland kam in Bauernhand. Dass die Spaltung der Arbeiterklasse durch den Opportunismus erst den Machtantritt des Faschismus ermöglicht hatte, daraus zogen Kommunisten und Sozialdemokraten die Lehre, eine gemeinsame Partei, die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, die SED, zu schaffen. Nicht der Sozialismus stand auf der Tagesordnung, wie es Kurt Schumacher großmäulig für die Westzonen verkündete und wie es sogar noch seinen Reflex im Ahlener Programm der CDU findet, sondern die antifaschistisch-demokratische Umwälzung zur Sicherung der Volksmacht und zur Heranziehung aller antifaschistischen Kräfte für den Aufbau – der Kräfte nicht nur der Arbeiterklasse, sondern auch der Bauernschaft, des städtischen Kleinbürgertums und Teilen der Bourgeoisie –, für einen Aufbau, der den Schwur von Buchenwald und den Auftrag des Potsdamer Abkommens, den Nazismus mit seinen Wurzeln auszureißen, umzusetzen hatte. Die antifaschistisch-demokratische Umwälzung war auch die Voraussetzung, um den Kampf für eine Wiedervereinigung Deutschlands von links (im Gegensatz zu der Art von „Wiedervereinigung“, wie wir sie 1990 erleben mussten) führen zu können – für ein freies, einiges und demokratisches Deutschland. Das war die zentrale Losung, solange der Kampf um die nationale Unabhängigkeit gegen die imperialistischen Besatzungsmächte im Vordergrund stand, die Westdeutschland zu einem Bollwerk gegen den Sozialismus ausbauen wollten.[4]

Das waren – grob skizziert – die beiden unterschiedlichen Entwicklungswege in Ost und West, als im Juni 1948 mit der Währungsreform faktisch die ökonomische Spaltung Deutschlands vollzogen wurde, der im Mai 1949 mit der Gründung der Bundesrepublik die politische Spaltung folgte. Am 7. Oktober 1949 wurde die DDR gegründet, nicht um die Spaltung zu besiegeln, sondern um einen Staat zu schaffen, der die Spalter Deutschlands organisiert bekämpfen konnte. Die DDR ist eine Errungenschaft der internationalen Arbeiterklasse, der es 40 Jahre gelingen sollte, dem Imperialismus, dem in Westdeutschland wiedererstandenen deutschen Imperialismus insbesondere, einen Riegel vorzuschieben.

Die Pfeiler der BRD

Spaltung der Nation – um wenigstens in einem Teil unseres Landes die alte Ausbeuterordnung wieder herstellen zu können.

Remilitarisierung – um wieder aggressiv nach Außen auftreten zu können, um wieder anderen Völkern drohen zu können, um wieder eine „Politik der Stärke“ betreiben zu können

KPD-Verbot – um den Widerstand des Volkes gegen all die volksfeindlichen Maßnahmen im Zuge der Spaltung und Remilitarisierung zu brechen.

Das sind die drei Pfeiler, auf denen die Bundesrepublik Deutschland „ruht“.

Das Grundgesetz, das so gerne als Pfeiler unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung bezeichnet wird, zählt nicht dazu. „Der Staat, den Sie gebaut haben, – das beweist eindeutig das Fehlen der sozialen und wirtschaftlichen Grundrechte – wird ein Staat der Reaktion werden“, hielt der KPD-Abgeordnete Heinz Renner vorausschauend dem Parlamentarischen Rat entgegen.

Nicht einmal ein Mandat vom Volk, die Verfassung auszuarbeiten, hatte der Parlamentarische Rat. Solche Angst hatten die Westalliierten und die deutsche Bourgeoisie, dass sie sich noch nicht einmal trauten, freie Wahlen für eine verfassungsgebende Versammlung anzuberaumen. Die wirtschaftlichen und sozialen Grundrechte, die von der KPD gefordert wurden, sind u.a.: Recht auf Arbeit, Verankerung des Koalitions- und Streikrechts, das Verbot von Aussperrungen, das Verbot von privaten Monopolorganisationen und die Enteignung des privaten Großgrundbesitzes über 100 ha. Ferner die Verankerung von Volksbegehren und Volkentscheid, wie sie in fast jeder bürgerlichen Verfassung vorgesehen sind.

Und als ob er in die Zukunft schauen könnte, erklärte der KPD-Vorsitzende Max Reimann 1949:

„Wir lehnen das Grundgesetz ab, weil es die Spaltung Deutschlands bedeutet. Wir Kommunisten versagen aus grundsätzlichen Erwägungen heraus dem Gesetz die Zustimmung. Die Gesetzgeber werden im Verlauf ihrer volksfeindlichen Politik ihr eigenes Grundgesetz brechen. Wir Kommunisten aber werden die im Grundgesetz verankerten wenigen demokratischen Rechte gegen die Verfasser des Grundgesetzes verteidigen“.

Was ist die Kommunistische Partei und wozu brauchen wir die KPD?

Die Kommunistische Partei ist ein Teil der Arbeiterklasse, und zwar der fortgeschrittenste, klassenbewussteste und deshalb revolutionärste Teil. Die Kommunistische Partei entsteht durch die Auslese der besten, klassenbewusstesten, selbstlosesten und weitblickendsten Arbeiter. Die Kommunistische Partei hat keine von den Interessen der Arbeiterklasse verschiedenen Interessen. Die Kommunistische Partei unterscheidet sich von der gesamten Masse der Arbeiter dadurch, dass sie den ganzen geschichtlichen Weg der Arbeiterklasse überschaut und an allen Wendepunkten dieses Weges nicht die Interessen einzelner Gruppen, einzelner Berufe, sondern die Interessen der Arbeiterklasse in ihrer Gesamtheit verteidigt. Die Kommunistische Partei ist jener organisatorisch-politische Hebel, mit dessen Hilfe der fortgeschrittenste Teil der Arbeiterklasse die gesamte Masse des Proletariats und des Halbproletariats auf den richtigen Weg führt.“ (Leitsätze über die Rolle der Kommunistischen Partei, angenommen auf dem II. Kongress der Kommunistischen Internationale am 20. Juli 1920)

Lenin führte dazu auf dem Kongress aus: „Und in der Tat, im Zeitalter des Kapitalismus, wo die Arbeitermassen unaufhörlich ausgebeutet werden und nicht imstande sind, ihre menschlichen Fähigkeiten zu entwickeln, ist für die politischen Parteien der Arbeiter gerade der Umstand am charakteristischsten, dass sie nur eine Minderheit der Klasse erfassen können. Die politische Partei kann nur die Minderheit der Klasse erfassen, ebenso wie die wirklich klassenbewussten Arbeiter in jeder kapitalistischen Gesellschaft nur die Minderheit aller Arbeiter bilden. Deshalb müssen wir anerkennen, dass nur diese klassenbewusste Minderheit die breiten Arbeitermassen leiten und mit sich führen kann. ... Was ist unter organisierter Minderheit zu verstehen? Wenn diese Minderheit wirklich klassenbewusst ist, wenn sie die Massen zu führen versteht, wenn sie fähig ist, auf jede aktuelle Frage eine Antwort zu geben – dann ist sie im Grunde eine Partei. ... Wenn die Minderheit es nicht versteht, die Massen zu führen, eine enge Verbindung zu ihnen herzustellen, so ist sie keine Partei und überhaupt nichts wert, ganz gleich, ob sie sich nun Partei oder Landesausschuss der Räte der Betriebsobleute nennt.“ (W.I. Lenin, Rede über die Rolle der Kommunistischen Partei, LW 31, S. 223)

Ich wiederhole, die Erfahrungen der siegreichen Diktatur des Proletariats in Russland haben denen, die nicht zu denken verstehen oder nicht in die Lage kamen, über diese Frage nachzudenken, deutlich gezeigt, daß unbedingte Zentralisation und strengste Disziplin des Proletariats eine der Hauptbedingungen für den Sieg über die Bourgeoisie sind. ...

Und da taucht vor allem die Frage auf: wodurch wird die Disziplin der revolutionären Partei des Proletariats aufrechterhalten? Wodurch wird sie kontrolliert? Wodurch gestärkt? Erstens durch das Klassenbewusstsein der proletarischen Avantgarde und ihre Ergebenheit für die Revolution, durch ihre Ausdauer, ihre Selbstaufopferung, ihren Heroismus. Zweitens durch ihre Fähigkeit, sich mit den breitesten Massen der Werktätigen, in erster Linie mit den proletarischen, aber auch mit den nichtproletarischen werktätigen Massen zu verbinden, sich ihnen anzunähern, ja, wenn man will, sich bis zu einem gewissen Grade mit ihnen zu verschmelzen. Drittens durch die Richtigkeit der politischen Führung, die von dieser Avantgarde verwirklicht wird, durch die Richtigkeit ihrer politischen Strategie und Taktik, unter der Bedingung, dass sich die breitesten Massen durch eigene Erfahrung von dieser Richtigkeit überzeugen. Ohne diese Bedingungen kann in einer revolutionären Partei, die wirklich fähig ist, die Partei der fortgeschrittenen Klasse zu sein, deren Aufgabe es ist, die Bourgeoisie zu stürzen und die ganze Gesellschaft umzugestalten, die Disziplin nicht verwirklicht werden. Ohne diese Bedingungen werden die Versuche, eine Disziplin zu schaffen, unweigerlich zu einer Fiktion, zu einer Phrase, zu einer Farce. Diese Bedingungen können aber anderseits nicht auf einmal entstehen. Sie werden nur durch langes Bemühen, durch harte Erfahrung erarbeitet; ihre Erarbeitung wird erleichtert durch die richtige revolutionäre Theorie, die ihrerseits kein Dogma ist, sondern nur in engem Zusammenhang mit der Praxis einer wirklichen Massenbewegung und einer wirklich revolutionären Bewegung endgültige Gestalt annimmt.

Wenn der Bolschewismus in den Jahren 1917-1920 unter unerhört schweren Bedingungen die strengste Zentralisation und eine eiserne Disziplin schaffen und erfolgreich verwirklichen konnte, so liegt die Ursache dafür ganz einfach in einer Reihe historischer Besonderheiten Russlands.

Einerseits ist der Bolschewismus im Jahre 1903 auf der festen Grundlage der marxistischen Theorie entstanden. Dass aber diese - und nur diese - revolutionäre Theorie richtig ist, haben nicht nur die internationalen Erfahrungen des ganzen 19. Jahrhunderts, sondern insbesondere auch die Erfahrungen mit den Irrungen und Wirrungen, mit den Fehlern und Enttäuschungen des revolutionären Denkens in Russland bewiesen. Im Laufe ungefähr eines halben Jahrhunderts, etwa von den vierziger und bis zu den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, suchte das fortschrittliche Denken in Russland, unter dem Joch des unerhört barbarischen und reaktionären Zarismus, begierig nach der richtigen revolutionären Theorie und verfolgte mit erstaunlichem Eifer und Bedacht jedes „letzte Wort“ Europas und Amerikas auf diesem Gebiet. Den Marxismus als die einzig richtige revolutionäre Theorie hat sich Russland wahrhaft in Leiden errungen, durch ein halbes Jahrhundert unerhörter Qualen und Opfer, beispiellosen revolutionären Heldentums, unglaublicher Energie und hingebungsvollen Suchens, Lernens, praktischen Erprobens, der Enttäuschungen, des Überprüfens, des Vergleichens mit den Erfahrungen Europas. Dank dem vom Zarismus aufgezwungenen Emigrantenleben verfügte das revolutionäre Russland in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts über eine solche Fülle von internationalen Verbindungen, über eine so vortreffliche Kenntnis aller Formen und Theorien der revolutionären Bewegung der Welt wie kein anderes Land auf dem Erdball.“ (W.I. Lenin, Der linke Radikalismus ..., LW 31, S.8 ff.)

Remilitarisierung – wieder Waffen für die alten Kriegsbrandstifter

– Schon vor 1948 existierten Pläne für eine Wiederbewaffnung. Die Rüstungskonzerne bleiben in ihrem Bestand unangetastet.

– Im Oktober 1950 wird die Dienststelle Blank gegründet. Sie soll die Voraussetzungen für die Aufstellung der neuen/alten Wehrmacht schaffen.

– 1954 werden die Pariser Verträge abgeschlossen. Die BRD erhält die Möglichkeit, eine Armee bis zu 500.000 Mann aufzustellen. Sie verzichtet auf das Recht, selbstständig über Fragen der Wiedervereinigung oder über Fragen eines Friedensvertrages zu entscheiden.

– 1955 wird die BRD Mitglied der NATO.

– 1955, zehn Jahre nach dem Krieg, hat die BRD wieder einen Kriegsminister, Theodor Blank.

– 1955, Franz Josef Strauß wird „Bundesminister für Atomfragen“. (Am 18.10.1956 wird er Kriegsminister).

– 1956 wird die allgemeine Wehrpflicht eingeführt.

– 1956 sind von 38 bisher eingestellten Generälen 31 Mitglieder von Hitlers Generalstab gewesen, von 237 Obersten waren 100 und von 225 Oberleutnanten 84 Nazi-Generalstäbler. 6 Generäle, 64 Oberste und 75 Oberleutnante haben während der Überfälle der „Wehrmacht“ des deutschen Imperialismus auf die Völker Europas länger als drei Jahre Feldtruppenteile geführt.

10 Jahre nach dem Krieg kommandierten die gleichen Herren, die Deutschland und die Welt ins Elend gestürzt hatten, wieder deutsche Gewehre. Die Deutsche und die Dresdner Bank, die Allianz und Münchner Rück, die Stahl- und Kohle-Monopole der Thyssen, Krupp und Flick, Siemens und AEG, die IG Farben-Nachfolger von Bayer, BASF und Hoechst, die Daimler und Bosch waren wieder am Start, um in die Neuaufteilung der Welt einzugreifen. Der Staatsapparat, Polizei, Geheimpolizei, Justiz, die Medien waren wieder mit alten Nazis und solchen, die ihnen beim Machtantritt die Stange gehalten hatten, durchsetzt. Und endlich hatten die deutschen Monopolherren wieder Waffen. Eine Bourgeoisie ohne Waffen ist eben keine Bourgeoisie. Wie sonst wollten sie das eigene Volk nieder halten, wie sonst wollten sie anderen Völkern drohen. Hatten sie dieses Geschäft bisher vornehmlich unter der Führung und mit den Waffen der Westalliierten betrieben, so waren sie jetzt unabhängiger geworden und konnten wieder mehr „Gewicht“ in den Kampf um Absatzmärkte, Rohstoffquellen und Einflusssphären werfen.

Das sind die Stationen der Wiederbewaffnung des deutschen Imperialismus, das sind Stationen auf dem Weg zu heute: Bundeswehr auf dem Gebiet der DDR, deutsche Truppen in aller Welt.

Die Remilitarisierung wurde gegen das Volk durchgesetzt. Sie konnte durchgesetzt werden, weil die rechten SPD- und Gewerkschaftsführer nichts unversucht ließen, den Widerstand im Namen des Antikommunismus zu hintertreiben.

„Dr. Schumacher, der seit Monaten die Aufstellung zahlreicher alliierter Divisionen in Deutschland forderte, um im Falle eines Krieges die erste Schlacht an der Elbe und die zweite an der Weichsel (!) schlagen zu können, meinte, dass alle angekündigten Verstärkungen nicht ausreichend seien und keinen Schutz bieten“. (Nürnberger Nachrichten, 25.10.1950)

Am 21.11.1950 veröffentlichten die DGB-Führer folgende Entschließung: „Sie (die deutschen Gewerkschaften) sind auf Grund der geschichtlichen Erfahrungen und der gegenwärtigen besonderen deutschen Situation gegen die Wiedererrichtung einer selbstständigen deutschen Armee. Sie wollen nicht, dass reaktionären Elementen erneut durch die Wiederherstellung einer Wehrmacht Auftrieb und Macht gegeben werden...“ Aber: „Andererseits sind sich die deutschen Gewerkschaften darüber klar, dass eine Verteidigung der westlichen Kultur und der persönlichen Freiheit auch an Deutschland Anforderungen stellt, denen sich das deutsche Volk nicht verschließen kann.“

KPD – Verbot: Die Kampfpartei der Arbeiterklasse zerschlagen

Was sonst nur in faschistischen Staaten üblich und ein Kennzeichen des Faschismus ist – das Verbot der Kommunistischen Partei – wurde mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17.8.1956 auch für die BRD Wirklichkeit. In den Schranken des Gerichts hatte Walter Fisch, Mitglied der KPD, in den Nazikerkern misshandelt, nach Verfolgung und Exil Mitglied der verfassunggebenden Landesversammlung in Hessen, Mitglied im Hessischen Landtag und im Parlamentarischen Rat, die Politik und die Grundlagen der KPD in den Lehren von Marx, Engels, Lenin und Stalin mutig und konsequent vertreten. Und das obwohl ihm das Gericht die berüchtigte Geheimrede Chrustchows zur Verurteilung Stalins als „größenwahnsinnigen Verbrecher“ auf dem 20. Parteitag der KPdSU vorhielt.

Das Verbot ist die „Krönung“ einer langen Reihe von Schlägen gegen die Arbeiterklasse und das ganze Volk, von Verfolgungen gegen Kommunisten und anderen Demokraten.

– Verbot des Zusammenschlusses von SPD und KPD (1946)

– Verbot der Bewegung für einen Gesamtdeutschen Verfassungsgebenden Volkskongress und in Zusammenhang damit Verbot von KPD-Zeitungen. (Jan./Febr. 1948)

– Der sogenannte „Korea-Erlass“ Adenauers, der die Säuberung von Kommunisten und anderen Demokraten aus dem öffentlichen Dienst befiehlt, darunter die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) vom 20.9.1950.

– Verbot der „Volksbefragung gegen Remilitarisierung und für den Abschluss eines Friedensvertrages“ am 24.4.1951. An dieser Aktion beteiligten sich trotz Verbot über 9 Millionen Menschen.

– Verbot der Freien Deutschen Jugend (FDJ) am 26.6.1951.

– Verbot der VVN am 26.7.1951 trotz großer Empörung im Ausland.[5]

– Im August 1951 werden in das Strafrecht wieder die Tatbestände „Hoch“- und „Landesverrat“ und „Staatsgefährdung“ eingeführt. Mithilfe dieses „1. Strafrechtsänderungsgesetzes“ kommt es zu breiten Verfolgungsaktionen gegen Kommunisten. Am 23.11.1951 stellt die Adenauerregierung beim Bundesverfassungsgericht Antrag auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der KPD.

– Am 31.1.1952 werden zahlreiche Geschäftsräume der KPD durchsucht und Beschlagnahmungen vorgenommen. Diese Praxis soll nicht mehr aufhören. Das 1952 verabschiedete KPD-Programm der nationalen Wiedervereinigung Deutschlands wird als Vorbereitung zum Hochverrat erklärt. Der Münchner Arbeiter und junge Kommunist, Philipp Müller, wird in Essen auf einer Demonstration gegen die Remilitarisierung von hinten durch die Polizei erschossen.

– Am 23.11.1954 beginnt der KPD-Prozess beim 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts. Innerhalb dieses Prozesses wird die KPD permanent durch verfahrensrechtliche Verstöße behindert.

– Am 4.6.1955 verurteilt der Bundesgerichtshof zwei Mitglieder der FDJ zu hohen Zuchthaus- bzw. Gefängnisstrafen. Im Juli 1955 erhalten vier Funktionäre der deutsch-sowjetischen Freundschaftsgesellschaft hohe Gefängnisstrafen. Dem 1. Sekretär werden die bürgerlichen Ehrenrechte (also das Recht zu wählen, gewählt zu werden und öffentliche Ämter wie z.B. das eines Schöffen, auszuüben) auf vier Jahre aberkannt.

– Im April 1956 werden in Niedersachsen die Nationale Front, die sozialistische Aktion und das Komitee für Einheit und Freiheit im deutschen Sport durch das Innenministerium aufgelöst. Allein im ersten Halbjahr 1956 sind 3423 politische Verfahren anhängig und 1004 Personen in Haft. Am 13.7.1956 werden vom Bundesgerichtshof drei Kommunisten wegen Hochverrat zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. So sind dann bei Verkündung des KPD-Verbots 7 von 11 Sekretären des ZK der KPD verhaftet bzw. wegen drohender Verhaftung außer Landes.

Als im Sommer 1956 der Präsident des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts (BverfG) persönlich versucht, Adenauer zur Zurücknahme des Verbotsantrages zu bewegen, wird die Geschäftsordnung des BVerfG dahingehend verändert, dass falls der 1. Senat nicht innerhalb von sechs Wochen zur Entscheidung gelangt, das Verfahren auf den 2. Senat übergeht.[6]

Das KPD-Verbot, auf diese Weise gut vorbereitet, war die nachträgliche „Legalisierung“ all dieser Unterdrückungsmaßnahmen. Ziel des KPD-Verbots war es, die organisierte Vorhut des Proletariats, die Kommunistische Partei, zu zerbrechen und damit dem breiten Widerstand des Volkes gegen das neuerliche Erstarken des deutschen Imperialismus, gegen die Spaltung der Nation und die Remilitarisierung das Rückgrat zu brechen.

Nicht eine der konkreten Taten der KPD konnte das Gericht verurteilen. Da hätte es ja nur verurteilen können, dass die KPD konsequent für die Verwirklichung des Potsdamer Abkommens gekämpft hat. Nein, die KPD habe diesen Kampf „missbraucht“, um ihre eigenen „bösen“ Ziele, die Diktatur des Proletariats, Sozialismus und Kommunismus zu verwirklichen. Diese Ziele sind aber nun einmal verfassungswidrig und mögen die Kommunisten auch noch so viele Taten im Interesse des Volkes vollbringen. Diese Taten sind verfassungswidrig, weil die Gesinnung der „Täter“ verfassungswidrig ist.

„Eine Partei ist nicht schon dann verfassungswidrig, wenn sie einzelne Bestimmungen, ja ganze Institutionen des Grundgesetzes ablehnt. Sie muss vielmehr die obersten Werte der Verfassungsordnung verwerfen, die elementaren Verfassungsgrundsätze, die die Verfassung zu einer freiheitlich-demokratischen machen“. (KPD-Prozess in 3 Bänden, S. 612)

Da aber nach Art.79 Abs. 3 GG nur der Artikel 1 (Würde des Menschen) und der Artikel 20 (BRD ist demokratischer und sozialer Bundesstaat; alle Staatsgewalt geht vom Volke aus; Rechtsbindung) unabänderlich sind, muss das Bundesverfassungsgericht neue unveränderliche Werte schaffen, um die KPD verbieten zu können.

Um den Tatbestand der Verfassungswidrigkeit zu erfüllen, „muss der politische Kurs der Partei durch eine Absicht (!) bestimmt sein, die grundsätzlich und dauernd tendenziell (!) auf die Bekämpfung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtet ist“. (S. 613)

„Das Einschreiten gegen eine Partei auf Grund des Artikels 21 Abs. 2 GG ist seinem Wesen nach Präventivmaßnahme, Vorsorge für die Zukunft. Sie soll Gefahren rechtzeitig abwehren, mit deren Eintreten nach der bisher in Reden und Handlungen sichtbar gewordenen allgemeinen Haltung der Partei gegenüber der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerechnet werden muss“. (S. 613)

Mit dieser Begründung erspart sich das Hohe Gericht, nach verfassungswidrigen Tätigkeiten der Partei zu forschen. Tendenzielle Absichten, die allgemeine Haltung bilden die Verbotsgrundlage, machen den Weg frei für Gesinnungsschnüffelei.

Auch für die Feststellung der „Absichten“ hat das Bundesverfassungsgericht wahrhaft neue Normen geschaffen. Programme, parteiamtliche Erklärungen usw. reichen offenbar für ein Verbot nicht aus. Daher „sind auch geheime Ziel­setzungen ... rechtserheblich. Im Einzelnen mag es schwierig sein, den wahren Inhalt der offenen und das Bestreben verborgener Ziele zu erkennen. Ohne weiteres leuchtet es ein, dass Ziele, aus denen sich die Verfassungswidrigkeit einer Partei ergeben könnte, niemals offen verkündet werden. Die politischen Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte(!!) geben genügende Hinweise, um aus der Art der von einer Partei verwendeten Mittel, aus dem ,Stil’ ihrer Aktionen ihre echten Ziele zu erkennen und sie von den vorgetäuschten richtig zu unterscheiden“. (S. 614)

Also: Die Ziele einer Partei sind verfassungswidrig. Diese Ziele werden jedoch von ihr geheim gehalten. (Das Bundesverfassungsgericht durchschaut das natürlich alles). Durch den „Stil“ ihrer Aktionen wird der ganze Schwindel der Kommunisten aufgedeckt und die wahren Ziele kommen zum Vorschein. Diese sind – wie könnte es bei Kommunisten auch anders sein – verfassungswidrig!

Diese Punkte kennzeichnen das formale Vorgehen des Bundesverfassungsgerichts.

Hatte die Kommunistenhatz in den USA unter McCarthy von den Nazis gelernt, so knüpften die Richter aus Karlsruhe direkt an die unseligen Praktiken des „Volksgerichtshofs“ an, an „Gesinnung“ und „Heimtücke“.

Die inhaltliche Prüfung der Verfassungswidrigkeit der KPD ist im Wesentlichen eine Auseinandersetzung über die Frage, ob die Revolution und die Diktatur des Proletariats, die die KPD wie jede kommunistische Partei als notwendige Etappe auf dem Weg zum Kommunismus propagiert, mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung vereinbar sind.

Und das geht so: Aus Werken von Marx, Engels, Lenin und Stalin werden Zitate entnommen (das kann heute durchaus ein Schulungsleitfaden für uns sein und kann unter dkp-rostock.de im Internet abgerufen werden) und wird dann mit „erläuternden“ Hinweisen der Herren Richter versehen. Heraus kommt ein düsteres Schreckgemälde, das ABC des kleinen Antikommunisten.

Dieser Finsternis wird die lichtvolle Gegenwart und Zukunft der vom Gericht entworfenen freiheitlichen demokratischen Grundordnung gegenüber gestellt.

Allerdings gibt das Gericht zu, dass sich sein Bild einer „idealtypischen freiheitlich demokratischen Grundordnung keineswegs mit der Verfassungswirklichkeit in der BRD deckt. Das braucht es auch gar nicht“. Im Gegenteil: „Das ergibt sich aus dem Inhalt des Artikel 21 GG (Verbot von Parteien - Corell.), der selbst wiederum in der der freiheitlichen Demokratie zugrunde liegenden Denkweise wurzelt. Dieser Denkweise entspricht es gerade nicht, eine Übereinstimmung von Ideal und Wirklichkeit zu behaupten. Sie hält eine solche Übereinstimmung sogar für unerreichbar, für utopisch. Deshalb kann sie nur fordern, dass das politische und soziale Leben auf dieses Leitbild hin entwickelt werde…“ (S. 642)

Und nun kommt das Leitbild: „Das Gesamtwohl wird eben nicht von vorne herein gleichgesetzt mit den Interessen oder Wünschen einer bestimmten Klasse; annähernd gleichmäßige Förderung des Wohles aller Bürger und annähernd gleiche Verteilung der Lasten wird grundsätzlich erstrebt ... Die staatliche Ordnung der freiheitlichen Demokratie muss demgemäß systematisch auf die Aufgabe der Anpassung und Verbesserung und des sozialen Kompromisses angelegt sein“. (S. 643)

Und schließlich: „Darüber hinaus entnimmt die freiheitliche demokratische Grundordnung den Gedanken der Würde und Freiheit des Menschen die Aufgabe auch im Verhältnis der Bürger unter einander für Gerechtigkeit und Menschlichkeit zu sorgen. Dazu gehört, dass eine Ausnutzung des einen durch den anderen verhindert wird. Allerdings lehnt die freiheitliche Demokratie es ab, den wirtschaftlichen Tatbestand der Lohnarbeit im Dienst privater Unternehmer als solchen allgemein als Ausbeutung zu kennzeichnen. Sie sieht es aber als ihre Aufgabe an, wirkliche Ausbeutung, nämlich Ausnützung der Arbeitskraft zu unwürdigen Bedingungen und unzureichendem Lohn zu unterbinden. Vorzüglich darum ist das Sozialstaatsprinzip zum Verfassungsgrundsatz erhoben worden; es soll schädliche Auswirkungen schrankenloser Freiheit verhindern und die Gleichheit fortschreitend bis zu dem vernünftigerweise zu forderndem Maße verwirklichen.

Die freiheitliche Demokratie ist von der Auffassung durchdrungen, dass es gelingen könne, Freiheit und Gleichheit der Bürger trotz der nicht zu übersehenden Spannungen zwischen diesen beiden Werten allmählich zu immer größerer Wirksamkeit zu entfalten und bis zum überhaupt erreichbaren Optimum zu steigern.

Dies erscheint ihr erstrebenswerter als die Verfolgung eines utopischen, d.h. rational nicht beweisbaren und durch die Erfahrung der Geschichte nicht gestützten Staatsideals, das die volle Verwirklichung beider Ideale in einer nicht absehbaren Zukunft verspricht, dafür aber das Opfer von Generationen verlangt, denen weder Freiheit noch Gleichheit gewährt werden kann“. (S. 647)

Dagegen die KPD in der Sicht der Richter:

Das Selbstverständnis der KPD ist eben ganz von den Vorstellungen her geprägt, die der Marxismus-Leninismus allgemein von der kommunistischen Partei als der „revolutionären Partei der Arbeiterklasse“ entwickelt hat. Die KPD kann also auch ihre aktuellen Aufgaben in der Bundesrepublik Deutschland nur in diesem Lichte sehen. Sie versteht sich selbst als die Klassenpartei des Proletariats, der die Aufgabe zufällt, die „werktätigen Massen“ auf den Weg zum „Sozialismus“ – und das heißt auch zur sozialistischen Revolution und zur Diktatur des Proletariats – zu führen. Wie sie ihre ganze innere Organisation mit der unbedingten Parteidisziplin und der absoluten „Einheit des Willens“ dieser Auffassung entsprechend gestaltet hat, so kann sie auch ihre Haltung gegenüber den Institutionen der freiheitlichen Demokratie nur danach bemessen, wieweit diese sich als Mittel in der Führung des revolutionären Kampfes benützen lassen. Auch in dieser Haltung liegt eine gewollte Beeinträchtigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung.

Damit ist ein für alle Mal bewiesen: der Marxismus-Leninismus ist verfassungswidrig.

Der Rest ist einfach: Die KPD propagiert den verfassungswidrigen Marxismus-Leninismus. Alle ihre Aktionen sind dann natürlich vor diesem Hintergrund zu sehen und damit verfassungswidrig.

Also: Die KPD ist selbst verfassungswidrig und somit zu verbieten.

„Hexenprozess“ und „Inquisitionsverfahren“, so wurde der KPD-Prozess von vielen Demokraten bezeichnet.

War die „Hexenjagd“ schon vor dem Verbot im Gange, so erreichte sie nun neue Höhepunkte.

Über 200 Jahre Zuchthaus oder Gefängnis wurden verhängt. Mehr als 200 demokratische Organisationen wurden verboten, darunter der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund, die Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe, der Deutsche Turn- und Sportverband, der Deutsche Städte- und Gemeindetag, der Verband Deutscher Konsumgenossenschaften und viele mehr.

Verwandtenbesuche in der DDR, Briefkontakte nach „drüben“, Sportveranstaltungen mit DDR-Bürgern wurden überwacht, verboten und verfolgt.

Rechte Gewerkschaftsführer taten das Ihre und schlossen Kommunisten aus der Gewerkschaft aus. Bis heute bestehen in einzelnen Gewerkschaften noch sog. Unvereinbarkeitsbeschlüsse, die gelegentlich auch praktiziert werden (vor allem gegen Mitglieder der MLPD) und die bedeuten, dass Kommunisten nicht in der Gewerkschaft Mitglied sein dürfen.

Unvergessen ist auch das Leid der Verfolgten und ihrer Familien, die nach 12 Jahren in den Nazikerkerkern nun wieder wegen ihrer Gesinnung verurteilt wurden.

Das KPD-Verbot: Handhabe gegen alle Demokraten

Die Spur des KPD-Verbotsurteils zieht sich durch die ganze Geschichte der BRD: Von den Berufsverboten aufgrund des „Beschlusses der Ministerpräsidentenkonferenz über Grundsätze zur Frage der verfassungsfeindlichen Kräfte im öffentlichen Dienst“, dem sog. Radikalenerlass vom 28. Januar 1972, im Zuge dessen 6 Millionen Menschen bespitzelt, erfasst, überprüft wurden, über die sog. Anti-Terror-Gesetze der 70er Jahre, zu den Sondergesetzen und -maßnahmen gegen Kommunisten nach der Wiedervereinigung von rechts, nach der Einverleibung der DDR durch den deutschen Imperialismus, bis hin zur heutigen Praxis des „Kriegs gegen den Terror“, zur Einschüchterung von Muslimen, zur Verfolgung von Antifaschisten, zu neuerlichen Berufsverboten wie gegen Michael Csaszkozy. Überall zieht sich der rote Faden von Gesinnungsschnüffelei durch. Hätte man die gleichen Maßstäbe an das Verbot der NPD gelegt, sie wäre längst von der Bildfläche verschwunden.

Mit dem KPD-Verbotsurteil wurde die „rechtliche“ Handhabe, diese „höchstrichterliche“ Anordnung geschaffen, um den Widerstand des Volkes gegen die immer schärfer werdende Gangart der Monopole zu ersticken.

Die Bewegung gegen das KPD-Verbot!

Diese Bewegung der 50er Jahre und späten 60er Jahre hat großen Widerhall im In- und Ausland gefunden.

Am 6. und 7. Mai 1967 fand eine Konferenz in Düsseldorf statt, zu der 124 Persönlichkeiten der BRD aus der Arbeiterklasse und dem demokratischen Kleinbürgertum eingeladen hatten. Dazu erklärte Prof. Helmut Ridder[7]: „In der vieltausendfältigen alltäglichen Berieselung aus offiziellen und offiziösen Quellen ist alles, was auch nur nach Kommunismus riechen könnte (und es riecht alles nach Kommunismus, was irgendwie oppositionell ist), Gegenstand eines abergläubischen Austreibungsrituals geworden. Und der Kommunismus der Deutschen selbst, diesseits wie wegen der gemeinsamen deutschen Vergangenheit auch jenseits, ist an der Ausdifferenzierung und der Anpassung an weltweite Bewegungen auf den Frieden hin auf das empfindlichste behindert, weil er schreien muss, um sich vernehmbar zu machen, und ‚Schreien’ ist kein Wohllaut. Wahrhaft ein deutsches Trauerspiel!

Dass es dahin gekommen ist, hängt mit der totalen antikommunistischen Verkennung des Kommunismus zusammen, der doch eine sozialistische und marxistische Ausformung der Demokratie ist. Sie ist durch platteste politische Dogmen des in Schulen, von Kanzeln und in der Publizistik vermittelten Geschichtsbildes und durch gedankenlose Redewendungen – wie die vom ‚Links-’ und vom ‚Rechtsradikalismus’ – begünstigt worden. Kommunistische Formierungen gehören indes notwendig zum vollständigen Spektrum, zum nichtpathologischen Erscheinungsbild der überlieferten liberalen, neuzeitlichen, demokratischen Verfassungsordnungen und Verfassungssysteme. Sie machen – früher mit sehr starker Akzentuierung der Möglichkeit eines revolutionären Übergangs zur ‚Diktatur des Proletariats’, heute mit stärkerer Akzentuierung der Möglichkeit eines friedlichen Übergangs zu einer sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung – den linken Flügel dieses demokratischen Spektrums aus. Sie können freilich als ‚radikal’ bezeichnet werden, nämlich bis an die Wurzeln gehend, indem sie die bloß staatliche Demokratisierung durch eine sozialistische Gesellschaftsordnung zu ergänzen oder zu verbessern trachten.

Dass der eventuelle revolutionäre Übergang einen Legalitätsbruch darstellen würde, bedarf keiner näheren Erläuterung. Auch ist hier – ungeachtet so interessanter, einschlägiger Auffassungen, wie wir sie in ‚Populorum progressio’ finden – nicht zu erörtern, ob und wann dieser Legalitätsbruch doch legitimiert sein könnte, weil die Frage sich ausweislich der bekannten westeuropäischen und KPD-Programmatik gegenwärtig und sicherlich für sehr lange Zeit nicht stellt. Mir als einem dezidierten, nichtkommunistischen Demokraten sei übrigens hier am Rande nur die Bemerkung gestattet, dass es im Jahre 1933 der KPD und der deutschen Demokratie vielleicht bekömmlicher gewesen wäre, wenn auch diese Partei beizeiten neben größerer Kooperationsfähigkeit außer dem pathetischen Wort etwas mehr von der revolutionären Aktion gekannt hätte.

Das Pendant zum Kommunismus ist auf dem rechten Flügel des tradierten Spektrums der bürgerlichen Demokratie der Konservativismus und nicht etwa die gemeinhin mit ‚Rechtsradikalismus’ etikettierte reaktionäre und faschistische Perversion, die vielmehr außerhalb des demokratischen Spektrums steht. Dem deutschen Nazismus kommt hier zweifellos ein – unter grauenhaften Menschenopfern erbrachtes – Verdienst zu, das Verdienst, durch letztstufige Primitivierung und Barbarisierung die Grundstrukturen des Faschismus von allen Verschleierungen, von allen dekorativen Schönungen befreit und zugleich – sozusagen in einer historischen Sekunde zusammengerafft – dargetan zu haben, dass und wie der Abbau demokratischer Institutionen auf der Grundlage einer undemokratischen Bewusstseinsbildung breiter Volksschichten zu jenem faschistischen Despotismus hinführt.” (W. Abendroth, H. Ridder, O. Schönfeldt (Hrsg.), KPD-Verbot oder Mit Kommunisten leben?, Reinbek 1968, S.61 f.)

Ridder formuliert die Position, weshalb die bürgerliche Demokratie die legale Kommunistische Partei braucht (so wie es sie im Übrigen in Frankreich und England und auch in den USA gibt) und weshalb das KPD-Verbot aufgehoben werden muss, das die Legalität auch von „Nachfolgeorganisationen“ wie ein Damokles-Schwert bedroht, gleichgültig ob sie sich „zahm“ oder besonders radikal geben:

– Ohne eine legale KP kann alles, was das Bestehende in Frage stellt, als kommunistisch diffamiert werden.

– Die Kommunisten und ihre KPD repräsentieren den linken Flügel der neuzeitlichen demokratischen Verfassungsordnungen.

– Die Kommunisten haben das Recht, über eine bloß formale staatliche Demokratie hinaus nach einer sozialistischen Gesellschaftsordnung zu streben (die zunächst durch die Beseitigung des Privateigentums an den Produktionsmitteln die materielle Grundlage für eine lebendige von den Massen getragene Demokratie legt; mit der Schaffung der Voraussetzungen zur Überwindung der Klassen danach strebt, jeden Staat, und damit auch einen demokratischen Staat überflüssig zu machen. An die Stelle von Unterordnung der Minderheit unter die Mehrheit, tritt die Leitung von Produktionsprozessen und die Verwaltung von Sachen - Corell)

– Die Nazis stehen selbstverständlich außerhalb des demokratischen Spektrums. Das hat Ridder, der grundsätzlich gegen Parteienverbot nach Art. 21 GG eingetreten ist, auch unterstrichen, als er 2001 das Verbot der NPD befürwortete. Nach seiner Ansicht bestehe allerdings der eigentliche Skandal darin, dass Staat und Gesellschaft der BRD das Gedankengut der Nazis duldeten, beförderten und es wieder organisatorische Strukturen finden könne.

So spricht ein aufrechter bürgerlicher, nichtkommunistischer Demokrat, der darüber hinaus offenbar Sympathien mit revolutionären Aktionen signalisiert, die vor 1933 den Machtantritt der Faschisten verhindert hätten.

Auch die Arbeiterklasse und die Kommunisten verteidigen die bürgerliche Demokratie gegen den Faschismus. Sie wissen, dass je größer die Rechte und Freiheiten für die Werktätigen, desto deutlicher wird, dass Armut und Elend, Abstumpfung und Brutalisierung nicht von fehlenden Rechten, sondern von der Ausbeutung aufgrund der kapitalistischen Eigentumsverhältnissen, vom Privateigentum an den Produktionsmitteln kommen. Aus leidvoller Erfahrung wissen wir, dass der Sieg des Faschismus die Freiheit zum höchsten Gut werden lässt, hinter dem der Kampf gegen die Ausbeutung zurücktritt.

Wir wissen aber auch, dass die bürgerliche Demokratie die „beste Hülle“(F. Engels) für die Diktatur des Finanzkapitals ist. Dass die formale Gleichheit nur dazu dient, Arm und Reich gleichermaßen zu verbieten, „unter den Brücken zu schlafen“. Deswegen verteidigen wir die bürgerliche Demokratie, um über sie hinauszukommen, zur Diktatur des Proletariats über die Ausbeuter, die sich nur halten kann, wenn für die Arbeiterklasse und alle Werktätigen breiteste Demokratie herrscht und so die Massen ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen können.

„Weg mit dem KPD-Verbot“ muss deshalb wieder die Forderung aller demokratischen Kräfte in unserem Land werden. Der Wiederaufbau der marxistisch-leninistischen KPD, das ist heute die Aufgabe der Arbeiterklasse!

In Teil 2 werden wir auf die Versuche eingehen, das KPD-Verbot zu bekämpfen und der Arbeiterklasse wieder ihre Vorhut zu schaffen.

1 Und darin stand Wilhelm Pieck auf dem Boden der Beschlüsse der Kommunistischen Internationale, s. Kasten S. 8

2 1946 hatten sie den im Osten vollzogenen Zusammenschluss von KPD und SPD zur SED verboten.

3 Die IG Farben waren bekanntlich die Produzenten von Zyklon B und hatten mit Hilfe von Häftlingen das Buna-Werk in Auschwitz-Monowitz errichtet.

4 Als der deutsche Imperialismus auf dem Gebiet wiedererstanden war und zunehmend wieder Eigenständigkeit gewann, ging der Kampf um ein freies, einiges und sozialistisches Deutschland.

5 Zwölf Jahre zog sich die gerichtliche Überprüfung des Verbots der VVN hin. 1963 musste es dann aufgehoben werden.

6 Vgl. auch Schubert, Karl-Heinz, 25 Jahre KPD-Verbot Streiflichter des Kalten Krieges in: blz 10/1981, S. 22f

7 Helmut Ridder, Jahrgang 1919, aus katholischem Elternhaus war Professor für Öffentliches Recht und die Wissenschaft von der Politik der Universität Gießen, Doktor der Jurisprudenz und Ehrendoktor der Universität Lódz Helmut Ridder. Von 1967 bis 1972 war er der Erste Vorsitzende der Deutsch-Polnischen Gesellschaft der BRD e.V

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