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Vier Varianten der deutschen Russlandpolitik

Das große Kathago führte drei Kriege

Es war noch mächtig nach dem ersten

Es war noch bewohnbar nach dem zweiten

Es war nicht mehr auffindbar nach dem dritten.

Bertolt Brecht

Im Zeitalter des Imperialismus geht es stets darum, die Welt neu aufzuteilen, sich Rohstoffe sowie Absatzmärkte zu sichern und Arbeitskräfte möglichst billig auszubeuten, kurz: um Maximalprofite. Dies geschah in diesem Jahrhundert von deutscher Seite aus zuweilen im Rahmen von Bündnissen mit imperialistischen Konkurrenten, die allerdings nur jeweilige taktische Bedeutung hatten. Erinnert sei an dieser Stelle an das Münchner Abkommen, bei dem England, Frankreich und Italien Deutschland die Tschechoslowakei ausgeliefert haben mit der Maßgabe, es möge möglichst bald die Sowjetunion angreifen. Doch dieses Bündnis hat der deutsche Imperialismus mit einem Angriff zunächst gegen Frankreich beantwortet.

Doch so etwas ist lange her, heißt es in politischen Diskussionen, die deutsche Außenpolitik habe gelernt und zudem eine stabile Demokratie aufgebaut. Außerdem stellen Globalisierung und internationale Verflechtung von Kapital die neuen Raster der internationalen Politik dar und zudem ist Deutschland zu schwach, um irgendjemanden militärisch herauszufordern.

Imperialismus – das ist heute etwas anderes, das geschieht international, ja sogar unter Absprachen und Arbeitsteilung.

Der gute Marx hatte für seine Zeit Recht, gleiches gilt auch für Lenin, doch heute sehe die Welt anders aus, schließlich gebe es ja die Atombombe!

Erschreckend ist die vermehrt auftretende These, dass beispielsweise der Jugos-lawienkrieg eine Sache der Amerikaner war; eine Verdrehung, die der Regierung genauso schmeckt wie dem Kapital und seinen rechten Vorposten.

Dennoch sind solche Argumente trotz des von deutscher Seite provozierten Überfalls auf Jugoslawien vermehrt zu hören.

Erkennbar sind hinsichtlich deutscher Südosteuropa-, und damit auch Russlandpolitik mehrere Taktiken, nach denen gleichzeitig gehandelt wird, die in sich widersprüchlich erscheinen, jedoch einen gemeinsamen Zweck verfolgen; Sicherung von Maximalprofiten.

Der Krieg Russlands gegen Tschetschenien reibt Russland nach der Zerschlagung des Sozialismus immer mehr von innen her auf. Während die USA Russland auffordert, den Krieg zu beenden, verhält sich die deutsche Außenpolitik zu diesem Thema zeitweise sehr gelassen; Russland sei strategisch von außerordentlicher Bedeutung, lässt Fischer verlauten, während er alle Handelsblockaden, wie gegen Jugoslawien, ablehnt. Doch wie stehen wir zum Tschetschenienkrieg? Sollen wir Russ-land, ähnlich wie Jugoslawien, unterstützen, also gegen einen Zerfall des Zentralstaates sein, oder Tschetschenien unterstützen im Namen des Selbstbestimmungsrechtes der Völker?

Die Frage so zu beantworten, scheint unmöglich, denn dieser Krieg gibt Anlass zur Aufdeckung der Verkettung mehrerer innerer Widersprüche im Lager der imperialistischen Mächte, wobei die deutsche Herangehensweise die gefährlichste ist.

Gegen die USA und gegen Russland

In dieser ersten aufgezeigten Variante geht es um ganz normalen Kapitalexport, der allerdings einen wesentlichen Schritt zur Neuaufteilung der Welt darstellt und in Lenins Imperialismustheorie eine entscheidende Rolle spielt. „Die Kapitalisten teilen die Welt nicht etwa aus besonderer Bosheit unter sich auf, sondern weil die erreichte Stufe der Konzentration sie zwingt, diesen Weg zu beschreiten, um Profite zu erzielen; dabei wird die Teilung ,nach dem Kapital, ,nach der Macht’ vorgenommen – eine andere Methode der Teilung kann es im System der Warenproduktion und des Kapitalismus nicht geben. Die Macht wechselt aber mit der ökonomischen und politischen Entwicklung; um zu begreifen, was vor sich geht, muss man wissen, welche Fragen durch Machtverschiebungen entschieden werden; ob diese Verschiebungen nun ,rein’ ökonomischer Natur oder außerökonomischer (z.B. militärischer) Art sind, ist eine nebensächliche Frage, die an den grundlegenden Anschauungen über die jüngste Epoche des Kapitalismus nichts zu ändern vermag.[1]

Um beispielsweise an die für den Imperialismus notwendigen Rohstoffe heranzukommen, bedient sich die deutsche Wirtschaft zunächst rein ökonomischer Methoden. Die Ruhrgas AG, ein deutscher Rohstoffkonzern mit Sitz in Essen, kauft sich direkt in die Rohstoffbasis ein und erhofft sich gleichzeitig volles Mitsprachrecht in der Politik der russischen Gazprom, dem größten Energiekonzern des Landes.

Während die USA Anfang 1999 für einen Schuldenerlass gegenüber Russland eintraten, war der deutsche Imperialismus strikt dagegen. Er wollte die Schulden nur gegen die angestrebte Ruhrgasbeteiligung von 8% kompensieren! (Vgl. Handelsblatt, (HB) 20./21.2.99)

Das würde der Ruhrgas einen Direktoratssitz bei Gazprom, und damit direktes Mitspracherecht in der Energiepolitik, garantieren. Bisher gehören durch bloße Kapitalinvestition zunächst 2,5%, wobei der Preis von 600 Millionen als Schnäppchen bezeichnet wird. Später kam man auf 4%. Doch konnte man bisher auf friedlichem Wege die für das Direktorat notwendigen 8% nicht erreichen.

Auch die BASF-Tochter Wintershall (vormals IG Farben- siehe Kasten) holt eigenhändig zum Schlag aus: „Es sind milliardenhohe Investitionen in diesem Joint Venture für die Exploration und Förderung von Kohlenwasserstoffen in Russland vorgesehen.“ (HB, 14.4.99) In einem Gespräch mit dem HB vom 30.6.99 erklärt Herbert Detharding, Vorstandsvorsitzender der Wintershall, dass er eine andere Strategie fahre, nämlich der des Joint-Venture. In diesem Zusammenhang ist das Unternehmen Wingas entstanden, ein gemeinsames Produkt der Wintershall und Gazprom.

Doch neben der aufgezeigten Methode der Gewinnmaximierung finden sich noch die ökonomisch-militärischen Optionen, die in dreierlei Gestalt auftreten.

Bündnis mit den USA – Drohung gegen Russland

Wie oft hört man, dass die Amerikaner die Europäer in etwas hineingezogen hätten, dass die Bombardierung Jugoslawiens so „gar nicht unserem deutschen Geschmack“ entspräche, die NATO lediglich ein Instrument des US-Imperialismus sei, der unipolar die Welt unterdrücke...

Diese Argumentation geht weit an der Realität vorbei; ist doch die NATO das Pferd, auf dem gerade der deutsche Imperialismus gegen (Süd)- Osten reitet!

Wie deutsche Regierungen und Geheimdienste faktisch die Abspaltung des Kosovo erwirkt haben, das völkerrechtlich eindeutig zu Serbien gehört, ist bekannt: „Seit 1990 pflegt die Bundesregierung gute Beziehungen zu den albanischen Geheimdienstlern. Militärische Ausrüstung im Wert von 2 Millionen Mark wurde ins albanische Krisengebiet gesandt. Die Militärgüter seien zum Teil an die Rebellenarmee UCK gelangt.[2]

Auch Wolfgang Schäuble bilanziert, dass die Amerikaner nicht sehr interessiert daran waren, sich auf dem Balkan zu engagieren und von den Europäern gedrängt wurden.[3] Ganz in diesem Sinne schreibt die FAZ am 10.5.99 bezüglich der WEU-Tagung in Bremen: „Noch habe keine Einigkeit über die Frage hergestellt werden können, ob europäische Kriseneinsätze auch ohne Rückgriff auf NATO-Kapazitäten in Erwägung gezogen werden.

Die Frage, wer wen in den Krieg hineingezogen hat, dürfte doch wohl entschieden sein.

Doch bezüglich der Russlandpolitik geht es dem deutschen Imperialismus nicht nur um den Einsatz oder die Erweiterung der NATO, sondern um ihr Drohpotential.

Schließt man auf der einen Seite strategische Abkommen mit Russland, droht man ihm auf der anderen Seite mit der Amputation von Teilen seines Territioriums , z.B. Kaliningrad. Der politische Gebietsleiter Gorbenko, resümiert das Handelsblatt am 8.6.99, „muss darauf achten, den von Moskau gesteckten Rahmen nicht zu verlassen. (...) Er weiß aber auch, ...dass Kaliningrad bald noch stärker in den Sog der Erweiterung von EU und NATO geraten wird und er bei der Bewältigung der daraus resultierenden Probleme kaum auf vernünftige Hilfe aus Moskau rechnen kann.“ Schließlich heißt es größenwahnsinnig: „Die EU wiederum kann kann sich Kaliningrad als ‘schwarzes Loch’ innerhalb des eigenen Gebietes kaum leisten.“

Der Sog der EU ist beispielsweise die in den neunziger Jahren eingerichtete Freihandelszone, die deutschen Unternehmen Steuerfreiheit garantiert und darüber hinaus die Provinz in die ökonomische Abhängigkeit treibt.

Der Sog der EU ist beispielsweise das von Stoiber eingeweihte BMW-Werk in Kaliningrad, mit einem Stundenlohn für die Arbeiter von nicht mal einer DM.

Der Sog der EU ist eine Überschuldungspolitik, auf Grund derer der Internationale Währungsfonds (IWF) Russland auffordert, seine Auslandsbanken zu verkaufen. (HB, 3.11.99) Von den 171,1 Mrd Dollar Gesamtschulden entfallen im Mai 1998 50% (!) auf deutsche Gläubiger.[4] Um die noch aufzubringenden 800 Millionen Dollar Zinsen für das Jahr 1999 aus Russ-land herauszupressen, verlangte man die Abgabe der russischen Auslandsbanken. Hierbei geht es um die Moscow Narodny Bank in London, die Euro Bank in Paris, um nur die größten zu nennen. Nach beab-sichtigtem Aufsaugen der entsprechenden Vermögensanteile der russischen Banken wird Russland jetzt faktisch aufgefordert, Territorium abzutreten.

Antiamerikanismus und Bündnis mit Russland

Während sich Deutschlands Ökonomie nicht nur in Russlands Westgrenzen festfrisst, gibt sie sich harmlos, sammelt ihe Schäfchen um sich, um gegen den US-Imperialismus zu rüsten. Bemerkenswert ist, dass sich zu der bisher starken antijugos-lawischen Propaganda eine stetige antiamerikanische in der deutschen Medienlandschaft hinzugesellt. So schreibt der Spiegel in der Ausgabe 52/99: „Wer sollte denn verhindern, dass auch das 21. Jahrhundert ein ,amerikanisches Jahrhundert’ wird? Russland? Nur wenn das kranke Riesenreich eine unerwartete Renaissance erfährt. China? Noch nicht. Europa? Schon eher, wenn sich der alte Kontinent zusammenraufen könnte.[5]

Doch was der Kontinent ist, bleibt Auslegungssache. Das Handelsblatt vom 8./9.5. fordert: „ein stabiles demokratisches und wirtschaftlich gesundes Russland, fest vereinigt in einem Europa ohne Trennungslinien.“ Eine „strategische Partnerschaft (mit Russland) soll ihren Ausdruck in einem ständigen außen- und sicherheitspolitischen Dialog finden. [...] Als gemeinsame Herausforderungen nennt das Strategiepapier der EU die Energiepolitik einschließlich der nuklaren Sicherheit“, heißt es in demselben Artikel. Das klingt wenig beruhigend, zumal die frisch gebackene Daimler-Chrysler Aerospace die russische Mig 29, mit denen auch Österreich beliefert wird, vertraglich auf NATO-Standard bringen will. (vgl. HB vom 19.8.99)

Sollte ein Europa ohne Trennungslinien (!) mit einem wirtschaftlich stabilen Russland bis an die amerikanische Grenze bei Alaska vorgerückt sein, verspricht man sich ein indirektes Bündnis mit China, das mit Russland einen „gemeinsame(n) Aufbau eines Raketenabwehrsystems gegen die USA nicht mehr ausgeschlossen hat.“ (HB, 19.1.2000)

Autonome russische Republiken als Werkzeug gegen Russland

Ökonomische Sezession am Beispiel Baschkirija

Fordert die hiesige Monopolbourgeoisie auf der einen Seite ein für ihre Zwecke starkes und einheitliches Russland, unterstützt es auf der anderen Seite die Sezessionen. Es ist halt wurscht, wie man an Rohstoffe, billige Arbeitskräfte und Märkte herankommt.

Hierbei bedient er sich der üblichen Rassenhetze mit der nötigen Portion Hofierung des sonst so gefürchteten islamischen Fundamentalismus. Hier tritt wieder die Widersprüchlichkeit des deutschen Imperialismus auf; ist man auf der einen Seite an einem wirtschaftlich starken Russland interessiert, presst man gleichzeitig Geld- und Energieressourcen heraus, um die schnelle Mark zu machen. In dem Artikel Sprengsatz für den russischen Staat schreibt das Handelsblatt am 13.9.99: „Die russische Politik hat keine Antwort auf die immer größer werdenden Probleme, die sich aus der von Stalin erzwungenen Völkermischung ergeben.

Was empfiehlt selbiger Völkerkundler weiter? „Den Menschen dort bleibt nur noch der islamische Fundamentalismus als letzte Hoffnung.

Ist der islamische Fundamentalismus, den man aus dem Zylinder zieht, die letzte Hoffnung der Menschen oder des deutschen Kapitals? Schauen wir uns ein aufschlussreiches Papier der Bundeswehr an, das im Oktober 1998, ein halbes Jahr vor der Bombardierung Jugoslawiens, entwickelt wurde:

Der Einsatz militärischer Kräfte der Nato im Kosovo wiederum ohne Legitimation durch den UN-Sicherheitsrat und auf Grund eines Mandats, das sich die Nato auf Basis einer von ihr definierten Unsicherheitslage und dabei zu treffender militärischer Maßnahmen selbst erteile, wird als Präzedenzfall für mögliche zukünftige Einsätze im unmittelbaren Vorfeld Russlands gewertet, etwa im Kaukasus unter Nutzung ethnischer Konflikte und zwischenstaatlicher Querelen, wo in der Auseinandersetzung um die Erölressourcen in der kaspischen Region und den Nießbrauch bzw. die Verlegung von Pipelines ein heftiger Konkurrenzkampf zwischen westlichen und russischen Ölkonzernen bzw. Washington und Moskau im Kontext strategischer Interessen entbrannt ist.[6]

„Der Westen“ schrumpft plötzlich auf Washington zusammen. Was die Bundeswehr an dieser Stelle (noch) verschweigt, plaudert das Handelsblatt locker vom Hocker vor deutschen Kapitalanlegern am 14.4. 99 aus: „In wichtigen anderen Förderregionen der Welt befinden sich attraktive Öl- und Gasvorräte weitgehend in der Hand internationaler Energiekonzerne mit Sitz in den USA, Großbritannien, Frankreich und Italien. Deutsche Energieunternehmer sind nicht zuletzt durch politische Eigentumsverluste nach den Weltkriegen ins Hintertreffen geraten. Seit dem politischen Tauwetter in Osteuropa werden aber Energietrümpfe neu verteilt.[7] Dieses Zitat lohnt, wiederholt zu werden. Wer verteilt denn da was? Wer setzt denn da stramm deutsch auf Nationalstaat? Wer spürt denn da eine Konkurrenz? Wer bringt Ökonomie und Weltkrieg in einen Zusammenhang?

Nicht etwa durchgeknallte linke Verschwörungstheoretiker, sondern die Presse der Monopolbourgeoisie selbst!

Nicht seine Stärke macht den deutschen Imperialismus so gefährlich, sondern seine relative Schwäche, sein altes Problem, bei der ersten Aufteilung der Welt zu spät gekommen zu sein.

Dass die deutsche Außenpoltik sowohl gegen Russland als auch gegen Amerika, (nicht zu vergessen Italien, Frankreich und England) pokert, wechselstromartig mal gegen jenen polemisiert und jenen hofiert, hängt einfach davon ab, wovon sie sich gerade mehr verspricht.

Die Zeitschrift Ost-West-Kontakt, ebenfalls ein Kapitalistenblättchen, vollgespickt mit Werbeanzeigen deutscher Großkonzerne, stellt in der Ausgabe 4/1999 die Frage: „Baschkirija: Eine Alternative zum Zentrum?“

In dem Artikel heißt es, dass diese autonome russische Ölrepublik ein eigenes Gesetz über ausländische Investitionen, ein Gesetz über internationale Verträge und ein eigenes Gesetz über die staatliche Regulierung der Außenhandelstätigkeit hat. Der deutsche Imperialismus, vertreten durch Deutsche Bank, Berliner Bank, Sächsische Landesbank, Bayerische Landesbank, kontrolliert allein über die Sächsische Landesbank mit einem Kreditrahmen von 100 Millionen Dollar fast ein Zehntel des Jahresumfanges des baschkirischen Außenhandels, der 1998 1,5 Mrd. Dollar betrug. Über den Kapitalexport der anderen Banken liegen uns keine Zahlen vor, doch dass diese kaum private Überziehungskredite bewilligen, dürfte auf der Hand liegen. Die autonome Republik nimmt Kredite bei deutschen Banken auf, um deutsche Maschinen und Anlagen kaufen zu können. Schließlich sind die Zinsen so hoch, dass die Entwicklung einer unabhängigen Ökonomie des Landes unmöglich gemacht wird. Ist es angesichts dieser Raubpolitik verwunderlich, wenn in den Teilrepubliken auf Grund bevorzugter Investitionen gegenüber dem Mutterland, also dem Zentrum, der Wunsch nach Abspaltung laut wird?

Um ihre Pfründe zu sichern, werden die Schreiber der deutschen Profiteure wieder kommentieren können: „Um sich aus dem stalinschen Völkergefängnis zu befreien, bleibt den Menschen nur der islamische Fundamentalismus!“

Das also heißt deutscher Imperialismus auch in jüngster Zeit: auf der Jagd nach Weltherrschaft spielt Aman die Völker Russlands sowohl gegeneinander als auch gegen die USA aus, schließt mit dem einen alle möglichen militärischen Bündnisse, um dem anderen potentiell drohen zu können.

Wir wissen, dass der deutsche Imperialismus in seiner kaiserlichen und hitlerischen Version für das deutsche Monopolkapital unter Verlust von insgesamt 80 Millionen Menschen (was der jetzigen Bevölkerungszahl Deutschlands entspricht) zweimal gescheitert ist.

Ein dritter Versuch mit uns – Nein!

Ivan

1 Lenin, Der Imperialismus, das höchste Stadium des Kapitalismus. Werke, Bd. 22, S. 257.

2 Monitor, zitiert nach: Jürgen Elsässer, Brandstifter Deutschland, Von Dayton über Rambouillet zur Berliner Balkankonferenz. In: Nie wieder Krieg ohne uns, Hamburg 1999, S.53

3 Ebd., S. 50

4 Nie wieder Krieg ohne uns, S.106

5 Bemerkenswert ist der Bezug auf das ganze letzte Jahrhundert. Im Verlauf des Artikels wird auf den ersten Weltkrieg als Antiamerikakrieg hingewiesen. Dass der Hitlerfaschismus ebenfalls gescheitert ist, wird implizit als Tragödie angedeutet.

6 Institut für internationale Politik an der Bundeswehruniversität Hamburg, August 1998. Zitiert nach: Jürgen Elsässer: Der dritte Weltkrieg, Von der Balkanintervention zur Weltwährungsschlacht. In: Nie wieder Krieg ohne uns.

7 Vgl. KAZ, Nr. 294, S. 15

Die Wintershall AG schreibt Kriegs-Geschichte mit

(einige Informationen aus ihrer faschistischen Vergangenheit)

Im Stahltrust, im Aufsichtsrat von Flick, Hoesch, Mannesmann, Klöckner, Stinnes, Wintershall usw. waren die beiden größten deutschen Pivatbanken, Deutsche Bank und Dresdner Bank (!), vertreten: die letztere hatte auch einen Repräsentanten bei Krupp. Umgekehrt traten die Chefs der genannten Konzerne in die Aufsichtsräte der beiden genannten Banken ein, eine schlagende Widerlegung der von den Naziführern konstruierten Trennung von Bank- und Industriekapital, die einzig den Zweck hatte, Antisemitismus zu schüren. Untersuchungsbeamte der amerikanischen Militärregierung stellten fest, dass 54 Aufsichtsräte und Direktoren der Deutschen Bank 1943 insgesamt 707 Aufsichtsrat- und Direktorenposten in industriellen Unternehmungen bekleideten, während 34 Aufsichtsräte und Direktoren der Dresdner Bank über nicht weniger als 454 Aufsichtsratssitze in anderen privaten Wirtschaftsunternehmungen verfügten.

Ungeachtet der Konkurrenz auf bestimmtem Gebieten stand der Chemietrust IG Farben in engem Verhältnis zu leitenden Montankonzernen, mit denen zusammen er eine Reihe Aktiengesellschaften zur Verwertung von Kohle- und chemischen Produkten besaß. Während der Hitlerära wurde die Kooperation wischen diesen beiden ausschlaggebenden Gruppen der deutschen Industrie noch enger infolge der großen organisierten Herstellung von Treibstoff aus Braunkohle. Die zu diesem Zweck 1934 gegründete Braunkohle-Benzin-AG (100 Millionen Mark Kapital) war ein gemeinsames Unternehmen des Stahltrusts, Flicks, des Schaffgotsch-Konzerns Wintershall und des IG-Farben-Trusts unter Beteiligung des Nazistaates. Die für die Kriegführung entscheidend wichtige künstliche Ölproduktion wurde so von der Koalition IG-Farben-Montan-Konzerne-Nazibürokratie beherrscht.

Die für Sprengstoff und Landwirtschaft wichtige Kaliproduktion befand sich in den Händen einiger Konzerne. Der Wintershall Konzern allein monopolisierte etwa die Hälfte der deutschen Kalierzeugung.

Nach Aussagen des Bankiers Kurt Freiherr v. Schröder (Aussage unter Eid vom 5.12.45) sammelte Wilhelm Keppler, einer der Wirtschaftsberater Hitlers, eine Gruppe von Geschäftsleuten und Bankiers. Das geschah vor der Machtübertragung. Diese Gruppe einigte sich zum Einen darauf, „das ganze Industrie- und Finanzwesen in Deutschland nach dem Führerprinzip zu organisieren“. Um 1935-1936 wurde Himmler der „Protektor“ dieses Kreises. Die vertretenden Unternehmen oder Mitglieder des Kreises zahlten jedes Jahr bis 1944 rund 1Mio Mark auf das Sonderkonto S der Bank Steins (an der Schröder beteiligt war). Unter den Mitgliedern wieder Wintershall, vertreten durch Rostberg und Schmidt, außer dem noch Vertreter der Dresdner Bank, der Commerzbank, der Deutschen Bank, der Boschwerke, der IG-Farben.

Allein bis 1939 verdoppelten sich die Profite der Monopole und Banken. Während des Raubzuges durch Europa war die Wintershall an der „Kontinentale Öl AG“ beteiligt und bereicherte sich an polnischem, rumänischem und russischem Öl.[1]

So weit zur Konzerngeschichte. In einem Artikel der FAZ vom 23.3.mit der Überschrift, Für Wintershall beginnt die ,Zeit der Ernte’ wird aufgezeigt, dass die Wingas zu 65% Wintershall und zu 35% zu Gasprom gehört. Von den Konzerngewinnen wurden im letzten Jahr 1,17 Milliarden an die BASF abgeführt. Der Vorstandsvorsitzende Detharding stolz: „Wir werden exakt so weiter wachsen wie bisher. Die anderen werden Schwierigkeiten bekommen. Wir sind schon voll liberalisiert, was die anderen noch erreichen müssen, indem sie ihre Kostenstrukturen auf den Wettbewerb ausrichten.“

Voll liberalisiert- hier eine andere Seite der Bilanz:

„Einer Studie des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) zufolge starben von 1989 bis 1993 mehr als 800.00 Osteuropäer durch die Auswirkungen der sozialen Krise. Die Todesrate in den untersuchten Ländern Albanien, Bulgarien, Tschechische Republik, Slowakei, Ungarn, Polen, Rumänien, Russland und der Ukraine sei so hoch wie sonst nur zu Kriegszeiten.“ Die ,Armutskrankheiten’ Tuberkulose und Diphterie seien teilweise um das 50fache angestiegen (...).“[2]

Der Vollständigkeit halber seien noch ein paar Worte zur Ruhrgas AG genannt. Dieser Konzern mit Beteiligungen der Gelsenberg AG, der Bergemann GmbH, Essen, der RAG, Mannesmann, Thyssen Krupp AG, Deutsche Shell AG u.a. mit Vorstandsbezügen von 9,6 Millionen Mark in einem Jahr lässt eine ähnliche Konzernverflechtung erkennen wie oben aufgezeigt. Das 1926 gegründete größte Erdgas-Importunternehmen der Welt, so der zynische Kommentar, „markierte 1938(!) den Beginn des industriellen Gaszeitalters in Deutschland.“[3]

1 Alle Informationen aus: Albert Norden, Lehren deutscher Geschichte, Berlin 1947.

2 Peter Kratz, Neokonservatismus in der SPD, 1995, Berlin, S. 64.

3 Vgl. Wem gehört die Republik, 1999.

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