Seit je bereitet es der Politik in den imperialistischen Metropolen Probleme, dass neben dem ungeheuren Reichtum, der aus dem kolonial unterdrückten Rest der Welt fließt, auch dessen Menschen, denen nichts geblieben ist, in diese Metropolen drängen, meist um des puren Überlebens willen.
Doch seit einigen Wochen wird uns von der neuen Regierung eine echte Lösung aus dem Desaster präsentiert. Die sozialdemokratische Führung hat den Internationalismus wieder für sich entdeckt. Jung und dynamisch kommt er daher, der Internationalismus der „Neuen Mitte“, fern von den so gefürchteten Dogmen umschlingt er die Millionen, die da kommen wollen. Da bekanntlich Innovation und Moderne aus der Neuen Welt, den USA kommen, hat man die vormalige Arbeiterlaubnis flugs in „green card“ umbenannt. Denn schließlich sind sie keine Spießer und in der Zeit größter Not wissen sie auch um Hilfe zu bitten, also angesichts des allgemeinen Computerstaus neue „Gastarbeiter“ anzuwerben. Also seid umschlungen ihr Millionen. Einig für den freien Wettbewerb.
Spätestens seit dem Jugoslawienkrieg vor einem Jahr, wird offensichtlich, dass der deutsche Imperialismus wieder dazu bereit ist, auch mit militärischen Mitteln seine aggressive Politik durchzusetzen.
Wie aber reagiert die deutsche sozialdemokratische Führung, nun endlich wieder an der Regierung, innenpolitisch auf die territorialen Gelüste des deutschen Imperialismus? Kämpft man dafür, dass die Bundeswehr zu Hause bleibt? Kämpft sie dafür, dass Antikriegs-Zeitungen durch Finanzspritzen unterstützt werden, um damit die Pressefreiheit zu bewahren? Wird die Arbeiterklasse mit größeren demokratischen Eingreifmöglichkeiten ausgestattet, indem der große, noch immer rechtlose Teil, die Immigranten, mit den vollen Bürgerrechten ausgestattet wird?
Nein! Die sozialdemokratische Führung richtet sich willig nach den außenpolitischen Expansionsgelüsten.
Statt zu Streiks und Demonstrationen aufzurufen zum Schutz der ausländischen Kollegen, gegen den von der CSU/CDU- Unterschriftenaktion (im Herbst 1998) entfesselten faschistischen Mob auf der Straße, gibt die neue sozial-grüne Regierung klein bei und zerstört damit erstmals die Hoffnung auf eine „neue Politik“. Einer Politik, die sich gegen Rassismus und Chauvinismus richtet, wie sie von Hunderttausenden von Demokraten, z.B. bei Aktionen des Erfurter Appells gefordert wurden.
Nein, sie schafft es sogar, dass das bestehende reaktionäre preußisch-jünkerliche Gesetz sogar noch reaktionärer wird. Ein Gesetz von 1913, gegen das Karl Liebknecht, damals noch unter dem Applaus seiner sozialdemokratischen Kollegen, im Reichstag polemisierte. Ein Gesetz, das den Erhalt voller Bürgerrechte in Deutschland zu einer Sache des Blutes und nicht des Territoriums machte.
Wer also z.B. nach 1945 als Flüchtling aus Schlesien kam und mittels des Ahnenpasses der Nazis die inzestuöse Vermehrung innerhalb des einen deutschen Stammes gewissenhaft nachweisen konnte, hatte nicht nur gute Chancen in den Staatsdienst aufgenommen zu werden, sondern seine noch in Polen lebenden Anverwandten hatten bei Problemen mit polnischen Behörden zugesicherten Schutz durch deutsche Staatsgewalt auch weit über bisher bestehendes deutsches Territorium hinaus.
Heute, durch die neue sozial-grüne Regierung ist ein weiteres wichtiges Element des Deutschtums hinzugekommen: das Bekenntnis zur deutschen Identität. Und die hat man oder die hat man nicht. Wer sie aber wirklich hat, wird zur Feststellung getrost an unsere zuverlässigen deutschen Beamten weitergegeben. Ihre treuen Hände verteilen die Tickets für den Eintritt in die „Festung Europa“. Nach „ausgefeilten“ Tests, über Sprache, Bildung und Gesinnung stellt er die Plakette aus, die ein Ausländer braucht, um als guter Ausländer (Neudeutscher) zu gelten.
Während der Imperialismus sich in aller Welt austobt, indem er über nationale Grenzen fusioniert, rationalisiert, Menschen ins Elend treibt, seine Kulturlosigkeit und Anarchie auf dem ganzen Globus verteilt, während also der Imperialismus sich das Recht nimmt, Grenzen mehr und mehr zu ignorieren, reagiert die politische Elite mit Verbarrikadierung unserer Grenzen.
Je grenzenloser der Imperialismus agiert, desto größer werden die Massen der Elenden, die an seine Türe klopfen, um das nackte Überleben zu retten.
Und auch der deutsche Imperialismus nimmt sie gerne, sind sie doch noch unverbraucht, neues Konkurrenzpotential auf dem hart umkämpften Arbeitskräftemarkt.
Der Mensch, der im Kapitalismus nur noch Arbeitskraft, Kaufkraft ist. Der Mensch, der die Werte in dieser Welt schafft und dafür zum Wirtschaftsfaktor degradiert wurde. Als solcher soll er möglichst nichts kosten, ganz wirtschaftlich und ganz (Haut und Haar) verwertbar sein. Dazu gehört, dass man ihn heuern und feuern kann, ganz nach Bedarf, wie tausendfach im Betrieb erprobt. So wird durch das Blutrecht ein Wirtschaftsprinzip zur Staatspolitik. Gerade die Rechtlosigkeit unserer ausländischen Kollegen konserviert diesen Zustand, macht ihn zum Naturgesetz.
Je rechtloser, desto lieber, vor allem als man feststellen musste, dass die Einwanderer politisch aus einem revolutionäreren, aufmüpfigeren Holz geschnitzt sind als ihre deutschen Kollegen, gar in der ersten Reihe zu finden waren, wenn es z.B. ums Streiken ging. Also ganz schlechte Ausländer sein können.
Je rechtloser also, desto lieber, deshalb sind ihm die „Illegalen“ die Allerliebsten, wie der Blick auf so manche (alle?) Baustelle zeigt, denn die müssen sich mit jedem Lohn abfinden, vor allem dann, wenn die deutsche Gewerkschaft sie nicht zu „ihren Leuten“ zählt, nicht für sie verantwortlich ist.
Eine Rechtlosigkeit, die mehr und mehr rechtlich untermauert wird, erst mit Verschärfung von Ausländerrechten (durch Erleichterung von Abschiebekriterien), dann durch Aushebelung des Asylrechts, nach dem nur noch politisch genehme Flüchtlinge, auch Flüchtlinge bleiben dürfen.
Daneben wurden in den letzten Jahrzehnten, viele tausend Deutsche in anderer Leute Territorium gefunden, so genannte Aussiedler, die mit den Jahren zwar wenig Deutsch, aber umso mehr deutsche Identität hatten. Aber gerade die bröckelte an der deutschen Realität und so mancher der Jungen haben nichts mehr gemein mit der Unterwürfigkeit ihrer Eltern, oder wollten gar lieber zurück, wenn dort nicht schon die deutschen Heuschrecken fast alles Lebenswerte aufgefressen hätten.
Denn Imperialismus heißt für die unterdrückten Völkern nicht nur materielle Ausbeutung, sondern auch die Entrechtung, das politische Leben in die eigene Hand zu nehmen, alte Traditionen selbst zu überdenken. Einer Feuerwalze gleich macht er alles an Traditionen, Moralvorstellungen nieder, die den höheren Interessen des Profits entgegenstehen und kann nicht Neues, Erstrebenswertes an ihre Statt stellen. Bildung, Moral, die den Schlachtruf der „zivilisatorischen Wirkung“ seiner Kolonialpolitik rechtfertigen könnte. Nur Ödnis und Kulturlosigkeit kann er hinterlassen.
Durch die wachsende Konkurrenz untereinander, gerade darum, wer letztlich die Kulturlosigkeit auf diesem oder jenem Flecken Erde verteilen darf, treibt sie in die Kulturlosigkeit für die eigene Arbeiterklasse, die ja eh immer zu teuer ist. So bleibt nach langjähriger Pressung nur der Griff an die Substanz zur Einsparung bei den Reproduktionskosten der Arbeiter. Die Reproduktionskosten umfassen alles das, was eine Klasse braucht, um sich selbst als Klasse zu erhalten. Dies meint nicht nur so unmittelbare Dinge wie Wohnung, Nahrung, Kleidung, sondern auch die Erhaltung des Nachwuchses. Und damit dieser sich auch zu einem strammen Ausbeutungsobjekt bildet, braucht es Schulen, Lehrstellen, Universitäten etc. Und gerade hier sieht es in Deutschland im internationalen Vergleich besonders trübe aus.
Allerdings ergeben sich daraus auch für die Kapitalisten selbst Probleme, da trotz der Erfindung des Fließbandes und der Reduzierung des Menschen auf spezielle Handgriffe und Arbeitsbereiche die komplexe Welt nicht vor dem Fabriktor Halt macht. Das Begreifen von komplexen Zuständen wird nötig, um einfache Handgriffe auszuführen.
Gerade daran aber wird gespart, die eigene Kulturlosigkeit überfällt das Land. Wie aber reagiert die Sozialdemokratie auf die abgründige Ignoranz?
Man jammert über die Bildungsunwilligkeit an deutschen Schulen, erkennt an, dass auch die deutsche Industrie zu wenig für die Ausbildung getan hat. Deshalb wird jetzt von Staats wegen die Zukunft der deutschen Industrie gesichert. Man wildert in fremden Gehegen, diesmal ganz friedlich. Also in Ländern, die noch was von Kultur und Bildung in ihrer Bevölkerung halten.
So dürfen jetzt gute Ausländer, z.B. aus Indien, nach Deutschland, um sich hier ausbeuten zu lassen, ihr Know-how an ein so unterentwickeltes Land (wie das unsrige) abzugeben, und bekommen sage und schreibe fünf Jahre Zeit, die hiesige Industrie auf Zack zu bringen, um danach mit einem gut platzierten Arschtritt hinausbefördert zu werden. „Green Card“ heißt die dafür notwendige rechtsstaatliche Regelung, die aus den USA stammt, dort allerdings für unbestimmte Zeit gilt, warum dieses Land auch als entwickelter gelten darf.
Natürlich sollen diese grünen Karten (die eine kürzere Halbwertzeit haben als farblich selbiger Atomausstieg) nur dem Schutze der „eigenen Leute“ dienen, wie unser Kanzler versicherte (kurze Frage: wer will dazu wirklich gehören?). Dabei wird er auch kräftig von unserer Gewerkschaftsführung unterstützt, die mit dem Verweis auf die „gut bezahlten Spitzenkräfte“ hilft, gleich zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.
Erstens kann sie hier ihren schlappen Kampf für Lehrstellen (die so genannte 10%-Forderung) verschleiern, und so müssen hiesige Jugendliche zu noch mehr bereit sein, um voll der Gnaden eine Lehrstelle, noch dazu für mögliche Spitzenpositionen zu ergattern. Aber das ist schließlich die Schuld der ausländischen Konkurrenz, großkopferter, kulturloser Konkurrenz also.
Zweitens hat die Gewerkschaftsführung mal wieder zeigen können, dass sie es nicht mit jeder Spitzenposition treibt. Hurenehre nennt man so was.
So war man wieder hilfreich zu Diensten: Man hat die Kosten für Ausbildung etc. für das deutsche Kapital gleich Null gehalten, hat mit neuer Finte die Rechtlosigkeit der neu Angeworbenen erhalten, hat mit dem Geschwafel von „unseren Leuten“ gleich noch die Kollegen sozialverträglich aufeinander gehetzt.
Der geschürte Rassenhass, der Nationalismus, sie wollen vor allem eines erreichen: die hiesigen Arbeiter als privilegierte Arbeiter darstellen, denen es gegenüber unzähligen anderen Arbeitern (der Beispiele, wen wundert es, gibt es genügend) noch Gold geht.
Und in der Tat wir sind gegenüber den zahllosen Entrechteten, denen nichts als der Kampf ums pure Überleben geblieben ist, privilegiert.
Die Frage aber bleibt nicht, ob wir mit jenen darum rechten wollen, wer im größeren Elend sitzt, sondern ob wir für die Abschaffung dieser Privilegien sind, besonders im eigenen Land, damit keiner besser sei als der andere, keiner einer „Rasse“ Herr sei. Oder wollen wir diese Privilegien nutzen, uns eigene Sklaven zu kaufen, die für uns die Drecksarbeit erledigen, an denen wir unser Mütchen kühlen können? Wollen wir dann selbst zum Spiegelbild unserer Herren werden?
Nein, denn wer wird schon gerne des Wahnsinns fette Beute.
Deshalb unsere Minimalforderungen auf den Weg geschickt:
Wir dulden nicht weiter die rassistischen Sprüche dieser Regierung!
Gleiches Recht für alle!
Schluss mit Rassismus und Nationalismus, gleiche Bedingungen für den Verkauf der Arbeitskraft, gleich welcher Nationalität, gleich, ob aus Ost oder West!
Verbot und Bestrafung der Hetze gegen in Not geratene Arbeiter, aus welchem Land sie auch kommen!
Mindesteinkommen und offene Grenzen!
Arbeitsgruppe „Entwicklung der SPD“
Abschiebung eines Asylbewerbers im Flugzeug
Berlin Bahnhof Zoo: Ein polizeiwidriger Protest wird entfernt.