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Schwarz-Braunes aus Berlin/Brandenburg - Preußen

In der BRD gibt es eine Region, in die sich der „Spendensumpf“ nicht getraut hat. In dieser Region gibt es die meisten Morde, Überfälle und Anschläge auf ausländische Kollegen, Flüchtlinge und Antifaschisten. In diesem Eck der Republik eröffnet die NPD ihre neue Zentrale, ein Aufmarsch nach dem anderen findet dort statt. Der Verfassungsschutz kämpft gegen den „Linksextremismus“ und ausländische Kollegen werden von höchster Stelle angegriffen. Die Rede ist von Berlin und Brandenburg, wo sich manch einer wieder ein bisschen „Preußen“ wünschen würde.

Der Feind steht links

Auf diesen Nenner können sich einige Herren in Berlin und Brandenburg einigen.

Zum Beispiel der Wahlkampf 1995 für den Berliner Senat: Die Berliner CDU warb mit Plakaten, auf denen der Berliner Bär abgebildet war, darunter der Satz: „Bloß keine rot-grüne Laus im Pelz“ und „Wer Rot/Grün wählt, riskiert die Kommunisten“. Aber kein Grund zur Aufregung – handelte es sich doch nur um eine „Aufklärungskampagne über die Gefahr eines rot-grünen Linksbündnisses“, sagte CDU-Wahlkampfleiter Radunski[1]. Grüne, PDS, Kirchenverbände erinnerte das eher an „Goebbelsche Propaganda“ als an eine „Aufklärungskampagne“!

In den Verfassungsschutzberichten für Berlin und Brandenburg werden faschistische Überfälle geleugnet oder verharmlost. Im Land Brandenburg gab es in den vergangen zwei Jahren die meisten faschistischen Übergriffe auf ausländische Kollegen, Flüchtlinge und Antifaschisten. Dabei war die Zahl der Übergriffe drei Mal höher, als im Jahresabschlussbericht für 1999[2] von Innenminister Schönbohm[3] vorgestellt. Schön­bohm verweist aber in seinem Jahresabschlussbericht besonders auf die Zunahme „linksextremistischer Gewalttaten“ und fordert in diesem Zusammenhang ein neues Polizeigesetz für Brandenburg.[4]

Werthebach, jetziger Innensenator für Berlin, schlägt in genau dieselbe Kerbe, indem er sagte, dass „der Antifaschismus ein Vehikel für Gewalt“ sei. Gernot Klemm PDS-MdA „[stimmt es] bedenklich, dass die CDU in Anbetracht des Anwachsens rechtsextremer Aktivitäten in der Stadt nichts Besseres zu tun hat, als Antifaschisten zu diffamieren. Gefahren für die Demokratie gingen vom braunen Mob aus, der Ausländer, Linke, Schwule jagt, jüdische Friedhöfe schändet und unter Trommelwirbel im Gleichschritt durch die Straßen marschiere.[5]

1996 sagte Schönbohm (damals noch Innensenator von Berlin) in der Abschlusssitzung für Inneres des Berliner Abgeordnetenhauses: „Gott sei Dank haben wir in Berlin dank eines hervorragend arbeitenden Verfassungsschutzes und einer optimal agierenden Polizei ... relativ geringe Probleme. Es gibt Probleme, darauf wird ständig hingewiesen, aber relativ geringe Probleme mit dem rechtsradikalen Umfeld. Nach meiner Erkenntnis haben die Polizei und die entsprechenden Behörden dieses im Griff.“ Fünf Tage vorher wurde das PDS-Mitglied Baltruschat in Berlin-Marzahn von dem Nazi Kay Diesner angeschossen. Baltruschat verlor seinen linken Arm, seine rechte Hand wurde verstümmelt.

Kay Diesner begründete seinen Mordversuch als „Strafaktion“ gegen die PDS. Dem vorausgegangen war eine NPD/JN-Demo am 15.2.1996, bei denen die Nazis eine angemessene Tracht Prügel einste- ckten. Es folgte eine tagelange Hetzkampagne gegen die PDS, die Mitorganisatorin der antifaschistischen Gegendemonstration war. Der PDS wurde vorgeworfen für die „Gewalteskalation“ bei der Demo verantwortlich zu sein. Jörg Schönbohm warf der PDS „geistige Brandstiftung“ vor. Unmittelbar nach dieser Rede marschierte Kay Diesner, wie auf Kommando des Ex-Generals, zur PDS-Geschäftsstelle, und schoss. Erst nachdem Diesner in Kiel einen Polizisten tötete und einen weiteren verletzte, wurde nach ihm gefahndet. Baltruschak sagte dazu, dass „der Tod des Polizisten zu verhindern gewesen wäre.

Auch die Lenin-Liebknecht-Luxemburg-Demonstration, die größte linke Demonstration in der BRD, ist der CDU ein Dorn im Auge. Nicht nur, dass diese Demonstration seit 1992 die LL-Demo um ein drittes „L“ bereichert hat, (entstanden aus dem breiten Protest gegen die Schleifung des Lenindenkmals, was, laut Diepgen „die Vollendung der Revolution“ bedeutete), nein, es sind Jahr für Jahr Hunderttausende, die Karl und Rosa gedenken. Polizeiattacken und Diffamierung nützten nichts, selbst ein Verbot der Demonstration, endlich ermöglicht durch den vermeintlichen Attentäter Staps, konnte die LLL-Demonstration nicht verhindern.

In Brandenburg hat sich ein Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit mit 30 Mitgliedern gegründet (Gewerkschaften, darunter der DGB, Ministerien, PDS, Kirchen, Landessportbund, Kommunen) „Auf die Forderung nach Umbenennung in ein Bündnis gegen politischen Extremismus überhaupt – sie wurde von CDU-Fraktionsgeschäftsführer Dierk Homeyer erhoben – reagierte die Leitung des Gremiums mit der Ankündigung, sich von der Regierung abnabeln zu wollen.[6] Der DGB kündigte an, aus dem Bündnis auszusteigen, sollte die Stoßrichtung des Bündnisses geändert werden, wie vom Innenministerium Brandenburg im Februar und März erneut gefordert wurde. Dieter Scholz (Vorsitzender des DBG-Brandenburg) sagte dazu, „durch die hohe Zahl ausländerfeindlicher Taten müssten die Kräfte gebündelt werden und nicht zersplittert.[7]

Berlin, Diepgen und das Holocaust-Mahnmal

Eberhard Diepgen, Regierender Bürgermeister von Berlin, von verschiedener Seite als „Folklorist“ und „Opportunist“ bezeichnet, weicht in der Debatte um das Mahnmal für die ermordeten Juden Europas von den eben genannten Diepgen-Stereotypen ab. Hier erweist sich Diepgen als gestandener Einzelkämpfer: Gegen Teile seiner Partei und zwar gegen den bürgerlich-konservativen Teil, gegen den Berliner Bausenator Radunski (CDU), gegen seinen Ziehvater Helmut Kohl, hielt Diepgen seinen Kurs. Sei es, dass er zum symbolischen Baubeginn am 27.1.2000 nicht erschienen ist „wo ich gar nicht weiß, was gebaut wird“. (siehe auch Kasten: Offener Brief von Lea Rosh) oder geifernd im Berliner Senat gegen das Mahnmal, das noch eine Baugrube ist, wettert: „Eisenmansche Betonlandschaft“, das Mahnmal solle „beherrschbar“ sein, aber bisher sei es ihm „zu monumental und beliebig[8] usw. PDS-Fraktionsvorsitzende Carola Freundl kritisierte Diepgens Entscheidung „als kühl kalkulierte Provokation[9]. Diepgen ist entschiedener Gegner des Holocaust-Mahnmals, das zeigt sein ganzes Verhalten, all seine Aussprüche zum Mahnmal. Schon vor einigen Jahren beantwortete er die Aufforderung von Ignatz Bubis etwas für die Ausstellung „Topographie des Terrors“ zu tun, lapidar: „Wir haben in Berlin schon so viel für die Juden getan“.

Gedächtnislücke

Offener Brief von Lea Rosh an den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen

Sehr geehrter Herr Diepgen,

Sie erinnern sich: Der 27.Januar war der Tag der Befreiung von Auschwitz. Der 27.Januar ist deshalb auch vor Jahren zum Tag der Grundsteinlegung für das „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ bestimmt worden.

Sie erinnern sich auch: Das Land Berlin war an dieser Datumsbestimmung beteiligt. Mehr noch: Der Berliner Senator Peter Radunski, jahrelang federführend für die drei Auslober (Bund, Land Berlin, Förderkreis), hatte dieses Datum für die Grundsteinlegung forciert und bestimmt.

Aber nun kommt alles ein bisschen anders. Denn die „Vorraussetzungen“ für eine Grundsteinlegung sind nicht ordentlich beisammen. So ist es halt in Deutschland. Statt Grundsteinlegung sollte es wenigstens ein Spatenstich sein. Geht aber auch nicht. Denn die Vorraussetzungen auch für den Spatenstich sind nicht ordentlich beisammen. Grundsteinlegung und Spatenstich sind nun zu einer „Feier“ zur „Enthüllung der Bauschilder“ geschrumpft, und die werden davon künden, dass es eine Stiftung gibt, die auf dem Gelände südlich vom Brandenburger Tor den ermordeten Juden Europas ein Denkmal bauen wird.

Aber Sie, geehrter Herr Bürgermeister, werden nicht anwesend sein. Die Termine, ach, die Termine. So hieß es erst. Mittlerweile haben Sie sich uns offenbart. Ich darf Ihre Worte vom vergangenen Donnerstag zitieren: „Das hat damit zu tun, dass diese Veranstaltung am 27. Januar eine Veranstaltung ist für einen Baubeginn, wo ich gar nicht weiß, was da gebaut wird und da gehe ich nicht hin ... Bei allen Spatenstichen, an denen ich teilgenommen habe, habe ich gewusst, was da gebaut wird ... Ich weiß es nicht von der Größenordnung, ich weiß es nicht von den Kosten, ich weiß es nicht von der notwendigen Beteiligung des Landes Berlin und da liegt der Unterschied,“

Frage einer Freundin: „Hat Diepgen einen Black-out? Hilf ihm doch mal weiter.“ Was ich hiermit tue:

Baubeginn: sofort. Objekt: ein Denkmal für die (von Deutschen) ermordeten Juden Europas. Größenordnung: 2700 Stelen, Fläche: 20 000 Quadratmeter. Kosten: 15 Millionen Mark. Beteiligung des Landes Berlin: spätestens seit 1993, Teilnahme an zwei Wettbewerben. Kosten für das Land Berlin: 4,2 Millionen Mark.

Noch irgendwas unklar, Herr Diepgen?

Gegen ihre Gedächtnislücken empfehle ich Ihnen das Buch: „Die Juden, das sind doch die anderen“ aus dem Philo-Verlag. Darin können Sie eine Menge über die Beteiligung Ihres eigenen Senats an der Mahnmal-Debatte nachlesen.

Mit freundlichen Grüßen,

Ihre Lea Rosh

Anmerkung der Redaktion: Lea Rosh ist Vorsitzende des Förderkreises für das Holocaust-Mahnmal

Demonstrationsverbot in Berliner Innenstadt

Aber, diese Frage sei erlaubt, warum wird dann eigentlich so geschrieen, dass die NPD/JN-Faschisten am 29.1.2000 durch das Brandenburger Tor marschieren konnten? Zum einen wird dabei elegant vergessen, dass die Faschisten an diesem Tage (also zwei Tage nach Diepgens Nicht-Erscheinen beim symbolischen Baubeginn) gegen das Holocaust-Mahnmal demonstriert haben! Das war der Hauptinhalt ihrer Demonstration – der antifaschistischen Demo wurde nicht erlaubt, zum Mahnmal zu ziehen, um es zu schützen. Zum anderen war dies doch nur ein Bekunden der Solidarität mit Diepgen, sie sind gegen das Mahnmal, er doch auch.

Aber dreist, wie es preußische Tradition verlangt, greift man mit Hilfe der Demo der Nazis, Antifaschisten und Demokratie an. Ein Demonstrationsverbot für die Berliner Innenstadt, schon lange in der Diskussion, wird jetzt wieder aufgekocht.

Der Artikel 8 des GG besagt „(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“ Dieses Recht soll für Berlin nicht mehr gelten, oder zumindest eingeschränkt werden, damit, so argumentiert die CDU, die Berliner durch die vielen Demonstrationen nicht mehr gestört werden. Und es ist geplant, sich das Recht einzuräumen, die Entscheidung, ob diese oder jene Demonstration in der Berliner Innenstadt stattfinden soll, nicht mehr den Demonstranten, sondern dem Berliner Senat zu überlassen. Endlich Grabesruhe in der Hauptstadt?

Die „Länderehe“

Nach der Politik von der Berliner/Brandenburgischen CDU soll Preußen, nach Bayern zu einem weiteren reaktionären Hort werden. Berlin und Brandenburg als „Preußen“ zu bezeichnen, würde wahrscheinlich von vielen als zu überzogen betrachtet werden. Sehen wir uns doch zunächst einmal an, für was dieses Preußen steht, bzw. stand?

Erstens: Berlin und Brandenburg, stehen natürlich nicht allein für Preußen. Vielmehr könnte man sie als „Kernpreußen“ betrachten. Das Gebiet Preußen ging zeitweise von Rheinland und Westfalen über Hessen und Thüringen bis tief hinein ins heutige Polen. Unter preußischer Vorherrschaft wurde 1871 das „Deutsche Reich“ von oben, statt durch bürgerliche Revolution, durch Bismarck gebildet. Preußen steht zweitens für feudalen Großgrundbesitz und Junkertum, als wichtigste ökonomische Kraft in Preußen und damit im „Deutschen Reich“. Damit verbunden sind drittens politische Reaktion im Innern, also Idealisierung der Monarchie, des feudalen Großgrundbesitzes, des Obrigkeitsstaates im Gegensatz zu Aufklärung, bürgerlicher Demokratie und Entwicklung des Kapitalismus (Lohn-, statt Fronarbeit; Nationalstaat statt Fürstentümer und Kleinststaaten; etc.). Des Weiteren trieb der Militarismus in Preußen seine Blüte. Preußen der Kasernenhof, wo Offiziere meist nur aus dem Adel stammten, dann Verherrlichung der militärischen Disziplin und des Heeres. Viertens: Preußen als Drohpotential gegen ganz Osteuropa, als geballte Faust gegen den Osten.

An diese politische Tradition wurde 1996 bei der Volksabstimmung für die „Länderehe“ Berlin und Brandenburg vom CDU-Verband Berlin-Wilmersdorf selbst angeknüpft: Sie warben auf einem Wahlplakat „Für ein christliches Preußen“.

Und dabei sollte ein Preußen nach dem Sieg über den Hitlerfaschismus nicht wieder entstehen: „Ich meine, Preußen müss-te möglichst geschwächt und verkleinert werden.[10] Über 50 Jahre später wird ein solches Preußen wieder gefordert. Landowsky, Vorsitzender der CDU-Berlin brachte das Warum einer Fusion beider Länder auf den politischen Kernpunkt: „Wir werden mit eisernem Besen die sozialistischen Wärmestuben auskehren.“ Und das Umland spielt für die Länderfusion eine wichtige Rolle. Nachdem sich die BRD die DDR einverleibt hat und West-Berlin nun über ganz Berlin herrscht (siehe dazu auch KAZ 273, S.9), soll nun diese Herrschaft auf Brandenburg ausgeweitet werden. Das wurde vielfach von Fusionsgegnern aus Brandenburg und Ostberlin so eingeschätzt. Eine „neuerliche Überstülpungs-Variante Westberliner Prägung[11] die da betrieben werden soll. Und die taz schrieb in Bezug auf das Wahlplakat der CDU-Wilmersdorf: „Die Botschaft ist klar: keine Länderfusion, solange im Umland der preußischen Garnison die Heiden regieren.[12] Deshalb, und eigentlich nur aus diesem Grund, ist doch auch Schönbohm in Brandenburg – vom General zum Kreuzritter ernannt. Denn die Verwunderung war groß, als Schönbohm 1998 ankündigte, dass er seinen lukrativen Job als Berliner Innensenator aufgeben werde, um dem eher uninteressanten und desolaten CDU-Landesverband in Brandenburg wieder Leben einzuhauchen. Allein in den letzten Wochen[13] hatte Schönbohm vehement auf eine Wiederholung des Volksentscheids und auf einen Fusionstermin gedrängt – und wurde von der SPD-Brandenburg zurückgepfiffen.

In der Betrachtung und Einschätzung dieses angestrebten Preußens sollten wir uns nicht auf den von Diepgen beteuerten Holzweg führen lassen, es ginge in erster Linie um die Lösung finanzieller Probleme beider Länder usw., die mit einer Fusion gelöst werden könnten.

Die politische Seite muss von uns hervorgehoben werden. Nämlich, dass zum einen im Brandenburger Landtag Kurt Schelter sitzt. Er ist Justizminister und das einzige CSU-Mitglied, das als Abgeordneter in einem Landtag außerhalb von Bayern sitzt. Ist das brandenburgische Justizministerium die Zwischenstation des von Stoiber angekündigten „Marsch auf Berlin“? Oder soll, nachdem Westberlin Brandenburg mit sich vereinigt hat, eine weitere Schaltzentrale und Tummelbecken der Reaktion in Berlin, wie bisher nur in München eröffnet werden?

Zu den „Finanzen“ sei nur so viel gesagt: Berlin und Brandenburg hätten zwar mit noch „recht ungünstiger Lage und erheblichen strukturellen Schwächen“ zu kämpfen, wie eine Expertise der Deutschen Bank Anfang der 90er meinte. Aber verheißungsvoll, wenn die Wirtschaftspolitik „in einer Hand“ läge (Dr. Kleiner, Geschäftsführer des Unternehmerverbandes Berlin-Brandenburg).[14] Die Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK) hat am 7. März 2000, was Preußen angeht, mehr Tempo gefordert. „Noch in dieser Legislaturperiode müssen die Weichen gestellt und Probleme angegangen werden.“ Die Vorteile liegen doch dabei auf der Hand: „Bei Entscheidungen im Bund und der EU wirft ein Land Berlin-Brandenburg mehr Gewicht in die Waagschale. Innerhalb der Region selbst könne eine einzige Landesverwaltung zudem uneingeschränkt und zügig entscheiden und handeln.“ Vielleicht wird aber nach diesen Aussagen auch deutlich, in wessen Auftrag denn da auf „Länderehe“ gedrängt wird. Die „Bürger“ entschieden sich 1996 zumindest klar gegen ein Preußen.

Aber für ein Preußen wird schon kräftig geübt, denn vielleicht schafft man es ja, die Brandenburger und Ost-Berliner bis zur nächsten Abstimmung mürbe zu kriegen. Das Jahr 2001 wurde zum „Preußenjahr“ kommandiert, neben der zentralen Ausstellung „Preußen 1701 – eine europäische Geschichte“ werden über 70 Großveranstaltungen stattfinden. Mit der Gestaltung des 300. Jahrestages der Krönung des ersten preußischen Königs, als Ausgangspunkt der Veranstaltungen, droht da ein schreckliches Szenario.

Die Saubermänner aus Berlin/Brandenburg (und Bayern)

Diepgen und Schönbohm rühmen sich mit der Tatsache, dass es in Brandenburg keine Spendenaffären gibt. Aber was heißt das eigentlich? Liegt es in dem Ermessen der CDU, ob es in diesem oder jenen Verband der CDU eine Spendenaffäre gibt oder nicht? Oder wollen die Spender etwa ihre „Büttel“ in Berlin und Brandenburg nicht am Pranger sehen?

Diepgen z.B. hat sich doch immer als dankbar erwiesen. Sagte er nicht bei der Grundsteinlegung des Hotel Adlon[15], „wer das Adlon nicht kennt, der kennt Berlin nicht“? Bewies er nicht auch Gespür für die Herren aus Bank und Kapital, bei der Frage der „Länderehe“?

Berlin ist nicht betroffen, Brandenburg auch nicht. Ist das nicht komisch? Erinnert sich noch jemand an früher? Stichwort: West-Berlin und Spenden-, Bestechungsskandale. Es sei daran erinnert, bei aller sich überschlagenden Freude, diesmal nicht betroffen zu sein, dass West-Berlin, in Frontstadtzeiten mit den meisten „Bestechungsaffären“ in der BRD aufwarten konnte. Die Stadt der Subventionsgeier, Steglitzer Kreisel, ...

Hier lässt sich noch eine weitere inte-ressante Verbindung herstellen, denn in punkto „Spendenskandal“ zum einen, findet gerade eine Annäherung zwischen Rechten aus Bayern und Preußen statt. Die bayrische CSU, ebenfalls nicht betroffen vom Strauß-, nein, Amigo-, ach ja, „Spendenskandal“, steht, in blütenreiner Weste, mit den Preißn in einer Front. Sie nutzen gemeinsam diesen Skandal, um die Koordinaten in der CDU noch weiter nach rechts zu verschieben. Schönbohm, ganz zackig, zu seiner Kandidatur fürs Bundespräsidium der CDU: „Früher stand Manfred Kanther in der CDU für die Innenpolitik. Mit den Geldwäschevorwürfen ist durch Glaubwürdigkeits- und Vertrauensverlust ein gewaltiger Flurschaden entstanden. Da gibt es jetzt für die Innenpolitiker in der CDU viel Aufräumarbeit. Ich bin bereit, dafür anzutreten.“[16]

Auch wenn es um die Regierung in Österreich geht, bleiben sich preußische CDU und bayrische CSU ihrer reaktionären Linie treu. Beide stellten sich hinter das schwarz-braune Bündnis von ÖVP und FPÖ, Stoiber schon von Anfang an (siehe dazu Artikel in dieser Ausgabe „Runter von den Zuschauerrängen – Einig gegen rechts“), Diepgen nannte die Reaktionen zu Österreich „überzogen“. Beide, Stoiber und Diepgen empfingen, trotz aller Proteste, ÖVP-Politiker.[17]

Aber: keine Gefahr von rechts

Die neue Hauptstadt muss in der BRD wieder erkennbar sein! Oder um konkreter, mit den Worten der JU-Kreuzberg zu reden. „Deutschland muss in Kreuzberg wieder erkennbar sein“! Diese Aufkleber-Kampagne wurde unterstützt von Schönbohm, der das „Ghetto“ Kreuzberg angriff, wo man „sich gar nicht mehr in Deutschland befindet“. Natürlich erhielt die JU-Kreuzberg Schützenhilfe von der Berliner CDU – die Kampagne wurde verteidigt und durchgezogen. Diese Politik ist eben ein Markenzeichen der CDU Berlin/Brandenburg.

Jetziger Innensenator Berlins, Eckart Werthebach, äußerte sich auf einer Veranstaltung unter dem Motto „Neue Wege in der Ausländerpolitik“, die am 21.4.99 stattfand „Natürlich ist die größte Zahl der hier lebenden Ausländer längst integriert - das Problem seien ja eben jene, die jede Integration verweigern!“[18];

(AUS) Prinzip gegen den Missbrauch des Asylrechts und die Wirtschaftsflucht in unsere (LÄNDER)“ – Spruch von einem Wahlkampfplakat eines CDU-Kandidaten aus Berlin-Neukölln vom September 1998.

Das ist also die „Munition“, mit der Rechtsradikalismus bekämpft wird, mit der Naziparteien „rechts liegen gelassen“ werden sollen! Und das sind Zitate, die nicht von sozial schwachen, arbeitslosen und verirrten jugendlichen Einzeltätern geäußert werden, es sind Zitate von Leuten, die in Berlin und Brandenburg die Landesregierung stellen. Aber nicht vergessen: Radikale Rechte hätten „noch nie auch nur geringste Breitenwirkung“ gehabt, erklärte Landowsky. Gegendemonstrationen würden diesem „maßlos verzerrten“ Bild noch Nahrung geben, „als bestünde in Berlin tatsächlich eine Gefahr von rechts.“[19]

KAZ-Kollektiv Berlin

1 taz, 21.09.1995, S.21

2 „Ethnische Säuberungen in Brandenburg“ Broschüre der Antifaschistischen Aktion Berlin (AAB) vom 09.10.1999, S.3

3 Jörg Schönbohm, jetziger Innenminister in Brandenburg, war nicht sein ganzes Leben lang ein „Zivilist“. Von 1957 bis 1995 macht er steile Karriere in der Bundeswehr und war zeitweise im Kriegsministerium tätig – unter Apel, Wörner, Scholz, Stoltenberg und Rühe, dessen engster Berater Jörg Schönbohm war. Als Befehlshaber des Bundeswehr-Kommandos Ost war Schönbohm 1990/91 für die Abwicklung der NVA verantwortlich. Seit Bildung der Großen Koalition 1996 ist Schönbohm als Innensenator in Berlin tätig und seit 1998 Innenminister in Brandenburg und CDU-Landesvorsitzender in Brandenburg. Auf dem CDU-Bundesparteitag im April 2000 ist er in das Bundespräsidium gewählt worden.

4 Neiße, Wilfried: Jeder dritte Täter ist jünger als 21 Jahre, in: ,Neues Deutschland’ vom 18.02.2000, S.20

5 Funke, Rainer: Für Geheimdienst Antifa-Gruppen immer gefährlicher, in: ND vom 29.02.2000, S.17

6 Neiße, Wilfried: Bündnis gegen Rechts bleibt unter Druck, in: ND vom 19.11.1999, S.20

7 „DGB kritisiert Schönbohm-Pläne“, in: ND vom 16.03.2000, S. 20

8 aus: „DIE WELT online“

9 „Diepgen kalkuliert Provokation“, in: ND vom 15./16.1.00, S.9

10 Roosevelt auf der Konferenz von Teheran (28.11.- 1.12.1943)

11 Müller, Michael: Diepgen träumt von Preußen, in: ND vom 8.10.1991

12 Rada, Uwe: Dafür, dagegen zu sein, in: taz-BERLIN vom 20.04.1996, S. 33

13 laut ND vom 26.01.2000, 03.02.2000, 10.02.2000, 14.03.2000,

14 Müller, Michael: Diepgen träumt von Preußen, in: ND vom 8.10.1991

15 Das Hotel Adlon steht als Synonym für Geld und Gloria. Hier nächtigen und trafen sich schon immer die Reichsten der Reichen..

16 „Schönbohm will ins CDU-Präsidium“, in Bild am Sonntag, vom 02.04.2000, S.3

17 „Diepgen trifft Österreicher trotz EU-Boykott“, aus Berliner Zeitung, vom 09.02.2000, S.21

18 Welt 22.4.1999

19 „Verbot gefordert – Verfassungsschutz gegen NPD-Demo“, in: 15 Uhr aktuell-Berlin, vom 17.02.2000, S.3

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