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Schilys Sicherheitspakete – für wen Sicherheit und vor wem?

Die Regierung sagt, die geplanten Sicherheitspakete sollen uns vor dem islamischen Terrorismus schützen. Nun stellen selbst angesehene Gutachter, die vom Innenausschuss des Bundestages am 30.11. gehört wurden, fest, dass nirgendwo in diesen geplanten Gesetzen definiert ist, was genau unter Terrorismus verstanden wird. Dafür werden aber um so großzügiger Rechte aller Bürger bei Seite geschafft. Denn jeder kann ja eine „terroristische Vereinigung“ unterstützt haben, vielleicht sogar unwissentlich. Es wurde uns in der letzten Zeit ja vielfach versichert, dass diese Terroristen oft ganz unauffällig, sozusagen „Schläfer“ sind. Es reicht ja auch nur der Verdacht. Postgeheimnis, Bankgeheimnis, die Freiheit, zu telefonieren, ohne dass der Staat mithört – ade. Die Geheimdienste – Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienste – erhalten eine solche Fülle von Befugnissen, dass sie in „die Nähe der Geheimdienste totalitärer Staaten rücken“, wie ein Professor feststellte (SZ vom 30.11.01). Es hat fast den Anschein, als müsste sich dieser Staat vor seinen Bürgern schützen. Fragt sich, was er noch alles vor hat, dass er befürchten muss, dieses doch so geduldige Volk könnte irgendwann laut und deutlich „Nein“ schreien.

Es reicht auch der Verdacht, dass Menschen aus anderen Ländern irgendetwas mit gewaltbereiten Aktivitäten zu tun hatten, um ihnen keine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Das trifft auf viele zu. Denn leider ist diese Welt so bestellt, dass überall Menschen gegen Unrecht und Unterdrückung kämpfen müssen, gegen Staaten z.B., die ihnen keine Rechte zugestehen. Wer dabei „Freiheitskämpfer“ oder „Terrorist“ ist, diese Definition liegt dann im jeweiligen politischen Interesse der BRD. Ob Widerstandskämpfer gegen den faschistischen deutschen Terror im 2. Weltkrieg auf Grundlage solcher Gesetze noch irgendwo eine Aufenthaltserlaubnis bekommen hätten? Die schlichte Humanität wird auf jeden Fall nicht abgesichert – obwohl doch soviel von der westlichen Zivilisation geschwafelt wird.

Doch auch Menschen, die schon lange hier leben und arbeiten, sogenannte Ausländer, obwohl sie schon längst Inländer sind, sind noch weniger sicher als bisher: Sie können ausgewiesen werden, sofort vollziehbar, wenn bloß der Verdacht besteht, dass sie die freiheitlich-demokratische Grundordnung gefährden. Von demokratischen Rechten kann man bekanntlich nicht abbeißen: sie schützen nicht vor geringem Lohn, nicht vor hoher Miete, sichern weder Brot noch das Dach über dem Kopf. Doch wir brauchen sie, um nicht zu rechtlosen Knechten zu werden, die von der Gnade und Wohltätigkeit der Oberen abhängig sind. Wir brauchen sie, um kämpfen zu können: Um den Mund aufmachen zu können, uns organisieren zu können, um auf die Straße zu gehen, zu streiken. Wer kämpft mit uns, wenn über einem großen Teil der Kolleginnen und Kollegen das Damoklesschwert der Ausweisung schwebt, weil sie jederzeit in „Verdacht“ geraten können (beweisen muss das ja dann keiner mehr), die freiheitlich demokratische Grundordnung zu gefährden? Die Sicherheitspakete des Herrn Schily sind also wohl ein Weihnachtsgeschenk an die Herren der Banken und Konzerne und ihre Profite, die dadurch vor dem gemeinsamen Kampf der Arbeiterinnen, Arbeiter und Angestellten noch sicherer werden sollen.

Dass die Reise genau dorthin gehen soll, zeigt uns Herr Beckstein, dem das geplante Gesetz von Schily selbstverständlich noch nicht weit genug geht. Er und seine rechten Bundesratkumpane fordern, dass die Befugnisse der Geheimdienste auch auf alle Fälle des „gewaltfreien Inlandsextremismus“ (SZ v. 24./25.11.01) ausgeweitet werden sollen. Da dreht es sich ganz offensichtlich nicht mehr um unseren Schutz vor Anschlägen. Um sich vorzustellen, was damit nun gemeint sein kann, möchten wir als Beispiel an den bayerischen Metallarbeiterstreik von 1954 erinnern. Während dieses 4 Wochen dauernden Streiks von 150.000 Arbeitern und Arbeiterinnen wurden die Streikposten in der Presse aufs Übelste als „Terroristen“ beschimpft. Es geht also um den Schutz der Herrschenden vor Menschen, die sich organisiert zur Wehr setzen wollen: Gegen die Verschlechterung unserer Arbeits- und Lebensbedingungen, gegen Kriegsbestrebungen und Krieg, gegen den Abbau demokratischer Rechte.

gr

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Herausgeber: DKP München und
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