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Der deutsche Antisemitismus heute

Warum er gefährlich ist und aus welchem Gully er gekrochen kommt

Der deutsche Antisemitismus ist eine Kampfansage unserer Herren an ihre inneren und äußeren Feinde – an die organisierte Arbeiterklasse im Land und international und an die imperialistischen Konkurrenten. Der Hauptgrund für die heutige antisemitische Gefahr in Deutschland ist die Verschärfung der Widersprüche unter den Imperialisten seit der Einverleibung der DDR durch die BRD.

Mai 1945. Die Hitlerfaschisten sind besiegt. Das Grauen, das sie hinterlassen haben, ist so ungeheuerlich, dass kein Verbrechen in der bisherigen Menschheitsgeschichte damit verglichen werden kann. 55 Millionen Menschen hat der deutsche Imperialismus mit seinem bisher größten Raub- und Vernichtungsfeldzug umgebracht. 6 Millionen Menschen wurden aus dem einzigen Grund ermordet, weil sie Juden waren oder von deutschen Bürokraten als Juden definiert wurden – Polen, Sowjetbürger, Ungarn, Rumänen, Deutsche, Niederländer, Tschechen und Slowaken, Franzosen, Griechen, Jugoslawen, Österreicher, Belgier, Italiener, Luxemburger, Norweger, Albaner, Dänen, Finnen ..., Frauen und Männer, Arme und Reiche, Kranke und Gesunde. Unter diesen 6 Millionen waren mehr als eine Million Kinder, die unter dem Schlachtruf „Die Juden sind unser Unglück“ umgebracht wurden.

Die Völker der Welt waren entsetzt über diesen systematischen, staatlich organisierten, industriell betriebenen Massenmord. Für die Mehrheit der Weltbevölkerung stand fest, dass diese Bestie, als die sich der deutsche Imperialismus entpuppt hatte, nie wieder ihr Haupt erheben darf.

Daran konnten auch die anderen Imperialisten nicht vorbei. Und es war ihnen nicht verborgen geblieben, dass der deutsche Antisemitismus mit seiner klassenübergreifenden Vernichtungswut auch eine Angriffswaffe gegen die kapitalistischen Länder war, die den zu spät gekommenen deutschen Emporkömmling bei der Aufteilung und Neuaufteilung der Welt stets den Kürzeren hatten ziehen lassen. Es war gerade dieser eliminatorische Antisemitismus, den die anderen Imperialisten – vor allem der USA-Imperialismus – dem deutschen Imperialismus übel nahmen, während ihnen zum Beispiel der Mord an Arbeitern, Gewerkschaftern, Kommunisten und Sozialdemokraten verständlicherweise nicht so große Probleme machte.

Die geläuterte Bestie

Die nun erst mal geschlagenen Herren der deutschen Fabriken, Schächte und Banken warteten in Gefängnissen und Verstecken ab, ob sie die Reste ihrer Produktionsanlagen, die die Arbeiter aus Schutt und Asche wieder ausbuddelten, nicht wieder zu gegebener Zeit an sich reißen könnten. Die Chancen standen nicht schlecht: so hatte Siemens schon vor Kriegsende in Zusammenarbeit mit US-Konzernen den Umzug des Hauptteils der Produktion von Berlin nach München organisiert, um sie dem Zugriff der herannahenden Sowjetarmee zu entziehen[1]; und die Übergabe Thüringens durch die USA an die Besatzungsmacht Sowjetunion hatte zur Folge, dass Zeiss Jena fast gänzlich einschließlich einiger menschlicher Arbeitskraft geklaut und nach Baden-Württemberg verfrachtet wurde[2]. Was den Antisemitismus betraf, so läuterten sich die deutschen Monopolkapitalisten schlagartig und schneller als jeder andere, war doch auch die zu erwartende Rendite dieser Läuterung weit höher als für jeden anderen. Der Philosemitismus kam in Mode. Philosemitismus kann man so ungefähr übersetzen mit: Judenfreundlichkeit. Diese „Judenfreundlichkeit“ ist ähnlich verlogen wie die heute sogar von Innenminister Schily praktizierte „Ausländerfreundlichkeit“, die nichts mit der bürgerlich-demokratischen Forderung nach der Gleichheit aller vor dem Recht zu tun hat. Dabei ist der Philosemitismus keineswegs der Normalfall in der kapitalistischen deutschen Gesellschaft, sondern ein Ausnahmefall wie die ganzen Nachkriegsverhältnisse in Westdeutschland eine Ausnahme waren. Diese besondere Situation bestand darin, dass der deutsche Imperialismus – zunächst völlig am Boden zerstört – vom USA-Imperialismus hochgepäppelt wurde trotz seiner gefährlichen antisemitisch und antiamerikanisch geprägten Aggressivität. Die USA meinten, sie könnten den deutschen Imperialismus gegen die Sowjetunion, gegen das große Lager der inzwischen vom Imperialismus befreiten Länder hetzen und ihn gleichzeitig im Zaum halten, so dass er nie wieder auf die USA losgeht. Die Herrschenden der USA hatten sich zwischen ihren beiden Feinden sozialistische Sowjetunion und deutscher Imperialismus für letzteren entschieden, und züchteten mit der Restauration des Kapitalismus in Westdeutschland eine Schlange an ihrem Busen. USA und Westdeutschland in holder Eintracht, Westdeutschland als braver Befehlsempfänger der USA – diese Situation konnte es nur zeitweilig geben, und sie konnte im Ergebnis nur dazu führen, dass der deutsche Imperialismus zum schärfsten und aggressivsten Konkurrenten des US-Imperialismus wird.

Die Propaganda des verlogenen Philosemitismus wurde in großem Maßstab vom Axel-Springer-Verlag betrieben, der zum größten Pressekonzern Westdeutschlands wurde. Er bediente am konsequentesten das Interesse des wieder aufstrebenden deutschen Imperialismus, sich vorübergehend dem US-Imperialismus anzupassen, was hieß: dumm-dreister Antikommunismus, heuchlerische Anbiederung an die USA und an Israel, Reinwaschung der Nazi- und Kriegsverbrecher, die sich wieder in Wirtschaft und Staat festgesetzt hatten, rassistische Hetze unter Vermeidung antisemitischer Stereotypen, Propagierung der unbedingten Treue zum Kapitalismus und zum westdeutschen Staat.

„... alles, was man in der Praxis benötigt“ (Freisler)

Wie sehr der vom westdeutschen Staat und der Springer-Presse betriebene Philosemitismus Heuchelei war, zeigt allein schon die Berufung des CDU-Funktionärs Hans Maria Globke 1949 als Ministerialdirigent, 1950 als Ministerialdirektor und 1953 als Staatssekretär ins Bundeskanzleramt[3]. Globke war Kommentator der Nürnberger Rassengesetze gewesen, mit denen 1935 den Juden (oder wen die Nazis als Juden definierten) die Bürgerrechte aberkannt wurden und Eheschließung oder Geschlechtsverkehr mit „Ariern“ verboten wurde. Mit den Nürnberger Rassengesetzen wurde erstmals eine umfassende und systematische gesetzliche Grundlage gelegt, die bürgerliche Gleichheit in Deutschland aufzuheben und damit die als Juden definierten Menschen schließlich zur Vernichtung freizugeben – nicht nur in Deutschland, sondern überall, wo man ihrer habhaft werden konnte. Globke war dafür zuständig, die Nürnberger Rassengesetze allgemein verständlich darzustellen. 1936 wurde diese Kommentierung im Ministerialblatt des Reichsinnenministeriums dafür gelobt, dass sie „allen beteiligten Volksgenossen, den Parteistellen, Behörden, Gerichten, Standesämtern und Gesundheitsämtern wertvolle Dienste“ leisten werde. Und Freisler, der später zum berüchtigten Blutrichter und Vorsitzenden des Volksgerichtshofes wurde, fand, man habe mit diesem Kommentar „alles, was man in der Praxis benötigt“. Bundeskanzler Adenauer war nicht bereit, den Protesten aus der Öffentlichkeit zu folgen und die Vergangenheit Globkes durch einen Untersuchungsausschuss überprüfen zu lassen. 1980 wurde Globke in einer Huldigungsschrift der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung als „der wichtigste und verlässlichste, bald auch der erste Berater des Bundeskanzlers“ gewürdigt. Als im Mai 1996 im Bundestag ein Abgeordneter der PDS wissen wollte, ob diese Schrift noch dem heutigen Traditionsverständnis der CDU entspreche, kamen Zurufe aus den Reihen der CDU/CSU: „Am Thema vorbei!“

Am Thema vorbei – das könnte wohl auch als Überschrift über dem mit Philosemitismus geschmückten offiziellen westdeutschen Geschichtsverständnis stehen. Die Ermordung der europäischen Juden wurde nicht geleugnet – aber die Opfer dieses furchtbaren Verbrechens wurden missbraucht, um – es ist kaum zu fassen – die anti-antifaschistische und antikommunistische Politik der BRD zu rechtfertigen. Der Mord an sechs Millionen Menschen wurde als unfassbar und unerklärbar deklariert, da ein Geisteskranker das Volk verführt habe, niemand weiß wie und warum. Das Monopolkapital konnte sowieso daran nicht schuld sein, das sich ja nun wieder aufpäppelte und den Marsch ins westdeutsche „Wirtschaftswunder“ antrat. Vor allem aber konnte man mit dem antisemitischen Massenmord sehr erfolgreich verdecken, dass die ersten Opfer der Naziherrschaft Kommunisten waren, und dass dies eine Voraussetzung für die Vernichtung der Juden war. So konnte unter Adenauer und Globke das bis heute gültige KPD-Verbot vorbereitet und durchgesetzt werden. Und man konnte mit dem antisemitischen Massenmord ebenso erfolgreich verdecken, dass noch vor der Vernichtung der Juden Gewerkschafter ermordet wurden. So konnte unter Adenauer und Globke durchgesetzt werden, dass den Gewerkschaften das Recht des politischen Streiks genommen wurde, und auch das gilt bis heute. Dass die deutsche Arbeiterbewegung noch am 30. Januar 1933 mit einem politischen Massenstreik die Machtübertragung an die Hitlerfaschisten hätte verhindern können, soll mit dieser Politik vergessen gemacht werden. Als einzig zulässiger Widerstand wird das missglückte Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 gewertet, das von Teilen der militärischen Elite vorbereitet wurde, die bis dahin den Hitlerfaschismus einschließlich der Judenverfolgung und –vernichtung unterstützt hatte. Der Widerstand von Arbeitern und Soldaten wird dagegen als unzulässig erklärt. Deserteure der faschistischen Wehrmacht galten bis August 1998 sowieso als vorbestraft. Seitdem können sie nur dann rehabilitiert werden, wenn sie nach all der jahrzehntelangen Schmach einen Antrag stellen und ein demütigendes Verfahren auf sich nehmen[4]. Und all diese Schläge gegen die Arbeiter und ihre Organisationen geschehen im Schatten der „Unfassbarkeit“ des antisemitischen Massenmords, so dass die Herrschenden der BRD auch nach 1945 stets noch ihren Nutzen von diesem Verbrechen hatten!

Eiskalt

„Der antisemitische Wind weht uns eiskalt ins Gesicht.“ Paul Spiegel, der Präsident des Zentralrats der Juden, zieht eine traurige Bilanz seines ersten Amtsjahres. So erzählt er etwa von einem festlichen Empfang einer Großbank für Düsseldorfer Honoratioren und besonders gute Kunden. Dabei sei „einer der angesehensten Anwälte der Stadt“ aufgestanden und habe von seiner Zeit als junger Flakhelfer in Auschwitz berichtet. Morde oder gar Vernichtungsaktionen habe er damals nicht gesehen, tönte der Mann. Und überhaupt seien die Juden heute selbst schuld, dass der Antisemitismus wieder wachse. Sie mischten sich überall ein und wollten Deutschland nur finanziell ausnehmen. Niemand der versammelten Bankiers, Industriellen, Ärzte und Professoren habe widersprochen.

Evangelischer Pressedienst, 5.Januar 2001, zitiert nach KONKRET 2/2001, S.11

Wir sind wieder wer

In den siebziger Jahren begannen die noch auf Westdeutschland zusammengedrängten deutschen Monopolherren Licht im Tunnel ihrer geheuchelten Ergebenheit gegenüber den USA zu sehen. Ökonomisch waren sie stärker geworden und konnten selbstbewusst in den Handel mit der Sow-jetunion einsteigen. Währenddessen hatte der Ziehvater USA alle Hände voll zu tun mit dem aufsässigen vietnamesischen Volk, das seinen eigenen Weg in Richtung Frieden und Sozialismus gehen wollte. Der „Entwurf für Europa“[5]von Franz Josef Strauß wurde zum Handbuch westdeutscher Politik. Dieses Buch läuft auf die Empfehlung hinaus, gemeinsam mit Frankreich zu gehen, auf diesem Wege den Widerstand Großbritanniens gegen ein Erstarken Westdeutschlands und gegen eine deutsche „Wiedervereinigung“ aufzuweichen und so eine europäische Großmacht gegen die USA zu schaffen. Und Strauß war es auch gewesen, der 1969 den für die deutschen Monopolherren befreienden Schlachtruf losgelassen hatte: „Ein Volk, das diese wirtschaftlichen Leistungen erbracht hat, hat ein Recht darauf, von Auschwitz nichts mehr hören zu wollen.“[6]

1975 wurden die USA gerupft und geschwächt aus Vietnam verjagt. So bedeutend dieser Sieg des Befreiungskampfes für die internationale Arbeiterklasse war, so verheerend war es doch, dass dieser Kampf nicht von den Arbeitern der imperialistischen Länder gegen ihre eigenen Ausbeuter fortgesetzt wurde, und so die deutsche Monopolbourgeoisie als Geier über den Schlachtfeldern aus der Niederlage des US-Imperialismus Nutzen ziehen konnte. Es wuchs das „deutsche Nationalbewusstsein“ in seiner durch den zu spät und zu kurz gekommenen deutschen Imperialismus fürchterlich zugerichteten Gestalt.

Im Februar 1977 wurde bei einem Kameradschaftsabend in der Bundeswehrhochschule München eine „symbolische Judenverbrennung“ durchgeführt. Das Entsetzen der antifaschistischen und friedliebenden Öffentlichkeit wurde mit dem ab da immer häufiger benutzten Argument des „bedauerlichen Einzelfalles“ beschwichtigt[7]. Der Herbst 1977 wurde zu einer Orgie der Zerstückelung der bürgerlich-demokratischen Rechte unter dem Vorwand der Terror-Bekämpfung. Gleichzeitig traten Nazi-Gruppen und Nazi-Publikationen immer stärker ins Bild der Öffentlichkeit. Hitler-Filme füllten die Kinos und Hitler-„Biographien“ die Buchläden. Einer der berühmtesten Filme dieser Zeit war der von Joachim C.Fest „Hitler – eine Karriere“ nach dem Buch des gleichen Autors, früherer Herausgeber der FAZ (Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Es wurde mit diesem von allen Seiten der deutschen Bourgeoisie geförderten Film ein ideologischer Großangriff gestartet auf die bis dahin noch in weiten Teilen der Arbeiter- und demokratischen Bewegung vorhandenen Ansicht, dass der deutsche Faschismus vom deutschen Finanzkapital, den Herren der Großindustrie und der Großbanken, an die Macht gebracht worden war.[8]

Der „Kampf gegen den Terrorismus“ hatte aber nicht nur Wirkungen nach innen, sondern auch nach außen: es gab den ersten deutschen Kampfeinsatz im Ausland – noch nicht von der Bundeswehr, aber von der Bundesgrenzschutzeinheit GSG 9 in Mogadischu, um ein entführtes Flugzeug zu stürmen. So begann der deutsche Imperialismus auch militärisch an seinen durch den Sieg der Antihitlerkoalition auferlegten Fesseln zu rütteln.

Zur gleichen Zeit reiste der CSU-Vorsitzende F.J. Strauß in das damals von einer faschistischen Militärjunta unter Pinochet regierte Chile. „Sorgen Sie dafür, dass die Freiheit in Chile erhalten bleibt“, rief er auf einer öffentlichen Kundgebung Pinochet zu[9]. Am meisten zeigte er sich „von dem inneren Frieden und der politischen Stabilität in Chile beeindruckt[10]. Über den Sturz der gewählten Regierung Chiles und die Ermordung des Präsidenten Allende höhnte er, es sei „nicht freundlich zugegangen, wenn Militärs eingreifen, ist es anders, als wenn der Franziskanerorden Suppen verteilt[11].

Die immer ungenierteren Töne und Handlungen aus Westdeutschland hinterließen auch ideologisch ihre Spuren da, wo Geld und Einfluss des deutschen Imperialismus außerhalb seiner engen territorialen Grenzen Fuß fassten. So wurde im Januar 1978 in der ägyptischen Stadt Marsa-Matruh ein dem Nazi-Feldmarschall Rommel gewidmetes Museum eingerichtet, der im 2. Weltkrieg den Oberbefehl über das Afrika-Korps der Wehrmacht führte. Die Familie Rommels lieferte aus Westdeutschland Unterstützung in Form von Erinnerungsstücken[12]. Und Bundeskanzler Helmut Schmidt, der in dieser Zeit mehrere Staatsbesuche und -empfänge mit der ägyptischen Regierung absolvierte, fand nichts dabei[13].

1978 wurde dann das Jahr, in dem Westdeutschland den großen Schlussstrich unter die Verfolgung der Nazi-Verbrechen zog: es wurde von einer breiten Mehrheit des Bundestages endgültig festgelegt, der UNO-Konvention über die Nichtverjährbarkeit von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht beizutreten, sondern stattdessen die Unverjährbarkeit jeglichen Mordes festzulegen. Schon seit 1968 waren alle Verbrechen unterhalb von Mord (z.B. Beihilfe zum Mord und Totschlag) sowieso verjährt. Die Nazi-Massenmörder, die 1978 noch übrig und am Leben waren, konnten nur noch – wenn überhaupt – als Menschen wie du und ich vor Gericht gestellt wurden.

Mit der Entsendung sowjetischer Truppen nach Afghanistan 1979 und der Einmischung der USA durch Aufrüstung der „Widerstandskämpfer“ (aus denen sich sowohl die heutige Taliban als auch die Nordallianz entpuppten) verschärften sich die Widersprüche unter den Imperialisten – sie haben bei dem strategisch wichtig gelegenen Afghanistan mit seiner großen Bedeutung für den Zugriff zu den Bodenschätzen Zentralasiens noch nie viel Spaß verstanden. Bundeskanzler Helmut Schmidt findet im Frühjahr 1980 einen bemerkenswerten Vergleich: er meint, die Situation sei mit der des Juli 1914 vergleichbar[14], also der Situation, in der die Widersprüche zwischen den imperialistischen Mächten sich im ersten Weltkrieg entluden (wobei Anstifter und Auslöser dieses Krieges bekanntlich der deutsche Imperialismus war).

Wir werden total normal

Bei der Bundestagswahl 1980 provozierte Strauß mit seiner Kanzlerkandidatur. Erstmals wurden in Westdeutschland vietnamesische Flüchtlinge ermordet[15]. Ein faschistischer Selbstmordattentäter, Angehöriger der Wehrsportgruppe Hoffmann, tötete mit einer Bombe auf dem Oktoberfest in München 12 Menschen und verletzte 219 schwer. Noch im März 1980 hatte Strauß über die Wehrsportgruppe Hoffmann gesagt: „Mein Gott, wenn jemand Spaß daran hat, am Sonntag mit einem Rucksack und im Kampfanzug mit Koppelschloss durchs Gelände zu spazieren, soll man ihn in Ruhe lassen.“[16]

Am 19. Dezember 1980 wurde erstmals seit 1945 auf deutschem Boden ein Mensch nur deshalb ermordet, weil er Jude war. Opfer war der Verleger Shlomo Levin und seine Lebensgefährtin Frida Poeschke. Der Tatort war Erlangen. Der Täter war Mitglied der Wehrsportgruppe Hoffmann[17].

Westdeutschland begab sich in die achtziger Jahre, in den Weg zur „Normalität“. Dieser Weg war nicht nur gekennzeichnet durch die Kohl’sche „Wende“, sondern auch durch eine große oppositionelle Bewegung, die nicht mehr von internationaler Solidarität getragen war wie die Mehrheit der Studentenbewegung Ende der sechziger Jahre, sondern von der Angst vor der atomaren Bedrohung, von der Angst, Austragungsfeld in einem Atomkrieg zu sein. Ein deutscher Nationalismus wuchs fast unmerklich bei Massen heran, die vorher für ausgesprochen reaktionäre Bestrebungen nicht in Frage gekommen waren. Riesige Kundgebungen „für den Frieden“ klagten die USA und die Sowjetunion an und deckten den Hauptfeind im eigenen Land, der ungestört mit seinen „deutsch-deutschen Beziehungen“ an der Destabilisierung der DDR arbeiten konnte.

Die offene Reaktion wurde immer frecher in ihrem Antisemitismus – so der innenpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Hermann Fellner, der 1985 erklärte, dass sich die Juden schnell zu Wort melden, wenn irgendwo in den deutschen Kassen Geld klimpert[18]. Etwas gediegener sagte dasselbe der Bundestag im Dezember 1987 mit einer Resolution: „Der Deutsche Bundestag spricht allen Opfern der NS-Gewaltherrschaft sein Mitgefühl aus. Und er ist sich bewusst, dass das Leid und die Schäden der NS-Verfolgung und des NS-Unrechts nicht mit Geldleistungen wieder gutgemacht werden können.[19] (Und deshalb halten wir das Portemonnaie auch fest verschlossen!)

„... das glücklichste Volk der Welt“ (Momper)

Mit der Einverleibung der DDR und dem Abzug der Truppen der Alliierten war das imperialistische Deutschland nicht nur ökonomisch, sondern auch politisch die stärkste Macht in Europa geworden. Seinen Einstand gab das nun „glücklichste Volk der Welt“[20] (Walter Momper) mit der Zerstückelung Jugoslawiens, der diplomatischen Anerkennung Sloweniens und Kroatiens gegen den erklärten Willen der anderen EU-Mitglieder und der USA[21] 1991, und mit mörderischen rassistischen Aggressionen gegen Menschen aus anderen Ländern oder mit dunkler Hautfarbe, die einen vorläufigen Höhepunkt 1992 in dem Pogrom in Rostock-Lichtenhagen gegen vietnamesische Asylbewerber fanden. Inzwischen leugnen selbst eifrige Verfechter dieser Verhältnisse nicht mehr, dass sich vom Zeitpunkt der Beseitigung der DDR als Staat antisemitische Übergriffe auffällig häufen, der Antisemitismus besonders auch in Intellektuellenkreisen immer mehr salonfähig wird und die Vernichtung der europäischen Juden mehr und mehr verharmlost wird.

Die neu errichtete Dresdner Synagoge wurde nicht einmal bis zum zweiten Tag nach ihrer Einweihung am 9. November 2001 vor einer Nazi-Schändung geschützt. Nur wenige Wochen vorher entschied ein Gericht, dass der stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland als „Zigeunerjude“ bezeichnet werden darf[22]. Als nach einem Brandanschlag auf das Haus eines jüdischen Bürgers in Babenhausen (Hessen) 1997 dieser Bürger die Verschleppung der Ermittlungen kritisierte, erklärte der Bürgermeister der Stadt: „Für Juden gibt es keine Sonderbehandlung.[23]

Diese drei Vorfälle geben nur einen kleinen, aber typischen Ausschnitt aus diesem antisemitischen Zusammenspiel staatlicher Instanzen und fast ungehindert agierenden faschistischen Mobs. Aber was soll das mit der Aggressivität des deutschen Imperialismus nach außen und seiner wachsenden Konkurrenz mit den USA zu tun haben?

Die einfachste Antwort darauf findet man bei den dreistesten und offenherzigsten Verteidigern des deutschen Größenwahns, den Stiefelnazis mit ihren rechtsintellektuellen Führern. Vom Krieg gegen Jugoslawien bis zum Krieg gegen Afghanistan versuchen sich die NPD und andere Nazigruppen in die Reihen derjenigen Kriegsgegner zu mischen, deren Losungen sich hauptsächlich gegen die USA wenden, statt das Augenmerk auf das Treiben des deutschen Imperialismus zu richten. Während des Krieges gegen Jugoslawien verbreitete die NPD ein Plakat, das die USA als jüdische Weltmacht darstellte. Naziaktivisten marschieren seit vielen Monaten mit dem Transparent „Gegen den zionistischen one-world-Terror[24]. Typisch sind auch solche Sätze des NPD-Prominenten Horst Mahler: „Die Luftangriffe auf Washington und New York vom 11. September 2001 markieren das Ende des Amerikanischen Jahrhunderts, das Ende des globalen Kapitalismus und damit das Ende des weltlichen Jahwe-Kultes, des Mammonismus.“ Oder: „Es ist der die gläubigen Juden auf die Erlangung der Weltherrschaft durch Geldleihe ausrichtende Jahwe-Kult, der dem kapitalistischen System gegenwärtig seine tödliche Dynamik verleiht.“ Und weiter zum 11. September 2001: „Sollte sich je herausstellen, dass es der Mossad[25] war – umso besser. Diese Erkenntnis würde Mammon den Garaus machen und Israel vom Erdboden vertilgen.[26] Kurz nach dem 11. September wurde die KZ-Gedenkstätte Dachau massiv mit Hetzparolen wie „Amis sind Kriegsverbrecher“, „Jud verrecke[27], „Der Jud ist verantwortlich für die Massenterroranschläge in den USA[28] und „Die Juden wollen im 3. Weltkrieg ausgerottet werden“ (siehe Bild) geschändet. Am 1. Dezember 2001 durfte die NPD in Berlin am Rande des jüdischen Viertels gegen die Ausstellung über die Verbrechen der Wehrmacht demonstrieren – auf dem Marsch grölten die Nazis: „Die Wehrmacht war ein deutsches Heer, dem Ami dient die Bundeswehr![29]

Staatsgewalt gegen jüdische Gemeinde

Die Jüdische Gemeinde in Göttingen hat die Durchsuchung ihrer Räume von Polizei und Staatsanwaltschaft als unbegründet und unangemessen kritisiert. Anlass der Aktion war der Verdacht der Staatsanwaltschaft, dass Personen aus der ehemaligen Sowjetunion sich mit Hilfe der Gemeinde und gefälschter Abstammungsurkunden ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Deutschland sichern wollten.

dpa, 6.Februar 2001, zitiert nach KONKRET 3/2001, S.11

Dass antisemitische mit antiamerikanischen Phrasen oder Andeutungen verbunden werden, ist leider nicht nur den kleinen Nazi-Gruppen vorbehalten, die wir hier vor allem deshalb zitiert haben, weil sie in ihrer Schlichtheit auch den Dümmsten oder Schwerhörigsten verständlich machen, wohin die Reise des deutschen Imperialismus gehen soll – schließlich wären solche Parolen und Handlungen wie die oben genannten für diese Nazi-Gruppen vor über zehn Jahren noch undenkbar gewesen. Es gehört seit den letzten Jahren aber sogar zum regierungsamtlichen Ton, – natürlich nicht auf so plumpe Art – antiamerikanische mit antisemitischen Untertönen zu verbinden. So erklärte Bundeskanzler Schröder wiederholt zu den Forderungen der ehemaligen Zwangsarbeiter an die deutsche Industrie, wovor er die deutsche Industrie bewahren will: vor den amerikanischen Anwälten der Opfer, die „schnöden Profit aus einer guten Sache schlagen[30] (die Profite der deutschen Industrie sind – soweit überhaupt vorhanden – natürlich alles andere als schnöde). Es war von Gregor Gysi sehr berechtigt festzustellen, dass man in der Abwehr der Ansprüche der ehemaligen Zwangsarbeiter „einen aufkommenden neuen Antisemitismus“ spürt, „obwohl die meisten der Betroffenen keine Juden sind[31].

Viele Menschen unterschätzen diesen Antisemitismus, weil sie immer wieder irgendwelche Bekenntnisse gegen den Antisemitismus von offizieller Seite ernst nehmen und sich nicht vorstellen können, dass es wieder zu einem staatlichen, eliminatorischen Antisemitismus in Deutschland kommen könnte. In der Tat sehen wir mit bloßem Auge erst mal sehr widersprüchliche und schwer einzuordnende Tendenzen. Sehen wir uns das mal bei der Auseinandersetzung um das Denkmal für die ermordeten Juden Europas an: CDU-Diepgen kämpfte und kotzte dagegen wie viele von der CDU, Kohl war dafür wie auch viele von der CDU. Bundeskanzler Schröder prägte den empörenden Satz, das Holocaust-Mahnmal solle eins sein, „zu dem die Menschen gern hingehen“. SPD-Thierse setzt sich dagegen mit deutlich größerem Ernst für das Mahnmal ein. Unter den Antifaschisten besteht über Für und Wider zu dem Denkmal überhaupt keine Einigkeit. Wir haben in der KAZ Nr. 294 begründet, warum wir für die Verteidigung dieses Denkmals sind[32] – und damit einen der ganz seltenen Fälle geliefert, in denen wir einen Beschluss des Bundestages verteidigen, und wohl den einzigen Fall, in dem wir uns hinter einen Parlamentsbeschluss stellen, der von Kohl und weiteren Teilen der CDU mitgetragen wurde.

Die Situation ist deshalb so verwirrend, weil sich die deutsche Monopolbourgeoisie im Umbruch befindet – weil sie sich noch nicht hundertprozentig vom US-Imperialismus lösen kann, aber seit 1945 noch nie so heftig und mit solcher Anmaßung gegen ihn vorgegangen ist – und vorgehen konnte. Für diesen Umbruch ist die Auseinandersetzung um das Holocaust-Mahnmal ein Symptom – es gibt auch noch viele andere. Wir versuchen im Folgenden die Hauptlinien dieser Entwicklung zu verfolgen, denn wir müssen verstehen, gegen wen und mit wem wir heute kämpfen müssen, und welche Zukunft uns blüht, wenn wir den Antisemitismus nicht besiegen.

Was ein Kanzler noch nicht und ein Schriftsteller schon wieder darf

Es kristallisieren sich seit dem Jahr des Regierungswechsels 1998 hinsichtlich des Antiamerikanismus und Antisemitismus zwei große Linien in den inneren Kämpfen und Neuformierungen der deutschen Bourgeoisie heraus, die sich zueinander ungefähr nach dem Motto „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich“ verhalten: die gegenwärtig von der sozialgrünen Regierung praktizierte (und derzeit auch für die Herren Deutschlands einzig praktikable) zum einen und zum anderen die in Feuilletons von Schriftstellern als ideologischen Vorreitern propagierten und diskutierten nationalistischen Zukunftsvisionen – hier ist der Schriftsteller Martin Walser durch seine berüchtigte Rede in der Paulskirche in Frankfurt/Main im Herbst 1998 als Empfänger des Frie­dens(!)­preises des Deutschen Buchhandels[33] zum prominentesten Künder des bisher Unaussprechlichen geworden. Was ergibt der Vergleich zwischen diesen beiden Linien:

  • Zur einverleibten DDR: Die sozialgrüne Linie kennt nur eins: Rache, niedertreten, die DDR annexionistisch auslöschen, ihre ökonomischen Strukturen vernichten, Funktionsträger im früheren Partei- und Staatsapparat einsperren, Westdeutsche, die Kundschafter der DDR waren, ebenfalls einsperren, das Volk der DDR als antisemitisch, nationalistisch und (entgegen besseren Wissens) als Wiege der Nazi-Bewegung hinstellen. Die Walser-Linie propagiert das Zusammenwachsen der Deutschen, die große deutsche Versöhnung, weil wir eben Deutsche sind, biedert sich bei der Bevölkerung der einverleibten DDR an, nutzt ihre Demütigung aus, fordert auch schon mal – wie Walser in seiner Frankfurter Rede – die Freilassung eines eingesperrten Kundschafters der DDR, nicht wegen der bürgerlichen Gleichheit mit den Geheimagenten der BRD, sondern eben wegen der deutschen Blutszusammengehörigkeit. All das läuft – ohne dass es ausgesprochen wird – auf den Weg der deutschen Volks- und Schicksalsgemeinschaft hinaus.
  • Zu der Vernichtung der europäischen Juden: Die sozialgrüne Linie wendet sich nicht offen gegen die Erinnerung an den Holocaust, nimmt entsprechende Pflichttermine und Gedenkminuten wahr – sucht aber den deutschnationalen Konsens durchaus auch auf der Ebene antisemitischer Stereotypen, wie sie Schröder z.B. anlässlich der Entschädigungsforderungen früherer Zwangsarbeiter losgelassen hat (siehe oben). Vor allem aber missbraucht sie hemmungslos die Millionen von Opfer des deutschen Antisemitismus, um die neuen Verbrechen des deutschen Imperialismus, die sie als deutsche Regierung ausüben dürfen, zu rechtfertigen und damit gleichzeitig das größte Verbrechen in der Geschichte der Menschheit zu verharmlosen. So geschehen bei der Rechtfertigung der Aggression gegen Jugoslawien, als Außenminister Fischer behauptete, mit dem Krieg solle „ein neues Auschwitz“ verhindert werden. Die Walser-Linie spricht von einer „Instrumentalisierung der Schande“, spricht dagegen, dass Auschwitz als „Moralkeule“ benutzt wird – siehe die Rede von Walser in der Paulskirche, in der er auch sagte: „Manchmal, wenn ich nirgends mehr hinschauen kann, ohne von einer Beschuldigung attackiert zu werden, muss ich mir zu meiner Entlastung einreden, in den Medien sei auch eine Routine des Beschuldigens entstanden. Von den schlimmsten Filmsequenzen aus Konzentrationslagern habe ich bestimmt schon zwanzigmal weggeschaut.“ Und den Entwurf von Eisenman für das Denkmal für die ermordeten Juden bezeichnete er als „Betonierung des Zentrums der Hauptstadt mit einem fußballfeldgroßen Alptraum“ und „Monumentalisierung der Schande“. Schließlich beklagt er sich: „... in welchen Verdacht gerät man, wenn man sagt, die Deutschen seien jetzt ein ganz normales Volk, eine ganz gewöhnliche Gesellschaft?“ Erinnern wir uns – das alles in einem Atemzug mit der Forderung, den früheren Kundschafter Rainer Rupp freizulassen. Das kann doch nur den Sinn haben, wir die ganz normale, ganz gewöhnliche, von jüdischen Forderungen befreite, zusammengewachsene Volksgemeinschaft werden sollen!
  • Zum Krieg gegen Jugoslawien und Afghanistan: Die sozialgrüne Linie setzt sich für die militärische Beteiligung der BRD an den Kriegen gegen Jugoslawien und Afghanistan ein. Fälschlicherweise wird das in der Öffentlichkeit oft als Unterwerfung unter die USA verstanden. Bei genauerem Hinsehen wird deutlich, dass es darum geht, den Anschluss nicht zu verlieren beim Kampf um die Neuaufteilung der Welt und dabei gleichzeitig „Besonnenheit“ und „Vernunft“ zu demonstrieren und sich stets als Vermittler und Friedensbringer anzubieten. Das war so 1999 bei der Aufteilung des Kosovo wie 2001 bei der Festlegung des Standortes Deutschland, um eine afghanische Regierung zu basteln. Die USA werden auch schon mal brüskiert (wie vor dem 11. September 2001 in der Absicht, in Mazedonien zu bleiben)[34], dann werden sie wieder schulterklopfend entlastet (wie nach dem 11. September, als der deutsche Imperialismus als Führungsmacht in Mazedonien blieb). Wann den USA geholfen wird, entscheiden nicht die Hilfsgesuche der USA, das entscheidet das imperialistische Deutschland selber. Die „Solidarität mit den USA“ wird gnadenlos eingesetzt, um den USA Macht und Einfluss zu schmälern, wo es nur geht. Die Walser-Linie ist gegen den Krieg, weil man nicht für amerikanische Interessen sterben will (also offenbar lieber für deutsche – darin haben wir schließlich Übung). So einfach ist das tatsächlich, auch wenn Walser und ähnlich gesinnte Intellektuelle auf Unterschriftenlisten gegen den Krieg zu finden sind, deren Text etwas komplizierter und verhohlener auf den gleichen Inhalt zusteuert, aber Zugeständnisse an die sozialgrüne „Besonnenheit“ und „Vernunft“ macht. Die Walser-Linie biedert sich an die Linken in der einverleibten DDR an, die die USA hassen als Inbegriff des Weltimperialismus, der den Sozialismus besiegt hat. Nur: der Sozialismus ist vorläufig besiegt, und so geht die Hauptgefahr weniger denn je von einem Weltimperialismus aus, sondern hauptsächlich von der wachsenden Konkurrenz unter den Imperialisten und damit dem gefährlichen Erstarken des immer noch zu spät und zu kurz gekommenen deutschen Imperialismus, der sich ohne antiamerikanische und antisemitische Begleitmusik nicht nach vorn beißen kann. An der Frage der Kriegsbeteiligung Deutschlands zeigt sich am besten, warum ein Schriftsteller wie Walser und nicht ein praktisch für das Monopolkapital tätiger Politiker öffentlich gehätschelter Repräsentant völkischer Visionen gegen die USA ist: so weit ist die deutsche Bourgeoisie heute einfach noch nicht. In den letzten zehn Jahren hat die deutsche Monopolbourgeoisie ungeheuer viel erreicht: sie ist ökonomisch und politisch die stärkste Macht in Europa und hat als einzige imperialistische Macht ihr Territorium vergrößert. Aber ein offenes völlig eigenständiges Vorgehen gegen die USA ist noch nicht drin. Sondern zurzeit geht es ihnen darum, die USA in das Bündnis zu zwingen, damit sie nicht im Alleingang vollendete Tatsachen schafft. Wenn das geschafft ist, wenn der deutsche Imperialismus stark genug ist, die Feuilleton-Träume der Walser usw. praktisch umzusetzen, dann gnade uns Gott, dann haben wir statt der immerhin noch Reste von bürgerlicher Demokratie die antisemitische, antiamerikanische Volks- und Schicksalsgemeinschaft gegen die Völker der Welt – wie gehabt.

Peter Edel litt auch für Euch!

Im September 2000 beschloss die Bezirksverordnetenversammlung des Berliner Bezirks Weißensee mit den Stimmen der CDU und der SPD, das Kulturhaus „Peter Edel“ umzubenennen. Begründung: Peter Edel sei „IM der Stasi“ gewesen.

Peter Edel war Jude. In Auschwitz wurde er Kommunist.

Bereits 1997 versuchte die Weißenseer CDU den Namen Peter Edels zu löschen, blitzte aber ab. Originalton aus der CDU: „Die Tatsache, dass Peter Edel ein Jude ist, rechtfertigt nicht, gutzuheißen, dass er Spitzeldienste für die Stasi geleistet hat.“ (taz 31.12.97)

Nur weil er Jude war, musste Peter Edel als Junge aufgrund der Nürnberger Rassengesetze das Gymnasium verlassen. Nur weil er Jude war, wurde er als Zwanzigjähriger zur Zwangsarbeit verpflichtet, und lernte er ab seinem 22. Lebensjahr die Lager Auschwitz, Großbeeren, Sachsenhausen, Mauthausen und Ebensee kennen. Nur weil er und seine Familie Juden waren, wurden seine Frau und die meisten seiner Angehörigen ermordet.

Wie durch ein Wunder überlebte er, der als Widerstandskämpfer sein Leben nicht geschont hatte. Er entschied sich für den antifaschistischen Staat DDR und arbeitete dort als Schriftsteller und Grafiker bis zu seinem Tod 1983. Er war ein ständiger Mahner und trat als Zeuge in Prozessen gegen die Naziverbrecher auf – so z.B. im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess und in dem Prozess gegen Globke, den Kommentator der Nürnberger Rassengesetze und Staatssekretär Adenauers, über den 1963 von einem Gericht der DDR das Urteil „Lebenslänglich“ verhängt wurde (leider saß Globke in Westdeutschland allzu sicher).

Die Berliner Morgenpost (15.09.2000) schreibt: „Bekannt wurde Edel insbesondere durch seine unnachsichtige Verfolgung der Nazi-Täter und durch seinen Kampf gegen das Vergessen der Gräueltaten im Dritten Reich. Nicht zuletzt aus diesem Zusammenhang heraus scheint Edel eine Zusammenarbeit mit der Stasi aufgenommen zu haben.“

1000 Unterschriften wurden gegen die Umbenennung gesammelt, die PDS hat gegen den barbarischen Akt der Weißenseer BVV geklagt. Es hat Proteste und Versammlungen gegeben. Nach der Fusion der Bezirke Weißensee, Pankow und Prenzlauer Berg liegt die Durchführung des Beschlusses auf Eis – das Haus sieht nach wie vor so aus wie auf diesem Foto.

Und welcher Teufel hat nun die Weißenseer SPD-Fraktion geritten, dem jahrelangen antisemitischen Drängen der CDU zu folgen? Es gibt etliche SPD-Mitglieder in Weißensee und den Fusionsbezirken, die das auch gern wüssten, darunter der damalige Bürgermeister von Prenzlauer Berg. Antifaschistische Demonstranten trugen auf der BVV-Sitzung ein Transparent: „Peter Edel litt auch für Euch!“ Daran sollten sich alle Sozialdemokraten erinnern.

Die sozialgrüne und die Walser-Linie sind nicht deckungsgleich, aber sie bekämpfen sich auch nicht bis aufs Messer. Als Walser seine berüchtigte Rede vor 1.200 ausgesuchten Honoratioren, Vertretern und Dienern der herrschenden Klasse hielt, dankte diese Elite der Berliner Republik mit stehenden Ovationen (mit Ausnahme von drei Personen: das Ehepaar Bubis und Friedrich Schorlemmer). Was die Unterschiede zwischen diesen Linien betrifft, so hat Bundeskanzler Schröder das mal so ausgedrückt: „Ein Schriftsteller darf das sagen. Ein Bundeskanzler nicht.[35]“ (Er hätte vielleicht gern gesagt: noch nicht.) Ein Schriftsteller kann Visionen darstellen von den antiamerikanischen und antisemitischen Höhenflügen deutschen Größenwahns. Das braucht die Bourgeoisie, um entscheiden zu können, wohin und wie schnell die Reise geht. Ein sozialdemokratischer Kanzler hat praktische Politik zu machen und die Realisierung dieser Höhenflüge vorzubereiten – und damit übrigens auch den Selbstmord der sozialgrünen Regierung.

Vorsicht – Falle!

Nur der Faschismus an der Macht war (und wäre) in der Lage, den staatlichen Antisemitismus durchzuführen bis zur antisemitischen Massenvernichtung. Noch ist das nicht so weit, noch können wir einer solchen Entwicklung Einhalt gebieten. Dass der Antisemitismus heute wieder zu einer Modeerscheinung wird, muss allen Arbeitern und Antifaschisten eine Warnung sein und sie vor die Frage stellen: wo sind die Löcher und Ritzen, durch die der Antisemitismus eindringt und die Gehirne vergiftet? Der Antisemitismus ist ein Wahn, mit dem vor allem das Kleinbürgertum infiziert werden kann (und je weniger klassenbewusst die Arbeiter sind, je mehr sie sich zersplittern und vereinzeln lassen und kleinbürgerlichen Gewerkschaftsführern unterwerfen, desto mehr sind sie auch gefährdet – viel gefährdeter als die Arbeiter in den zwanziger und dreißiger Jahren!). Deshalb sind die heutigen gängigen kleinbürgerlichen Anschauungen zu untersuchen, wieweit sie eine offene Flanke für das Eindringen des Antisemitismus haben.

Der Antisemitismus fußt auf der Ablehnung der bürgerlichen Gleichheit. Er wirkt auf Kleinbürger anziehend, weil er ihr Minderwertigkeitsgefühl dämpft und tröstet. Dieses Minderwertigkeitsgefühl kommt aus ihrer materiellen Lage – zum einen sind sie ständig vom Bankrott bedroht durch das große Kapital, zum anderen fürchten sie um ihr bisschen längst verpfändete Existenz durch die organisierte Arbeiterklasse. Zwischen beiden großen Klassen zerrieben, scheint es großen Massen von ihnen erst mal günstiger, als Mitglied einer Herrenrasse doch noch wer sein zu können und auf Kosten des eigenen Nachbarn und vielleicht auch anderer Völker auch mal was abzubekommen. Um dagegen Dämme zu bauen, ist der Kampf für bürgerliche Gleichheit notwendig – bitter notwendig. Dass es hingenommen wird, dass die Bürger der einverleibten DDR per Gesetz ungleich gegenüber den Bürgern Westdeutschlands und Westberlins behandelt werden, hat seit 1990 mit zu dem Dammbruch geführt, der antisemitische Ansichten und Untaten hochgeschwemmt hat. Diese Ungleichheit erstreckt sich auf Eigentumsfragen, auf das Strafrecht, auf die Lohntarife in Staatsbetrieben ... – das heißt, auf das gesamte Leben. Dies zur Normalität zu erklären und sich gleichzeitig über den Antisemitismus zu entsetzen, ist pure Heuchelei. Der Kampf für bürgerliche Gleichheit ist auch notwendig gegen die völkische Propaganda des „Zusammenwachsens der Deutschen“, die von vornherein das Sig-nal zu Pogromen gegen Menschen aus anderen Ländern oder dunklerer Hautfarbe gegeben und die staatlichen Verschärfungen gegen Flüchtlinge und andere Einwanderer begleitet hat. Nicht zusammenwachsen müssen wir, sondern Arbeiterklasse und Antifaschisten müssen sich strikt trennen von allem, was das Deutschtum irgendwie hervorheben und privilegieren will.

Weiter fußt der Antisemitismus auf der Anbetung der schwieligen Faust. Die reaktionären, chauvinistischen Kleinbürger schreiben der Arbeit eine mystische Bedeutung zu und machen einen Unterschied zwischen „schaffendem“ und „raffendem“ Kapital – eine Unterscheidung, die im Zeitalter des Imperialismus, wenn Bank- und Industriekapital zum Finanzkapital unentwirrbar verschmolzen ist, besonders reaktionär und wirklichkeitsfremd ist und gerade aus diesem Grund jede Möglichkeit der Willkür und Rechtlosigkeit eröffnet. Heute gibt es bis in die Gewerkschaften hinein jede Menge offene Flanken, wo keine Abwehrkräfte gegen antisemitische Propaganda vorhanden sind. „Hauptsache Arbeit“ ist eine dieser dummen, dumpfen Stereotypen, auf deren Grundlage Kanzler Schröder dann die Faulheit der Erwerbslosen zum Feind der Nation erklärt hat. Die Losung „Hauptsache Arbeit“ muss bekämpft werden – welche üble Demagogie sie ist, erweist sich schon, wenn man sich mal einen vorstellt, der im Lotto gewonnen oder überraschend eine große Erbschaft gemacht hat und weiterhin „Hauptsache Arbeit“ schreit. Wäre einem solchen Menschen nicht dringend ein Arztbesuch anzuraten? Hauptsache Arbeit – das ist die Verherrlichung der Lohnarbeit, der Arbeit für das Kapital, Arbeit für den Krieg und für die Verelendung der Völker, aber auch für unsere eigene Verelendung. Wer Arbeit sucht, tut das so wie ein Tier Nahrung sucht – weil es um das Überleben geht. Er sucht nicht Arbeit, sondern die Krümel, die diese reiche Gesellschaft ihm und seiner Familie vielleicht noch irgendwo lässt. Kann das beim heutigen Stand von Wissenschaft und Technik menschenwürdig sein? Nur die Arbeiterklasse kann – im Gegensatz zu vom Antisemitismus verführbaren Kleinbürgern – wirklich und von Grund auf antikapitalistisch sein, indem sie nicht sagt: Hauptsache Arbeit, sondern: Hauptsache, wir Arbeiter schließen uns zusammen gegen die Kapitalisten, kämpfen für Arbeitszeitverkürzung, für unsere Rechte und für eine Gesellschaft, in der wir nicht zum Teil für unser nacktes Überleben und zum größeren Teil für die Monopolprofite arbeiten, sondern in der wir nur für uns arbeiten. Alte Hüte? Gesellschaften, die das bisher versucht haben (einschließlich der auf deutschem Boden), haben jedenfalls keine Weltkriege angezettelt und keine Massenvernichtung betrieben.

Und dann fußt der Antisemitismus auch auf dem Antiamerikanismus. Das mag erst mal erstaunen, ist es doch zurzeit gerade die Reaktion bis hin zu einem Stoiber, die ständig angeblich den Kampf gegen den Antiamerikanismus führen. Es handelt sich aber hierbei nur um eine besonders geschickte und üble Variante des Antiamerikanismus, wie sie von F.J. Strauß als Erstem kultiviert wurde: die scheinheilige Anbiederung an die USA, die man „entlasten“ will durch ein „starkes Europa“ in „gleichberechtigter Partnerschaft“. In der Bundestagsdebatte am 8.November 2001 zum geplanten Krieg der Bundeswehr gegen Afghanistan und sonstige Länder der Erde erklärte Außenminister Fischer, der 11.September 2001 mit seinen Anschlägen in New York und Washington sei eine Chance, die USA wieder in das Bündnis zu bekommen. Demnach ist ja die „uneingeschränkte Solidarität“ der Bundesregierung mit den USA nichts, was der US-Imperialismus zurzeit irgendwie brauchen könnte, ganz im Gegenteil. Auch so kann Antiamerikanismus aussehen ... Die Verbindung von Antiamerikanismus und Antisemitismus hat sich im Vergleich zur Propaganda der Hitlerfaschisten noch verschärft, da sehr viele jüdische Verfolgte in die USA geflüchtet sind und dort – wie unmoralisch! – zum Teil auch noch Karriere gemacht haben. Umso wichtiger ist es, dass wir erkennen, dass sich die Welt verändert und der deutsche Imperialismus jetzt endlich seinen Platz an der Sonne bekommen will, nachdem er seit 1990 seine Stellung so stark verbessern konnte – aber ohne jede Aussicht, bald die Nummer 1 auf der Welt zu sein, was seine Aggressivität nur noch verstärkt. Antiamerikanismus hilft dieser Bestie, aber nicht der amerikanischen Friedensbewegung, die sehr gut auf Ratschläge ausgerechnet aus Deutschland verzichten kann. Warum zum Beispiel sollte man sich empören, wenn der frühere Außenminister der USA Henry Kissinger zur Eröffnung des jüdischen Museums in Berlin eingeladen wird? Er wurde schließlich nicht zu einer Veranstaltung der Viet-namsolidarität oder zu einer Gedenkfeier für Allende eingeladen, sondern zur Eröffnung des jüdischen Museums. Henry Kissinger ist als Kind jüdischer Eltern in Fürth aufgewachsen. 1938 floh seine Familie in die USA. Kissinger ging als 16-Jähriger in den USA arbeiten und besuchte eine Abendschule, um Buchhalter zu werden. Mit 19 wurde er zur Grundausbildung als Soldat gegen Hitlerdeutschland einberufen. Das ist Kissingers Geschichte vor seiner märchenhaften Karriere als amerikanischer Außenminister[36]. Unser Versagen als deutsche Arbeiterbewegung ist es, wenn dieser Mensch keine Möglichkeit hatte, in Fürth seinen Lebensweg zu finden. Das ist alles, was es zur Einladung Henry Kissingers zur Eröffnung des jüdischen Museums in Berlin zu sagen gibt. Außer noch diesen einen Satz Karl Liebknechts, der heute täglich wichtiger wird: Der Hauptfeind steht im eigenen Land! Und der heißt: deutscher Imperialismus.

Was ist zu tun?

Für die Arbeiterklasse ist das einzig lohnende Ziel die Überwindung der bürgerlichen Gesellschaft. Dieses Ziel kann sie aber nicht erreichen ohne für die bürgerliche Gleichheit zu kämpfen, denn der Imperialismus heißt Reaktion auf der ganzen Linie und Verneinung der Gleichheit vor dem Gesetz, Verneinung der Errungenschaften der bürgerlichen französischen Revolution. Der Antisemitismus ist die aggressivste Kampfansage an die bürgerliche Gleichheit. Und deshalb ist es eine große Gefahr für die politische Entwicklung in unserem Land, dass der Kampf gegen den Antisemitismus in der Arbeiter- und demokratischen Bewegung viel zu gering geschätzt wird. Dieser Kampf ist nicht immer einfach, weil er schwierige Bündnisfragen aufwirft. Da der Antisemitismus wahllos um sich schlägt und auch Kapitalisten angreift – das „raffende Kapital“, Rathenau, die US-Imperialisten, Immobilienmakler, die Treuhand ... – ist es auch notwendig, ein sehr breites Bündnis einzugehen, zeitweise mit Menschen ein Bündnis einzugehen, die man am anderen Tag vielleicht schon wieder als Träger arbeiterfeindlicher Maßnahmen bekämpfen muss. Diese Schwierigkeit stellt sich übrigens bei allen Bündnisfragen, beim Kampf gegen den Antisemitismus aber besonders scharf, wegen der Wahllosigkeit, mit der er seine Opfer sucht. Mit seiner alle Klassengrenzen überschreitenden Aggressivität stellt der Antisemitismus die faschistische Volksgemeinschaft her und macht es umso nötiger, sich sogar mit angegriffenen Kapitalisten zu solidarisieren. Der Kampf darum, dass es nie wieder zu einem Auschwitz kommt, ist Kampf gegen den deutschen Imperialismus, ist der demokratische Kampf gegen seine aggressiven Bestrebungen und der revolutionäre Kampf für seinen Sturz. Für die Arbeiterklasse ist es wichtig, ihr Bewusstsein da-rüber zu schärfen, dass sich der deutsche Imperialismus von anderen Imperialisten dadurch unterscheidet, dass er zu spät und zu kurz gekommen ist, dass er die Vollendung der bürgerlichen Revolution verhindert hat, dass er besonders aggressiv ist und diese Aggressivität auch darin zum Ausdruck kommt, dass er hemmungslos den Antisemitismus als tödliche Kriegswaffe genutzt hat. Was sollte ihn hindern, das wieder zu tun – wird er doch schon wieder von den Arbeitern und den Volksmassen unterschätzt!

Solange die Arbeiterklasse das nicht sieht, wird sie im besten Fall den Antisemitismus ächten, dumm finden, nicht mitmachen, aber sie wird nicht gegen ihn kämpfen und nicht verhindern können, dass er wieder im großen Maßstab als Waffe nach innen und außen verwendet wird. „Ich habe keinen umgebracht“, sagen viele, wenn man darauf hinweist, dass wir nicht irgendwo leben, sondern in dem Land, das die größten Verbrechen der Menschheitsgeschichte zu verantworten hat. Es gibt aber einen Teil der Verantwortung, den die deutsche Arbeiterklasse für die Vernichtung der Juden in Europa trägt, und das ist ihre Unterschätzung des Antisemitismus als grausame Waffe des deutschen Imperialismus.

Viele Voraussetzungen im Kampf gegen den deutschen Antisemitismus sind derzeit schlechter als in den zwanziger Jahren, was die Organisierung und das Klassenbewusstsein der Arbeiter betrifft. Aber eine Voraussetzung ist besser: das ist die geschichtliche Erfahrung unseres eigenen Versagens und unserer damaligen Unwissenheit in dieser Frage. Und diese Voraussetzung zu nutzen, das ist unsere jetzige geschichtliche Verantwortung!

Arbeitsgruppe „Gegen Antisemitismus“

1 Geschichte des Hauses Siemens, hrsg. von der Siemens-Betriebsgruppe der Arbeiter-Basis-Gruppen, München o.J. (ca. Anfang der siebziger Jahre), S.27/28

2 Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, hrsg. vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, Kapitel XII, Berlin 1968, S.94/95.

An dieser Stelle sind noch zahlreiche weitere Beispiele zu finden, die das oben Gesagte belegen.

3 Alle Fakten in diesem Abschnitt über Globke: vgl. Hans Daniel, Der Weg zum Gaskammerstaat, junge Welt 03.03.2001

4 Siehe Neues Deutschland, 12.12.2001, S.4: „Warum Nazi-Unrecht kein Ende findet“

5 Franz Josef Strauß, Entwurf für Europa, Stuttgart 1966

6 Die Zeit, 07.10.1988

7 Siehe Presseerklärung der Konferenz der Allgemeinen Studentenausschüsse in Bayern, u.a. abgedruckt in: Kommunistische Arbeiterzeitung Nr.123, 18.10.1977, S.6

8 Siehe Kommunistische Arbeiterzeitung Nr.116, 13.07.1977, S.16: „Neue Hitlerwelle: Als wär’s ein Stück von Riefenstahl“

9 Deutsche Volkszeitung vom 01.12.1977, „Der CSU-Chef ist ein ‚Sympathisant des Terrors’“, zitiert nach: Dokumentation Strauß in Chile, Anti-Strauß-Komitee, München o.J., S.11

10 Süddeutsche Zeitung, 24.11.1977, zitiert nach: Dokumentation Strauß in Chile, a.a.O., S.5

11 Süddeutsche Zeitung, 25.11.1977, zitiert nach: Dokumentation Strauß in Chile, a.a.O., S.6

12 Monitor-Dienst vom 26.01.1978, zitiert in: Kommunistische Arbeiterzeitung Nr.132, 21.02.1978, S.21: „Gedenkstätte für den deutschen Imperialismus in Ägypten“

13 Kommunistische Arbeiterzeitung Nr.132, ebd.

14 Kommunistische Arbeiterzeitung Nr.185, 29.04.1980, S.1 „Wie groß ist die Kriegsgefahr?“

15 Die Opfer waren die beiden Asylbewerber Nguyen Ngoc Chau und Do Anh Lan. Siehe Kommunistische Arbeiterzeitung Nr.190, 09.09.1980, S.1, „Nein am 5. Oktober!“

16 Strauß im Interview mit dem französischen Journalisten Bernhard Völker, zitiert nach der Dokumentation einer Ausstellung „Nürnberg – München – Tandler und Hillermeier müssen zurücktreten“ des Anti-Strauß-Komitees München/Regensburg, München 1981, S.9

17 Bürger im Bündnis gegen Aggression, Hass und Gewalt, www.nordbayern.de/nb/buendnis/buendnis_fort02.html

18 konkret 3/87, S.24

19 Ebenda

20 Walter Momper, SPD, damals „Regierender Bürgermeister“ von Westberlin, nach der Öffnung der Staatsgrenze der DDR im November 1989, siehe Die Zeit 14/2001 „Der Phantomstolz“

21 Siehe Ralph Hartmann, „Die ehrlichen Makler“, Berlin 1999, S.14/15. Hartmann zitiert dort die Berliner Zeitung vom 19.12.1991, in der Peter W. Schroeder (Washington) Folgendes berichtet hat: „US-Präsident George Bush hat seine regelmäßige Telefoniererei mit dem Bonner Bundeskanzler eingestellt, denn der Chef der amerikanischen Supermacht ist verärgert. ‚Bonn lässt in der Jugoslawienfrage die Muskeln spielen’, erklärte ein Sprecher des USA-Außenministeriums, ‚und das ist uns gar nicht recht’.

In großer Aufmachung verkündigte die ‚New York Times’ das Ende des ‚Zeitalters des politischen Zwergs Deutschland’. Und der amerikanische UNO-Botschafter Thomas Pickering grummelte über die Geburt der ‚Großmacht Deutschland’.

Nach Ansicht der Regierung in Washington leisten sich die Deutschen derzeit auch Unerhörtes: Gegen den erklärten Willen der amerikanischen Regierung will Bonn die Unabhängigkeit der jugoslawischen Bürgerkriegsrepubliken Slowenien und Kroatien anerkennen...

Nach amerikanischer Einschätzung ist Bonn ... zum ‚großen Bruder’ auf Konfrontationskurs gegangen: ‚Durch die Überwindung der deutschen Teilung sind die Deutschen in eine politische Führungsrolle in Europa hineingewachsen’, erklärte ein Berater von James Baker. ‚Und mit einem in der Nachkriegszeit nicht erlebten Selbstbewusstsein füllen sie diese Rolle jetzt auch sehr aktiv aus’ ...

Helmut Sonnenfeld von der Washingtoner ‚Denkfabrik’ Brookings-Institution glaubt, dass die amerikanische Regierung das neue deutsche Selbstbewusstsein wie ein Schlag getroffen hat ... Befreit von Rücksichtnahmen wegen des Ost-West-Konfliktes würden sich die Deutschen jetzt so mächtig benehmen, wie sie es eigentlich schon vorher gewesen seien ...“

22 dpa-Meldung, die am 28.08.2001 von verschiedenen Zeitungen gebracht wurde.

23 Karin Übelacker/Martin Semmel, Antisemitismus im neuen Deutschland, in: Arbeitskreis Kritik des deutschen Antisemitismus, Antisemitismus – die deutsche Normalität, Freiburg 2001, S.234. „Sonderbehandlung“ hieß im Nazi-Jargon die Ermordung der Juden.

24 Jungle World Nr.40/2001

25 Mossad: Der israelische Geheimdienst (d.Arbeitsgruppe)

26 Alle hier angeführten Zitate von Horst Mahler wurden im Internet gefunden.

27 Handelsblatt 16.09.2001

28 Süddeutsche Zeitung 17.09.2001

29 Neues Deutschland, 03.12.2001

30 Süddeutsche Zeitung, 18.02.1999. Ähnlich äußerte sich Schröder auch in der SAT1-Sendung „Talk im Turm“ am 01.11.1998

31 NS-Zwangsarbeit – Warnung vor neuem Antisemitismus – Gregor Gysi zu Verhandlungen über eine Entschädigung für NS-Zwangsarbeit (29.10.1999), in: Pressedienst PDS Nr.44, 05.11.1999, S.10

32 Kommunistische Arbeiterzeitung Nr.294, S.22/23: „Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas – Wessen Nutzen, wessen Schaden?“

33 Martin Walser, Erfahrungen beim Verfassen einer Sonntagsrede aus Anlass der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.10.1998. Die Rede ist im Internet abrufbar u.a. unter www.dhm.de/lemo/html/dokumente/WegeInDieGegenwart_ redeWalserZumFriedenspreis oder www.literaturseiten.de/walser.htm

34 Siehe Jungle World Nr. 39/2001, „Ideenlose Sammler“

35 SAT1-Sendung „Talk im Turm“ am 01.11.1998

36 Walter Laqueur, Geboren in Deutschland – Der Exodus der jüdischen Jugend nach 1933, Berlin – München 2000, S. 167/168

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Dieses Denkmal in der Großen Hamburger Straße in Berlin steht an einem Ort, an dem die Gestapo ein jüdisches Altersheim in eine Sammelstelle für Deportationen umgewandelt hatte. Von hier aus wurden 55.000 Berliner in die Vernichtungslager deportiert. 1998 wurde das Denkmal von Nazis gesprengt. Inzwischen wurde es wieder hergestellt. Die Denkmalsschänder wurden natürlich nicht gefasst.

Dieses Denkmal in der Großen Hamburger Straße in Berlin steht an einem Ort, an dem die Gestapo ein jüdisches Altersheim in eine Sammelstelle für Deportationen umgewandelt hatte. Von hier aus wurden 55.000 Berliner in die Vernichtungslager deportiert. 1998 wurde das Denkmal von Nazis gesprengt. Inzwischen wurde es wieder hergestellt. Die Denkmalsschänder wurden natürlich nicht gefasst.

Dieses Denkmal in der Großen Hamburger Straße in Berlin steht an einem Ort, an dem die Gestapo ein jüdisches Altersheim in eine Sammelstelle für Deportationen umgewandelt hatte. Von hier aus wurden 55.000 Berliner in die Vernichtungslager deportiert. 1998 wurde das Denkmal von Nazis gesprengt. Inzwischen wurde es wieder hergestellt. Die Denkmalsschänder wurden natürlich nicht gefasst.

Dieses Denkmal in der Großen Hamburger Straße in Berlin steht an einem Ort, an dem die Gestapo ein jüdisches Altersheim in eine Sammelstelle für Deportationen umgewandelt hatte. Von hier aus wurden 55.000 Berliner in die Vernichtungslager deportiert. 1998 wurde das Denkmal von Nazis gesprengt. Inzwischen wurde es wieder hergestellt. Die Denkmalsschänder wurden natürlich nicht gefasst.

Dieses Plakat hat ein Genosse der KAZ 1999 in Berlin aus dem Straßenbild entfernt.

Dieses Plakat hat ein Genosse der KAZ 1999 in Berlin aus dem Straßenbild entfernt.

In der KZ-Gedenkstätte Dachau kurz nach dem 11.September 2001.

In der KZ-Gedenkstätte Dachau kurz nach dem 11.September 2001.

Bauplatz des künftigen Denkmals für die ermordeten Juden Europas, Frühjahr 2000.  Reklame am Bauzaun muss sein – Werbung sichert schließlich Arbeitsplätze. Und Arbeit ist die Hauptsache – nicht die Würde der millionenfach Ermordeten.

Bauplatz des künftigen Denkmals für die ermordeten Juden Europas, Frühjahr 2000. Reklame am Bauzaun muss sein – Werbung sichert schließlich Arbeitsplätze. Und Arbeit ist die Hauptsache – nicht die Würde der millionenfach Ermordeten.

Demonstration im Januar 1999 in München unter dem Motto: „Wir unterstützten Ignatz Bubis, alle Juden in Deutschland und alle Opfer von NS-Deutschland gegen das Vergessen und Verdrängen der deutschen Verbrechen – gegen den stärker werdenden Antisemitismus, der sich in Deutschland abzeichnet – gegen all diejenigen, die das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte relativiert haben wollen“. 300 Menschen verschiedenster Weltanschauung und Klassenlage kamen, um der Friedenspreisrede von Martin Walser und dem schrecklichen Echo, das sie in diesem Land gefunden hat, eine Antwort zu erteilen.

Demonstration im Januar 1999 in München unter dem Motto: „Wir unterstützten Ignatz Bubis, alle Juden in Deutschland und alle Opfer von NS-Deutschland gegen das Vergessen und Verdrängen der deutschen Verbrechen – gegen den stärker werdenden Antisemitismus, der sich in Deutschland abzeichnet – gegen all diejenigen, die das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte relativiert haben wollen“. 300 Menschen verschiedenster Weltanschauung und Klassenlage kamen, um der Friedenspreisrede von Martin Walser und dem schrecklichen Echo, das sie in diesem Land gefunden hat, eine Antwort zu erteilen.