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Gedicht

Lob des Dolchstoßes

1

Der Krieg beginnt, die Herrschenden
Haben ihn gemacht. Ihr
Kämpft. Im Schützengraben
Kämpft ihr. Tag und Nacht in den
Munitionsfabriken, an Pflug, Schaltbrett und Zeichentisch
An dem Küchenherde und an der Nähmaschine
Kämpft ihr. Ihr glaubt
Der Krieg ist euer Krieg
Eure Existenz wird verteidigt
Und ihr bereitet euch eine bessere Zukunft.
Vor euch erblickt ihr den Feind
Ihr glaubt, der Krieg ist euer Krieg.

2

Jetzt ist der Krieg am blutigsten.
In unlöslicher Umklammerung
Steht ihr, Arbeiter gegen Arbeiter.
Die Kämpfe des Krieges
Machen vergessen die Kämpfe des Friedens.
Eure Organisationen, mühsam aufgebaut
Mit den Pfennigen der Entbehrung, sind
Zerschlagen. Seite an Seite
Kämpft ihr mit dem Klassenfeind. Eure Erfahrungen
Scheinen vergessen, und vergessen scheint
Der Kampf um die Suppe.

3

Wenn der Krieg am blutigsten ist
Geht die Suppe aus.

4

Noch kämpft ihr den heroischen Kampf. Noch hört ihr
Hinter euch die Befehle der Herrschenden, aber
Die Suppe geht schon aus.
Der Sieg winkt. Den Überlebenden
Ist das glückliche Ende nahe, aber
Die Suppe geht aus.

5

Wenn die Suppe ausgeht
Hört eure Hoffnung auf. Der Zweifel beginnt. Bald
Wißt ihr: der Krieg
Ist nicht euer Krieg. Hinter euch erblickt ihr
Den eigentlichen Feind.
Die Gewehre werden umgedreht.
Es beginnt: der Kampf um die Suppe.

Bertolt Brecht, 1931

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