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KAZ-Fraktion: „Ausrichtung Kommunismus”

Chinas Kampf um den Sozialismus

Klassen und Klassenkampf in der VR China

In unserer Reihe „Chinas Kampf um den Sozialismus“ waren wir zunächst der Frage nachgegangen: Volksrepublik China – kapitalistisch oder sozialistisch?[1] Es folgte die Untersuchung zu den äußeren Widersprüchen zwischen dem sozialistischen China und dem Imperialismus.[2] Im Folgenden geht es um die inneren (Klassen-) Widersprüche in der VR China.

Einen zentralen Hinweis zu den Klassen in der VR China gibt die folgende Feststellung aus der aktuell gültigen Verfassung:

Art. 1. Die Volksrepublik China ist ein sozialistischer Staat unter der demokratischen Diktatur des Volkes, der von der Arbeiterklasse geführt wird und auf dem Bündnis der Arbeiter und Bauern beruht.

Das sozialistische System ist das grundlegende System der Volksrepublik China. Die Sabotage des sozialistischen Systems ist jeder Organisation oder jedem Individuum verboten.“

Dieser Artikel 1 ist in der Präambel der Verfassung unterlegt mit der Feststellung: „Nach der Gründung der Volksrepublik China wurde Schritt für Schritt der Übergang der chinesischen Gesellschaft von der neudemokratischen zur sozialistischen Gesellschaft vollzogen. Die sozialistische Umgestaltung des Privateigentums an den Produktionsmitteln ist abgeschlossen, das System der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen ist abgeschafft, und das sozialistische System ist etabliert worden. Die demokratische Diktatur des Volkes, die von der Arbeiterklasse geführt wird und auf dem Bündnis der Arbeiter und Bauern beruht, dem Wesen nach also die Diktatur des Proletariats, ist konsolidiert und entwickelt worden.“ (Hervorhg. Corell) – dies wurde so im Jahr 1982 verabschiedet und blieb bis heute unverändert.

In der noch von der Großen Proletarischen Kulturrevolution geprägten Verfassung von 1975 findet sich folgende Formulierung:

Art. 1. Die Volksrepublik China ist ein sozialistischer Staat der Diktatur des Proletariats, der von der Arbeiterklasse geführt wird und auf dem Bündnis der Arbeiter und Bauern beruht.“ (1975)

Wie geht das zusammen „sozialistischer Staat unter der demokratischen Diktatur des Volkes“ und die demokratische Diktatur des Volkes, „dem Wesen nach also die Diktatur des Proletariats“? War da nicht die Formulierung in der Verfassung von 1975 klarer, eindeutiger? Dort war die Rede von: „ ... sozialistischer Staat der Diktatur des Proletariats“.

In diesen wenigen geänderten Worten ist in nuce die ganze Neuorientierung der Politik der KP China nach der Großen Proletarischen Kulturrevolution enthalten.

Zunächst ist festzuhalten, dass dies eine klare Absage ist an die revisionistischen Phantasien Chruschtschows vom „Staat des ganzen Volkes“ (22. Parteitag der KPdSU 1961 – Revision des Parteiprogramms), in dem die Klassen und Klassenwidersprüche im Sozialismus und die Frontstellung gegen den Imperialismus wegdefiniert waren.

Der Nationale Volkskongress, der die chinesische Verfassung 1982 geändert hat, bringt damit zum Ausdruck, dass die chinesische Revolution Teil der Epoche der proletarisch-sozialistischen Weltrevolution ist. Deswegen wird die demokratische Diktatur des Volks „dem Wesen nach“ als Diktatur des Proletariats bezeichnet.

Sie hat die bürgerlich-demokratische Weltrevolution abgelöst, die mit dem 1. Weltkrieg und der Oktoberrevolution zu Ende gegangen ist. Die fortschrittliche Führungsrolle der Bourgeoisie, ihre historische Mission, ist mit der Entwicklung zum Imperialismus beendet. Imperialismus ist, wie Lenin es ausdrückt, „Reaktion auf der ganzen Linie“. Unterdrückung statt Befreiung! Der Sturz des Imperialismus in den imperialistischen Ländern selbst, aber auch der Kampf um die Befreiung der Völker vom Imperialismus und der Kampf um die Unabhängigkeit der Nationen vom Imperialismus versprechen nur noch unter der Führung des Proletariats Erfolg.[3]

Die Verfassung von 1982 stellt dementsprechend fest, dass China die neudemokratische[4] Umwälzung gegen den Imperialismus und die von ihm gestützten (und ihn stützenden) Feudalherrn und Kompradorenbourgeois durchgeführt hat und den Sozialismus errichtet. Wegen der Rückständigkeit Chinas muss das chinesische Proletariat die Unterstützung der Bauern (sowie des städtischen Kleinbürgertums und der nationalen Bourgeoisie) haben, die objektiv im Widerspruch zum Imperialismus stehen. Diese Klassen konstituieren das Volk, das unter der Führung der Arbeiterklasse die Diktatur ausübt. Dies ist die besondere chinesische Form der Diktatur des Proletariats.[5]

Der Rückgriff auf die Formel der „demokratischen Diktatur des Volks“ ist keine Erfindung der chinesischen Kommunisten, sondern knüpft an die Leninschen Überlegungen zur revolutionär-demokratischen Diktatur an, wie sie etwa in der berühmten Schrift „Zwei Taktiken der Sozialdemokratie in der demokratischen Revolution“ von 1905 entwickelt werden. Dort ist (noch in der Endphase der bürgerlich-demokratischen Weltrevolution) das Ziel für Russland formuliert, „die revolutionär-demokratische Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft zu errichten.“ (LW Bd. 9, S. 104 u.a.).

Diese Überlegungen führt Lenin im 1. Weltkrieg und nach dem Sieg der Oktoberrevolution in der Kommunistischen Internationale weiter. Insbesondere auf den Kongressen der KI werden die Erfahrungen mit den antiimperialistischen Befreiungskämpfen zusammengefasst. Das auf dem 6. Kongress der KI (1928) verabschiedete Programm sieht für den Kampf in den Kolonien „eine lange währende Periode des Kampfes um die demokratische Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft“ (Hervorhebung Corell) vor.[6]

Gegenüber der kühnen Formulierung in der Verfassung von 1975, die so gelesen werden kann, als ob in China bereits der Sozialismus vollständig errichtet sei und der Übergang zum Kommunismus bevorstehe, bedeutet das natürlich einen Schritt zurück. Er war eine notwendige Anpassung an die chinesische Realität und gerechtfertigt durch die damals immer noch große Rückständigkeit Chinas, das noch überwiegend Agrarland war; und auch durch die Gefahr der Isolierung sowohl durch den Imperialismus als auch durch den von der Sowjetunion geführten Teil des sozialistischen Lagers. Dieser Schritt ist verbunden mit dem Eingeständnis, dass China der sozialistischen Modernisierung (bereits 1975 von Zhou Enlai vorgetragen) bedürfe und sich erst im „Anfangsstadium des Sozialismus“ (s.a. Statut der KPCh[7]) befinde. Der Stand der Entwicklung und die Ziele wurden und werden jeweils durch die Parteitage der KP Chinas konkretisiert:

Der Aufbau einer Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand soll bis zum 100. Jahrestag der Gründung der KP Chinas (2021) und der Aufbau eines modernen sozialistischen Landes bis zum 100. Jahrestag der Gründung der VR China (2049) vollendet werden. All dies zusammen genommen macht den „Sozialismus chinesischer Prägung“ oder „Sozialismus mit chinesischen Charakteristika“ aus. Das ist im Übrigen nicht als Anmaßung zu verstehen, sondern als Mahnung an Alle, die von China lernen wollen, auf die eigenen nationalen und sozialen Besonderheiten zu achten. „Die Wahrheit in den Tatsachen suchen“ (so heißt übrigens auch das theoretische Organ der KP Chinas, die frühere „Rote Fahne“) statt „Modelle“ kopieren zu wollen – das ist die Bitte der chinesischen Kommunisten.

Das ist auch die Bestätigung der Botschaft der russischen Oktoberrevolution und der Leninschen, der Kommunistischen Internationale. Die Völker (und das heißt doch – immer noch auch heute 100 Jahre später – die Masse der Bauern, Nomaden, Handwerker, Kleinhändler, der Intelligenz und selbst die größten Teile der Bourgeoisie) in den vom Imperialismus in Unterdrückung, Abhängigkeit und Unterentwicklung gehaltenen Länder können sich nur befreien und sich entwickeln, wenn sie sich dem Emanzipationsinteresse des Proletariats unterordnen. Anders ausgedrückt: die Bauern bekommen kein Land, wenn sie nicht zusammen mit den Arbeitern die Großgrundbesitzer verjagen, die Händler werden immer am Rande der Pleite stehen, wenn die Handelsmonopolisten nicht enteignet sind, die Intelligenz wird ihr Denken stets verbiegen müssen zur Akzeptanz von Profitherrschaft und Reaktion solange die herrschenden Ideen die Ideen der Bourgeoisie sind usw. Und die Arbeiter selbst können sich nicht von der Ausbeutung befreien, solange die Bourgeoisie an der Macht ist. Das Proletariat kann sich nur befreien, indem es die Menschheit befreit.

Der Klassenkampf im Sozialismus

Wie wir oben schon im Statut der KP Chinas sahen (s. Fußnote 7), heißt es dort zur Frage des Klassenkampfs: „Infolge inländischer Faktoren und internationaler Einflüsse wird der Klassenkampf in begrenztem Umfang noch lange Zeit existieren und sich unter bestimmten Bedingungen sogar verschärfen können, aber er ist nicht mehr der Hauptwiderspruch.“

Dieses Wissen um die Existenz von Klassen und Klassenkampf im Sozialismus zeichnet die KP Chinas aus. Es war ein Garant für die Weiterentwicklung und Stärkung des Sozialismus, während die Sowjetunion unter der Konterrevolution zusammenbrach und der Sozialismus in Europa seine schwere Niederlage erlitt. Dort war Unterschätzung von Klassen, Klassenkampf und Klassenwidersprüchen die Hauptseite. Allerdings war die Sowjetunion das erste Land der Erde, das den Sozialismus aufbaute und Fehler und Fehleinschätzungen auf diesem noch nie beschrittenen Entwicklungspfad der Menschheit waren unvermeidlich. „Die Besonderheit der Sowjetgesellschaft der Gegenwart besteht zum Unterschied zu jeder kapitalistischen Gesellschaft darin, dass es in ihr keine antagonistischen, feindlichen Klassen mehr gibt; die Ausbeuterklassen sind liquidiert, und die Arbeiter, die Bauern und die Intelligenz, die die Sowjetgesellschaft bilden, leben und wirken auf der Grundlage freundschaftlicher Zusammenarbeit.“ (J.W. Stalin, Bericht auf dem 18. Parteitag der KPdSU) Diese Einschätzung hing u.a. damit zusammen, dass das Tempo der Entwicklung, in dem der Sozialismus aufgebaut werden kann, überschätzt wurde. In den Thesen zum 18. Parteitag der KPdSU etwa war festgehalten, „dass die UdSSR mit der Erfüllung des zweiten Fünfjahrplanes eine wichtige Etappe der Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft abgeschlossen hatte und nun in eine neue Periode eintrat: in diejenige der Vollendung der sozialistischen Gesellschaft und des allmählichen Übergangs zum Kommunismus.“[8]

In China dagegen hat die Anerkennung des Klassenkampfs im Sozialismus dazu geführt, dass Widersprüche selbstverständlich als existent, notwendig, vorwärtstreibend anerkannt waren, nicht zugedeckt und verheimlicht wurden und dadurch offener zu Tage treten und so überhaupt erst ver- und behandelt werden konnten. Dazu wurden auch entsprechende Formen entwickelt, die eine Austragung der Widersprüche erleichterten. Im Denken der chinesischen Kommunisten ist die Unterscheidung von Widersprüchen zum Feind und von Widersprüchen im Volk der zentrale Ausgangspunkt für Diagnose und Therapie in konkreten Verhältnissen, Bewegungen, Organisationen und Einzelpersonen. Die Widersprüche zum Feind werden durch Kampf und Gewalt gelöst; die Widersprüche im Volk durch Diskussion und Überzeugung. Durch falsche Behandlung können sich nicht-antagonistische Widersprüche in antagonistische verwandeln; durch richtige Behandlung können sich prinzipiell antagonistische in nicht-antagonistische verwandeln.[9] Das sind die grob skizzierten Rahmenbedingungen, die in China durch eine Vielfalt von konkreten Maßnahmen, Abläufen, Institutionen ausgefüllt werden.

Unterschied zum Klassenkampf im Kapitalismus

Der Klassenkampf im Kapitalismus hat die Aufgabe und das Ziel, die Diktatur der Bourgeoisie zu zerschlagen. Der Klassenkampf im Sozialismus hat die Aufgabe, die Diktatur des Proletariats zu stärken und sie schließlich überflüssig zu machen. Die Bourgeoisie führt den Klassenkampf im Kapitalismus natürlich, um ihre Herrschaft zu erhalten, um das Proletariat mal mit Zuckerbrot, mal Peitsche klein und geduckt zu halten. Im Sozialismus führt sie den Klassenkampf, um die Herrschaft des Proletariats zu untergraben und schließlich zu zerschlagen, um selbst wieder die Macht an sich zu reißen. Es steht immer die Frage: Dient der Klassenkampf der Revolution oder der Konterrevolution? Dient der Klassenkampf dem Gesamtinteresse der Arbeiterklasse oder den Interessen eines Teils. Seit dem Kommunistischen Manifest heben die Kommunisten stets das Gesamtinteresse der Klasse hervor. Dabei geht es um das Gesamtinteresse der internationalen Arbeiterklasse. Dies für einen gegebenen Zeitraum in einem bestimmten Land herauszufinden erfordert stets konkrete Analyse von konkreten Situationen. Im Ergebnis muss eine regierende Kommunistische Partei abwägen, wo in einer gegenwärtigen Situation die Hauptseite liegt. Als grobe Orientierung gilt, dass die internationale Arbeiterklasse an einer Front gegen den Imperialismus kämpft, aber an unterschiedlichen Abschnitten der Front. Der Frontabschnitt des sozialistischen Landes hat zur Aufgabe, den Aufbau des Sozialismus voranzutreiben und zu sichern. Der Frontabschnitt in einem imperialistischen Land hat zur Aufgabe, die Monopolbourgeoisie zu stürzen. Der Frontabschnitt in einem Land, das vom Imperialismus abhängig ist und ausgebeutet und unterdrückt wird, hat die Befreiung vom imperialistischen Joch zur Aufgabe.

Soweit zum Inhalt des Klassenkampfs im Kapitalismus und im Sozialismus.

Formen des Klassenkampfs im Sozialismus am Beispiel der VR China

Bei den Formen des Klassenkampfes im Sozialismus sind besonders zu unterscheiden:

Klassenkampf von Außen und von Innen: Der Klassenkampf von Außen[10] ist darauf gerichtet, China zu isolieren, z.B. mit Mitteln des Menschenrechtsimperialismus international Stimmung gegen China zu machen. Alle Mittel des Handelskriegs stehen bei einer Eskalation zur Verfügung, wie es gegen China z.B. mit den Auseinandersetzungen um die WTO-Mitgliedschaft versucht wurde, aber auch Zölle/Subventionen, nichttarifäre Handelshemmnisse wie Normen, Einfuhrbestimmungen, aber auch Beschränkung von Investitionsmöglichkeiten etc., Boykotte, Embargos, Sanktionen – wie es in jüngster Zeit gegen Russland und den Iran gehandhabt wurde und seit mehr als 50 Jahren gegen das tapfere sozialistische Kuba. Diese politischen und wirtschaftlichen Mittel werden flankiert vom Einsatz militärischer Drohungen. Das heißt gegenüber der VR China: Taiwan und Südkorea hochrüsten, vermehrt auch das schon längst nicht mehr entmilitarisierte Japan; den Gürtel von Militärbasen zu verstärken, damit auch die Anrainerstaaten unter den Einfluss des Imperialismus zu bringen bzw. zu halten und gegen China zu militarisieren. Die Flotten zu verstärken, um in umstrittenen Gewässern wie dem Südchinesischen Meer/Ostmeer oder vor der koreanischen Halbinsel besser zündeln zu können.

Der Druck von Außen allein kann nicht reichen, um ein Land wie China von seinem sozialistischen Weg abzubringen. Er kann im Gegenteil das Volk weiter zusammenschließen gegen den imperialistischen Feind; bei Schwäche der KP kann es aber auch zu Verarmung, Demoralisierung und Verzweiflung führen. Das ist der Nährboden, auf dem dann die innere Unzufriedenheit geschürt werden kann. Dazu brauchen die imperialistischen Mächte mit dem USA-Imperialismus an der Spitze organisatorische Stützpunkte, um Massenproteste bis hin zu bewaffneten Auseinandersetzungen provozieren und dirigieren zu können. Das hat z.B. in Polen mit dem imperialistischen Sturmtrupp unter der Flagge „Solidarnosc“ gut funktioniert. Damals gelang es dem USA-Imperialismus, in Abstimmung mit dem deutschen Imperialismus, mit Hilfe der katholischen Kirche und im Zeichen einer sog. Gewerkschaft, die angeblich Arbeiterinteressen vertritt, die polnische Arbeiterklasse zu desorientieren und vom sozialistischen Weg abzubringen.[11] Die „Farben“-Konterrevolutionen von Rumänien, CSSR bis zuletzt in der Ukraine sind geradezu Lehrstücke wie hier die imperialistischen Mächte agieren, um ihre Interessen durchzusetzen. Und wie es in der DDR gelaufen ist, wissen wir ja aus unmittelbarer Anschauung. In der VR China werden dementsprechend sog. Dissidenten aufgebaut, NGOs instrumentalisiert, Religionsgemeinschaften ausgenutzt oder neu kreiert wie die angeblich buddhistische „Meditationsbewegung“ Falun Gong (die man in Deutschland gerichtlich bestätigt als „Psychosekte“ bezeichnen darf). In Hongkong werden immer noch ganze Institute unterhalten (z.B. China Labour Bulletin), die versuchen, direkt auf die chinesischen Arbeiter einzuwirken unter dem Vorwand, Streikbewegungen zu unterstützen. Beispielhaft für die damit verbundenen Erwartungen sei die „taz“ zitiert:

„800 Millionen Chinesen schicken sich gerade an, gerechte Bezahlung von der Weltwirtschaft einzufordern. Es ist so weit: Marx wird für China zum ersten Mal wichtiger als Mao. Nahezu unbemerkt vom Rest der Welt formiert sich die chinesische Arbeiterbewegung. Bald wird sie die größte aller Zeiten sein.

Verantwortlich für diese Entwicklung ist u.a. die Hongkonger Nichtregierungsorganisation (NGO) Sacom (Studenten und Professoren gegen unternehmerisches Fehlverhalten). Sie macht öffentlich, was sich täglich ereignet. Nahezu jeder Arbeiter in der Metropole habe Streikerfahrung, heißt es bei Sacom. Im Westen erfährt man davon wenig; die chinesischen Medien berichten zwar über die Aktionen, verschweigen aber deren Protestcharakter. Nur NGOs und Gewerkschafter wissen mehr.“

Das war 2007[12]. Bis jetzt haben sich diese Erwartungen dank der Wachsamkeit der KP China nicht erfüllt. Das ist aber nicht nur die unverzichtbare Wachsamkeit à la „Horch-und-Guck“, sondern eine Wachsamkeit, die danach trachtet, den Rückhalt in der Klasse nicht zu verlieren und die alles daransetzt, die Lebensbedingungen der Arbeiterklasse grundlegend zu verbessern.

Dass es in Volks-Chinas Arbeiterklasse eine Unzahl von Differenzierungen, Ungleichheiten, Widersprüchen gibt, ist unbestritten. Dabei muss man sich aber immer wieder die Dimensionen und Vergleichsmaßstäbe vor Augen halten. Projiziert man die Fläche Chinas auf eine Landkarte Europas, so werden damit EU-Europa plus Türkei, Ukraine, Weißrussland und fast das gesamte nördliche Afrika (Ägypten, Algerien, Tunesien, Marokko – ohne Libyen) abgedeckt[13]. Würden die von uns genannten Teile Europas und Afrikas als Einheit betrachtet, dann erstarrt man fast in Ehrfurcht vor China, wie es die Migrationsfrage löst (hier vom hohen deutschen Ross ja verächtlich als „Wanderarbeiter“ tituliert und als Vorwurf gegen China gemünzt), wie soziale Ungleichheit demgegenüber fast verschwindend ist, wie die fast doppelt so vielen Bewohner mit Nahrung, Kleidung, Wohnung, Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen versorgt sind. Und das in einem China, das genauso von klimatischen Extremen gezeichnet und auch nicht überreich mit Rohstoffen ausgestattet ist.

Und China hat erst rd. 57 % städtische Bevölkerung (1960: 16 %!!), die USA rd. 82 % (1960: 70 %) und die BRD 76 % (1960: 74 %).[14]

Dieser Anteil zeigt, dass die VR China gerade an der Schwelle vom Agrar- zum Industrieland steht. Das entspricht etwa dem Stand, den Deutschland im Jahr der Volkszählung von 1907 hatte! Und dann kommen ausgerechnet die Schreiber der Bourgeoisie her mit so etwas:

„Aber man kann kein wirklich prosperierendes Land auf dem Rücken einer sozial ausgeschlossenen Unterklasse von Wanderarbeitern und Landarmut aufbauen. Chinas Kommunistische Partei (und die Mittelklasse, die den Kern ihrer Anhängerschaft bildet) muss lernen, die Chancen und den Nutzen des wirtschaftlichen Wachstums zu teilen, wenn China je eine umfassend prosperierende Gesellschaft werden sollte.“[15]

Solches hört man aus den USA, deren Reichtum in über mehr als 100 Jahren aus den Knochen der Wanderarbeiter vieler Länder und der Vernichtung vieler Indigener und armer Bauern geschlagen wurde. Ein Reichtum, der selbst nach der offiziellen Armutsstatistik nicht für 43 Millionen (= 13 %) Menschen reicht. In der BRD sind es lt. Statistischem Bundesamt 16 Millionen Menschen (= 19,7 %). Und solche „Experten“ wollen China belehren ...

Offener und verdeckter Klassenkampf

Im sozialistischen China gibt es mit den zahlreichen Streiks offene Formen des Klassenkampfs. Dabei kämpfen bestimmte Abteilungen der Arbeiterklasse um die Verbesserung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen. In der Regel handelt es sich dabei um Widersprüche im Volk, die durch Diskussion und gegenseitige Überzeugung gelöst werden können. Sie finden im Spannungsfeld von betroffenen Arbeitern eines Betriebs, der zuständigen Gewerkschaft, staatlichen Stellen und der KP statt. Solche offenen Kämpfe können von den Feinden des Sozialismus ausgenützt werden, um Arbeiter gegen den Sozialismus aufzubringen. Sie können aber auch von der Partei und der Gewerkschaft genutzt werden, nicht nur um einzelne Übergriffe von in- und ausländischen Kapitalisten zurückzuweisen, sondern um insgesamt dem Kapital die Schranken aufzuzeigen. In der Partei selbst gab es offene Auseinandersetzungen, wie z.B. die Streiks 2010/11 bei Foxconn, Honda u.a. unterstützt werden können. Ebenso wurde über einen längeren Zeitraum diskutiert, wie die Gewerkschaften z.B. bei Wal Mart, dem größten Handelsunternehmen der Welt aus den USA sich aufstellen. Da China aber noch für längere Zeit auf in- und ausländische Kapitalisten angewiesen ist, muss die Partei abwägen, wann, wo und wie sie ggf. die Kampfaktivitäten verschärft.

Einen besonderen Stellenwert hat in China der Kampf gegen die Korruption. Sie ist eine Form des verdeckten Klassenkampfs. Korruption setzt voraus, dass es Gruppen von Menschen geben muss, die Mittel haben, um Personen kaufen und sich dadurch Vorteile erlangen können. Und es muss Personen geben, die durch ihre Machtposition anderen Vorteile verschaffen können. Es muss also die Möglichkeit geben, sich durch Vorteilsnahme bzw. Vorteilsvergabe bereichern zu können. Dies kann im Sozialismus durch Kontrolle und Bestrafung zurückgedrängt werden, aber solange es Ware- und Geldbeziehungen gibt, ist Korruption nicht weg zu dekretieren. Und: Scharfe Unterdrückung der Korruption bringt ihre Schwester nach oben: die Bürokratie.

Beides dient nicht den objektiven, den revolutionären Interessen des Proletariats, sondern den Interessen der Bourgeoisie. Sie will die Herrschaft des Proletariats untergraben, entweder durch Lähmung von Staat und Partei (Bürokratismus) oder durch Förderung von Privatinteressen und Privilegien und der damit verbundenen Erpressbarkeit von Individuen aus Staat und Partei (Korruption). Beides ist jedoch unvermeidlich, solange es noch Bourgeoisie im Inland gibt und Bourgeoisie noch notwendig ist, um die Vergesellschaftung der Produktion im eigenen rückständigen Land vorantreiben zu können, ohne die private Aneignung bereits abschaffen zu können. Und solange es noch die Bourgeoisie im Ausland gibt, deren Einfluss auch durch schärfste Repression nicht vollständig ausgeschaltet werden kann.

Wer nur ein wenig mit der Entwicklung der Sowjetunion vertraut ist, weiß, dass dort die gleichen Probleme vorhanden waren, vom Kriegskommunismus zur Neuen Ökonomischen Politik, zur strikten Durchführung des ersten Fünfjahrplanes usw.

Die Größe dieser Aufgabe sollte berücksichtigt werden, wenn man den Kurs der KP Chinas beurteilen will.

AG Chinas Kampf um den Sozialismus: Corell, Dien Bien Phu, Lobo, O‘Nest

In der nächsten Nummer der KAZ: Staatskapitalismus, sozialistische Marktwirtschaft, Stufen des Sozialismus, Sozialismus mit chinesischen Charakteristika, Sozialismus und Arbeitsproduktivität – Gewerkschaften und konkrete Arbeitskämpfe – Abstumpfung, Verschärfung und Klärung der Widersprüche

Land

Fläche in Mio qkm

Einwohner in Mio

EU-Europa

4,38

512,0

Weißrussland

0,21

9,4

Ukraine

0,60

45,5

Türkei

0,78

75,0

Ägypten

1,00

82,1

Algerien

2,38

39,2

Tunesien

0,16

10,9

Marokko

0,46

33,0

Summe

9,97

807,1

VR China

9,57

1365,0

Quelle: Fischer Weltalmanach

Die zwei Weltrevolutionen

„In der chinesischen bürgerlich-demokratischen Revolution trat jedoch seit dem Ausbruch des ersten imperialistischen Weltkriegs im Jahre 1914 und seit der russischen Oktoberrevolution von 1917, als auf einem Sechstel des Erdballs ein sozialistischer Staat gegründet wurde, ein Wandel ein.

Vorher hatte die bürgerlich-demokratische Revolution in China zur alten Kategorie bürgerlich-demokratischer Revolutionen in der Welt gehört, sie war ein Bestandteil der alten bürgerlich-demokratischen Weltrevolution.

Seither ist die chinesische bürgerlich-demokratische Revolution in die neue Kategorie der bürgerlich-demokratischen Revolutionen hinübergewechselt, und sie bildet, unter dem Gesichtswinkel der revolutionären Frontlinie gesehen, nunmehr einen Bestandteil der proletarisch-sozialistischen Weltrevolution.

Warum? Weil der erste imperialistische Weltkrieg und die erste siegreiche sozialistische Revolution, die Oktoberrevolution, den ganzen Lauf der Weltgeschichte geändert und eine neue Epoche der Weltgeschichte eingeleitet haben.

... Wenn in einer solchen Epoche ein beliebiges koloniales oder halbkoloniales Land eine Revolution gegen den Imperialismus, d. h. gegen die internationale Bourgeoisie, gegen den internationalen Kapitalismus, unternimmt, dann gehört diese Revolution nicht mehr zur alten Kategorie der bürgerlich-demokratischen Weltrevolution, sondern zu einer neuen Kategorie; dann ist sie nicht mehr Bestandteil der alten, bürgerlichen oder kapitalistischen Weltrevolution, sondern Bestandteil einer neuen Weltrevolution, das heißt, sie ist zum Bestandteil der sozialistischen Weltrevolution des Proletariats geworden. Solche revolutionären Kolonial- und Halbkolonialländer sind nicht mehr Bundesgenossen der konterrevolutionären Weltfront des Kapitalismus, sondern sie haben sich in Bundesgenossen der revolutionären Weltfront des Sozialismus verwandelt.

In ihrem ersten Stadium, ihrer ersten Phase, ist zwar diese Revolution der Kolonien und Halbkolonien dem gesellschaftlichen Charakter nach im Wesentlichen immer noch eine bürgerlich-demokratische; und ihre objektive Forderung gilt der Wegbereitung für eine Entwicklung des Kapitalismus; doch ist das nicht mehr eine Revolution von altem Typus, bei der die Bourgeoisie die Führung innehat und die Errichtung einer kapitalistischen Gesellschaft sowie eines Staates der Diktatur der Bourgeoisie das Ziel ist, sondern eine Revolution von neuem Typus, die unter der Führung des Proletariats steht und in ihrem ersten Stadium die Errichtung einer neudemokratischen Gesellschaft, den Aufbau eines Staates der gemeinsamen Diktatur der revolutionären Klassen zum Ziel hat. ...“ (Mao Tse-tung, Über die Neue Demokratie, 1940, AW 2, S. 401 f.)

Das Janusgesicht der nationalen Bourgeoisie

„Da die chinesische nationale Bourgeoisie das Bürgertum eines kolonialen und halbkolonialen Landes ist und vom Imperialismus unterdrückt wird, bewahrt sie noch, obwohl sie sich im Zeitalter des Imperialismus befindet, zu bestimmten Zeiten und in einem bestimmten Grade einen revolutionären Charakter in ihrem Kampf gegen den ausländischen Imperialismus sowie gegen die einheimischen Regierungen der hohen Bürokratie und der Militärmachthaber (was letztere betrifft, so war dies zum Beispiel zur Zeit der Revolution von 1911 und während des Nordfeldzugs der Fall), und sie kann sich mit dem Proletariat und dem Kleinbürgertum gegen jene Feinde verbünden, die zu bekämpfen sie bereit ist. Darin unterscheidet sich die chinesische Bourgeoisie von der Bourgeoisie des alten zaristischen Russland. Da das zaristische Russland ein militärisch-feudaler imperialistischer Staat war, der anderen gegenüber Aggressionen beging, wies die russische Bourgeoisie keinerlei revolutionäre Eigenschaften auf. Dort war es die Aufgabe des Proletariats, die Bourgeoisie zu bekämpfen, nicht aber, sich mit ihr zu verbünden. Da China ein koloniales und halbkoloniales Land ist, das unter den von anderen Staaten verübten Aggressionen zu leiden hat, besitzt die chinesische nationale Bourgeoisie zu bestimmten Zeiten und in einem bestimmten Grade noch revolutionäre Eigenschaften. Hier darf das Proletariat die revolutionären Eigenschaften der nationalen Bourgeoisie nicht ignorieren, es hat vielmehr die Aufgabe, mit ihr eine Einheitsfront gegen den Imperialismus und gegen die Regierungen der hohen Bürokratie und der Militärmachthaber zu bilden.

Zugleich aber ist die chinesische nationale Bourgeoisie – und zwar ebenfalls deshalb, weil sie das Bürgertum eines kolonialen und halbkolonialen Landes ist – wirtschaftlich und politisch überaus schwach und behält deshalb noch ein anderes Charakteristikum bei, nämlich die Bereitschaft, mit den Feinden der Revolution Kompromisse einzugehen. Selbst wenn sie an der Revolution teilnimmt, ist sie nicht gewillt, mit dem Imperialismus vollständig zu brechen, und da sie mit der Ausbeutung der Landbevölkerung durch deren Bodenrente eng verbunden ist, ist sie überdies nicht gewillt und nicht imstande, den Imperialismus – und noch weniger die feudalen Kräfte – radikal zu stürzen. Somit ist die chinesische nationale Bourgeoisie nicht in der Lage, auch nur eine der zwei Grundfragen, auch nur eine der zwei großen Grundaufgaben der bürgerlich-demokratischen Revolution in China zu lösen. Was die Großbourgeoisie Chinas betrifft, die von der Kuomintang vertreten wird, so lag sie die ganze lange Zeit von 1927 bis 1937 den Imperialisten in den Armen und war mit den feudalen Kräften gegen das revolutionäre Volk verbündet. Im Jahre 1927 und eine gewisse Zeitlang später schwamm auch die nationale Bourgeoisie Chinas im Kielwasser der Konterrevolution. Während des Widerstandskriegs gegen Japan kapitulierte der von Wang Djing-we repräsentierte Teil der Großbourgeoisie vor dem Feind, was einen neuen Verrat seitens der Großbourgeoisie bedeutete. Auch darin unterscheidet sich die chinesische Bourgeoisie von der europäischen und amerikanischen – insbesondere der französischen – Bourgeoisie früherer Geschichtsperioden. Als sich die Bourgeoisie Europas und Amerikas, besonders die Frankreichs, noch in ihrer revolutionären Periode befand, wurde in ihren Ländern die bürgerliche Revolution verhältnismäßig gründlich durchgeführt; in China aber ermangelt es der Bourgeoisie sogar dieser relativen Gründlichkeit.

Einerseits die Möglichkeit zur Teilnahme an der Revolution und andererseits Bereitschaft zu Kompromissen mit dem Feind der Revolution – das ist der Januskopf der chinesischen Bourgeoisie. Dieser doppelgesichtige Charakter war auch der europäischen und amerikanischen Bourgeoisie in der Vergangenheit eigentümlich. Einem starken Feind gegenüber suchte sie das Bündnis mit den Arbeitern und Bauern; waren aber die Arbeiter und Bauern aufgewacht, verbündete sie sich mit dem Feind gegen die Arbeiter und Bauern. Das ist ein für die Bourgeoisie der ganzen Welt allgemeingültiges Gesetz, doch tritt diese Besonderheit bei der chinesischen Bourgeoisie viel ausgeprägter hervor. ...“ (Mao Tse-tung, Über die Neue Demokratie, 1940, AW 2, S. 406 ff.)

„Es herrscht Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt, und wir gewinnen" (so am 26.11.2006 Warren Buffet, einer der reichsten und einflussreichsten Finanzoligarchen der Welt, in einem Interview mit Ben Stein/New York Times)

„Was ich neu tat, war

1. nachzuweisen, dass die Existenz der Klassen bloß an bestimmte historische Entwicklungsphasen der Produktion gebunden ist;

2. dass der Klassenkampf notwendig zur Diktatur des Proletariats führt;

3. dass diese Diktatur selbst nur den Übergang zur Aufhebung aller Klassen und zur klassenlosen Gesellschaft bildet.“ (so am 5.3.1852 Karl Marx in einem Brief an Weydemeyer – MEW 28, S. 507f.)

Welche Typen von Staaten es auf der Welt gibt

„Diese Republik der Neuen Demokratie wird sich einerseits von den unter der Diktatur der Bourgeoisie stehenden kapitalistischen Republiken des alten, europäisch-amerikanischen Typs unterscheiden, also von den Republiken der alten Demokratie, die bereits überholt sind; sie wird sich auch von einer unter der Diktatur des Proletariats stehenden sozialistischen Republik des sowjetischen Typs unterscheiden, also von einer sozialistischen Republik, wie sie bereits in der Sowjetunion zur Blüte gelangt ist und in allen kapitalistischen Ländern errichtet werden wird, wie sie zweifellos einmal die dominierende strukturelle Form des Staates und der politischen Macht in allen industriell fortgeschrittenen Ländern sein wird, jedoch für eine bestimmte Geschichtsperiode den Revolutionen in kolonialen und halbkolonialen Ländern nicht angemessen ist. Deshalb müssen die Revolutionen in allen kolonialen und halbkolonialen Ländern für diese Geschichtsperiode eine dritte Staatsform wählen, nämlich die besagte Republik der Neuen Demokratie. Diese Form gilt für eine gewisse Geschichtsperiode und ist daher eine Übergangsform; sie kann aber nicht ersetzt werden und stellt eine notwendige Form dar.

Die mannigfaltigen Staatssysteme in der Welt können daher nach dem Klassencharakter der politischen Macht auf drei grundlegende Typen reduziert werden:

1. unter der Diktatur der Bourgeoisie stehende Republiken;

2. unter der Diktatur des Proletariats stehende Republiken;

3. unter der gemeinsamen Diktatur mehrerer revolutionärer Klassen stehende Republiken.

Der erste Typus umfasst die Staaten der alten Demokratie. Heute, nach Ausbruch des zweiten imperialistischen Krieges, ist in vielen kapitalistischen Ländern kaum noch eine Spur von Demokratie zu finden; sie sind entweder zu einer blutigen Militärdiktatur der Bourgeoisie übergegangen oder werden bald dahin übergehen. Gewisse unter der gemeinsamen Diktatur der Grundherren und der Bourgeoisie stehende Länder fallen auch in diese Kategorie.

Der zweite Typus existiert in der Sowjetunion, und in den kapitalistischen Ländern reifen die Bedingungen für diesen Typus heran. In der Zukunft wird er für eine betreffende Periode zur vorherrschenden Form in der Welt werden.

Der dritte Typus ist jene Übergangsstaatsform, die sich die Revolutionen in kolonialen und halbkolonialen Ländern wählen müssen. Jede dieser Revolutionen wird notwendigerweise gewisse, von den anderen unterschiedliche Besonderheiten haben, doch wird es sich dabei lediglich um geringe Unterschiede bei großer Ähnlichkeit handeln. Sobald es sich um Revolutionen in den Kolonien und Halbkolonien handelt, wird dort die Staats- und Regierungsstruktur im Wesentlichen die gleiche sein müssen, nämlich die eines Staates der Neuen Demokratie, in dem sich einige antiimperialistische Klassen zur gemeinsamen Diktatur verbünden. Im heutigen China besteht eine solche Staatsform der Neuen Demokratie eben in der Form der antijapanischen Einheitsfront. Es ist dies ein Staat des Widerstands gegen die japanische Aggression, des Kampfes gegen den Imperialismus; und es ist dies auch ein Staat des Bündnisses mehrerer revolutionärer Klassen, einer Einheitsfront. Leider hat aber trotz der langen Dauer des Widerstandskriegs im größten Teil des Landes – in den Gegenden außerhalb der unter der Führung der Kommunistischen Partei stehenden demokratischen Stützpunktgebiete des Widerstands gegen Japan – die Demokratisierung des Staates im Grunde genommen kaum angefangen, und der japanische Imperialismus hat diese fundamentale Schwäche ausgenutzt, um mit Riesenschritten in unser Land einzudringen. Wenn hier nicht ein Wandel geschaffen wird, dann ist unsere nationale Zukunft äußerst gefährdet.“ (Mao Tse-tung, Über die Neue Demokratie, 1940, AW 2, S. 406 ff.)

1 KAZ 344 mit Beiträgen von Rolf Berthold, Eike Kopf und der KAZ-AG „Chinas Kampf um den Sozialismus“ (R. Corell, Dien Bien Phu, Karlchen, Lobo, O’Nest).

2 KAZ 356: „Die VR China soll eingekreist werden – Dagegen: unsere Solidarität!“ von AG „Chinas Kampf um den Sozialismus“ (R. Corell, Dien Bien Phu, Karlchen, Lobo, O’Nest).

3 s. Kästen: Die zwei Weltrevolutionen – Das Janusgesicht der nationalen Bourgeoisie – Welche Typen von Staaten es auf der Welt gibt.

4 Neudemokratisch ist die chinesische Bezeichnung für das, was in Europa „volksdemokratisch“ genannt wird.

5 „Unsere Erfahrungen können in einem Punkt zusammengefasst werden: das ist die demokratische Diktatur des Volkes, geführt von der Arbeiterklasse (durch die Kommunistische Partei) und gestützt auf das Bündnis der Arbeiter und Bauern. Diese Diktatur muss sich mit den internationalen revolutionären Kräften vereinigen. Das ist unsere Formel, unsere Haupterfahrung, unser Hauptprogramm.“ Mao Tse-tung, Über die demokratische Diktatur des Volkes 1949, AW 4, S. 450.

6 Auch die Klassenanalyse in halbkolonialen Ländern wie China, insbesondere die Differenzierung von nationaler und Kompradorenbourgeoisie, kann als Allgemeingut der Marxisten-Leninisten bezeichnet werden. So schreibt das berühmte sowjetische Lehrbuch der Politischen Ökonomie 1955: „Das Kennzeichen der kolonialen Ausbeutungsmethoden, die dem Finanzkapital der Metropolen hohe Monopolprofite sichern, ist die Verflechtung der imperialistischen Ausplünderung mit feudalen Formen der Ausbeutung der Werktätigen. Während sich einerseits die Warenproduktion entwickelt und die Geldbeziehungen sich ausbreiten, die große Masse der einheimischen Bevölkerung des Bodens beraubt und die kleine Handwerksproduktion vernichtet wird, werden die breiten Massen in Unbildung gehalten, feudale Abhängigkeiten konserviert und religiöser Fanatismus kultiviert. Neben ökonomischen Zwängen bleibt also außerökonomische Gewalt ein permanentes Mittel der Ausbeutung.

Die herrschenden Klassen in den Kolonien und abhängigen Ländern sind die feudalen Gutsbesitzer sowie die Kapitalisten in der Stadt und auf dem flachen Land (Großbauern). Die Klasse der Kapitalisten scheidet sich in die Kompradoren-Bourgeoisie und die nationale Bourgeoisie. Kompradoren sind die einheimischen Vermittler zwischen den ausländischen Monopolen und dem kolonialen Absatz- und Rohstoffmarkt. Die feudalen Gutsbesitzer und die Kompradoren-Bourgeoisie sind Vasallen des ausländischen Finanzkapitals, sind eine direkte käufliche Agentur des internationalen Imperialismus, der die Kolonien und abhängigen Länder knechtet. Mit der Entwicklung einer eigenen Industrie in den Kolonien wächst eine nationale Bourgeoisie heran, die sich in einer zwiespältigen Lage befindet: einerseits versperrt ihr das Joch des ausländischen Imperialismus und der feudalen Überreste den Weg zur ökonomischen und politischen Herrschaft, anderseits aber beutet sie gemeinsam mit den ausländischen Monopolen die Arbeiterklasse und die Bauernschaft aus. In den größten kolonialen und abhängigen Ländern gibt es von den ausländischen Monopolen abhängige monopolistische Vereinigungen der einheimischen Bourgeoisie. Da der nationale Befreiungskampf dem Sturz der Herrschaft des Imperialismus, der Erringung der nationalen Selbständigkeit des Landes und der Beseitigung der die Entwicklung des Kapitalismus hemmenden feudalen Überreste gilt, nimmt die nationale Bourgeoisie in einer bestimmten Etappe an diesem Kampf teil und spielt eine progressive Rolle. (S. 279 f.).

7 „China befindet sich jetzt im Anfangsstadium des Sozialismus und wird sich über eine längere Zeit in diesem Stadium befinden. Das ist ein unüberschreitbares historisches Stadium bei der sozialistischen Modernisierung im wirtschaftlich und kulturell rückständigen China, das mehr als ein Hundert Jahre in Anspruch nehmen wird. Beim sozialistischen Aufbau Chinas muss man von der Realität Chinas ausgehen und den Weg des Sozialismus chinesischer Prägung gehen. In der gegenwärtigen Etappe ist der Hauptwiderspruch in der chinesischen Gesellschaft der Widerspruch zwischen den wachsenden materiellen und kulturellen Bedürfnissen des Volkes und der rückständigen gesellschaftlichen Produktion. Infolge inländischer Faktoren und internationaler Einflüsse wird der Klassenkampf in begrenztem Umfang noch lange Zeit existieren und sich unter bestimmten Bedingungen sogar verschärfen können, aber er ist nicht mehr der Hauptwiderspruch. Die grundlegenden Aufgaben des sozialistischen Aufbaus Chinas liegen darin, die Produktivkräfte weiter zu befreien und zu entwickeln, die sozialistische Modernisierung schrittweise zu verwirklichen und dafür die Seiten und Kettenglieder in den Produktionsverhältnissen und dem Überbau, die der Entwicklung der Produktivkräfte nicht entsprechen, zu reformieren. Man muss am grundlegenden Wirtschaftssystem, in dem das Gemeineigentum den Hauptteil bildet und die Wirtschaften verschiedener Eigentumsformen sich gemeinsam entwickeln, festhalten und es vervollständigen, am Verteilungssystem, in dem die Verteilung nach der Arbeitsleistung im Vordergrund steht, daneben noch mehrere Verteilungsformen parallel bestehen, festhalten und es vervollständigen, einen Teil der Gebiete und der Menschen ermutigen, als erste wohlhabend zu werden, die Armut schrittweise beseitigen, den gemeinsamen Wohlstand verwirklichen und auf der Grundlage der Entwicklung der Produktion und des Zuwachses des gesellschaftlichen Reichtums die wachsenden materiellen und kulturellen Bedürfnisse des Volkes ständig befriedigen sowie die allseitige Entwicklung der Menschen fördern.“ (german.china.org.cn/china/archive/cpc18/2012-09/27/content_26653640.htm)

8 zitiert nach F. Dahlem, Am Vorabend des zweiten Weltkriegs, Bd. 2, S. 18, Berlin 1977 – Stalin selbst war in seinem Bericht an den Parteitag hierzu wesentlich vorsichtiger vgl. SW Bd. 14).

9 vgl. hierzu Mao Tse-tung, Über den Widerspruch, AW 1, S. 404. Ähnliches, aber natürlich auf der Grundlage und zur Stabilisierung der Bourgeoisherrschaft, läuft ja in imperialistischen Ländern unter den Stichworten Moderation und Mediation.

10 s. KAZ 356.

11 dazu in der nächsten Nr. der KAZ „Mit wem sie Solidarität üben – daran kannst Du sie erkennen“.

12 taz 10.12.2007.

13 China hat eine Fläche von 9,57Mio qkm. Die genannten Länder um EU-Europa bringen es zusammen auf 9,97 Mio qkm. China hat 1365 Mio Einwohner, die genannten Länder umfassen 731 Mio Einwohner.

14 Weltbank data.worldbank.org/indicator/SP.RUR.TOTL.ZS

15 foreignpolicy.com/2018/02/01/chinas-middle-class-is-pulling-up-the-ladder-behind-itself/

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Die chinesische Nationalflagge ist die einzige Flagge der Welt, auf der die Klassen, aus denen sich das Volk zusammensetzt und die die Nation konstituieren, sichtbar gemacht werden: Um den großen Stern, der die Kommunistische Partei darstellt, gruppieren sich vier Sterne, die für die Arbeiterklasse, die Bauernschaft, das städtische Kleinbürgertum und die nationale Bourgeoisie stehen.

Die chinesische Nationalflagge ist die einzige Flagge der Welt, auf der die Klassen, aus denen sich das Volk zusammensetzt und die die Nation konstituieren, sichtbar gemacht werden: Um den großen Stern, der die Kommunistische Partei darstellt, gruppieren sich vier Sterne, die für die Arbeiterklasse, die Bauernschaft, das städtische Kleinbürgertum und die nationale Bourgeoisie stehen.

In NGOs, Religionsgemeinschaften u.a. versuchen Agenten der imperialistischen Großmächte einzudringen, um sie als Brückenköpfe für die Konterrevolution und Deckung für ihre Vorbereitung zu instrumentalisieren. Falun Gong wurde 1999 in China verboten unter Stöhnen und Wehklagen der bürgerlichen Medien. In ihrem Organisationsemblem zeigen sie das Hakenkreuz, das auf diese Weise wieder salonfähig gemacht werden soll. Wer sich mit dieser Gesellschaft für „Atemübungen“ und „Meditationstechniken“, wie sie sich gerne mit Unschuldsmiene darzustellen versucht, solidarisieren will, solidarisiert sich mit Rassisten und Faschisten!

In NGOs, Religionsgemeinschaften u.a. versuchen Agenten der imperialistischen Großmächte einzudringen, um sie als Brückenköpfe für die Konterrevolution und Deckung für ihre Vorbereitung zu instrumentalisieren. Falun Gong wurde 1999 in China verboten unter Stöhnen und Wehklagen der bürgerlichen Medien. In ihrem Organisationsemblem zeigen sie das Hakenkreuz, das auf diese Weise wieder salonfähig gemacht werden soll. Wer sich mit dieser Gesellschaft für „Atemübungen“ und „Meditationstechniken“, wie sie sich gerne mit Unschuldsmiene darzustellen versucht, solidarisieren will, solidarisiert sich mit Rassisten und Faschisten!

Nach einigem Gezerre, ob die Bronzestatue als Geschenk der Volksrepublik China an die Stadt Trier anlässlich des 200. Geburtstags von Karl Marx überhaupt angenommen werden dürfe und nach ihrer verordneten Stauchung um 80 cm, ist am 6. März das Artefakt am Bestimmungsort eingetroffen. Sie soll am 5. Mai feierlich enthüllt werden. Rechte haben bereits mit antichinesischen und antikommunistischen Kundgebungen gedroht. Für die Linke ein starker Anlass, Marx und China in Trier zu verteidigen.

Nach einigem Gezerre, ob die Bronzestatue als Geschenk der Volksrepublik China an die Stadt Trier anlässlich des 200. Geburtstags von Karl Marx überhaupt angenommen werden dürfe und nach ihrer verordneten Stauchung um 80 cm, ist am 6. März das Artefakt am Bestimmungsort eingetroffen. Sie soll am 5. Mai feierlich enthüllt werden. Rechte haben bereits mit antichinesischen und antikommunistischen Kundgebungen gedroht. Für die Linke ein starker Anlass, Marx und China in Trier zu verteidigen.