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Für Dialektik in Organisationsfragen

Für unser Demonstrations- und Streikrecht

Das geplante bayerische Versammlungsgesetz muss weg!

Noch vor der Sommerpause will die bayerische Staatsregierung trotz vielfältiger Proteste ein neues Versammlungsrecht beschließen. Sie behauptet, damit Versammlungen und Aufmärsche faschistischer Organisationen verhindern zu wollen. Doch dieses geplante Gesetz, mit dem die Staatsregierung bundesweit vorprescht, ist ein Angriff auf die Rechte aller demokratischen Kräfte in diesem Land, da es das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit weitgehend aushebelt. Es ist ein Angriff auch auf die Gewerkschaften!

  • Es erschwert Streiks. Versammlungen müssen 72 Stunden vorher angekündigt werden. Wie praktisch für die Unternehmer! Sie werden ausreichend Zeit haben, Gegenmaßnahmen zu treffen. So werden viele Streiks wirkungslos. Bei Verstoß dagegen droht ein Bußgeld bis zu 3.000 Euro.
    Gleichzeitig sieht das Gesetz vor, dass Dritte vor unzumutbarer Beeinträchtigung durch Versammlungen oder Demonstrationen geschützt werden müssen. Da kann sich schnell der eine oder andere Ladenbesitzer oder Autofahrer finden, der Streikversammlungen als unzumutbar empfindet. Wer bekommt dann Recht?
  • Ein geschlossenes Auftreten mit z.B. Streikwesten, Gewerkschaftskappen, Fahnen usw. kann unter das Uniformierungsverbot fallen oder auf die Unternehmer „einschüchternd wirken“ - und das soll zukünftig verboten sein. Wird von der Polizei ein Kleidungsstück o.ä. als Uniformierung empfunden, droht den Teilnehmern eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr.
  • Versammlungen und Demonstrationen sollen dazu benutzt werden, Daten zu sammeln. So sollen die Personalien aller Ordner bekannt gegeben werden. Regelung zur Speicherung dieser Daten sind nicht vorgesehen. Die Suche nach Ordnern wird dadurch noch schwieriger werden.
    Die Polizei soll ermächtigt werden, von jeder Versammlung – also auch Gewerkschaftsversammlungen, Streikversammlungen - Übersichtsaufnahmen und -aufzeichnungen zu machen. Diese müssen nur gelöscht werden, „soweit sie nicht benötigt werden“. Es wird also eine riesige Datensammlung von aktiven Gewerkschaftern geben. Wofür brauchen sie das, wenn nicht dafür, uns zu kontrollieren und gegebenenfalls jeden Widerstand gegen Kapital und Regierung zu unterdrücken? Sollte eine reaktionäre Regierung große Streiks befürchten, so kann sie schon vorher aktive Gewerkschafter verhaften lassen.
  • Die Behörde kann Versammlungsleiter und Ordner, auch bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen, als „ungeeignet“ ablehnen, wenn sie ihrer Meinung nach„die Friedlichkeit der Versammlung“ gefährden. Wann endet die „Friedlichkeit“? Bei Aufruf zur Blockade einer Straße, eines Betriebs, von Eisenbahnknotenpunkten? Sollen wir uns in Zukunft von der Polizei vorschreiben lassen, wer reden oder ordnen darf? Wenn es nach dem geplanten bayerischen Versammlungsgesetz geht, wird das so sein...

Auf die Straße
Für unsere Versammlungsfreiheit!

Kosmetische Änderungen

Die Proteste, vor allem auch der Gewerkschaften, gegen das geplante bayerische Versammlungsgesetz haben bereits vor den Kundgebungen und Demonstrationen bewirkt, dass sich CSU-Abgeordnete zu einem Änderungsantrag bemüßigt sahen.

So soll das Verbot, „gleichartige Kleidungsstücke als Ausdruck einer gemeinsamen politischen Gesinnung“ zu tragen (Art. 7 Abs. 3) gestrichen werden. Sofern dies jedoch eine „einschüchternde Wirkung“ hat, bleibt das Verbot erhalten. Neu hinzugefügt werden soll das Verbot, Uniformen oder gleiche Kleidungsstücke öffentlich außerhalb von Versammlungen zu tragen, sofern „damit eine einschüchternde Wirkung verbunden ist“. Solange wir also lammfromm vor den Fabriktoren stehen oder durch die Straßen demonstrieren, dürfen wir dabei auch unsere Streikwesten tragen. Ab wann wir damit einschüchternd oder gar gewaltbereit wirken, ist der willkürlichen Einschätzung der Staatsmacht überlassen. Denn weder eine „einschüchternde Wirkung“ noch „Gewaltbereitschaft“ sind rechtlich zu fassende Begriffe.

Gestrichen werden soll auch, dass Verbote ausgesprochen werden können, wenn „Rechte Dritter unzumutbar beeinträchtigt werden“. Im Kommentar dazu weisen die Herrschaften jedoch gleichzeitig darauf hin, dass schon jetzt die „Rechte Dritter ... in die Abwägungsentscheidung einzustellen sind.“

Alles andere bleibt, mit einigen unbedeutenden Änderungen, so wie es ist. Dieser Änderungsantrag ist dazu da, den Protest abzuschwächen. Tragen wir dafür Sorge, dass dies nicht gelingt!

aus: „Auf Draht“, eine Zeitung, die vor Münchner Betrieben verteilt wird, hrsg. von DKP München und Gruppe KAZ München, 10.6.2008

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