Gedicht
Nun ist vom Blute satt die Erde,
Das aus Millionen Adern sprang,
Damit der Reiche reicher werde,
Gesättigt aus dem Untergang.
Und wieder reckt sich das Gewürme
Und schreit nach Krieg und Heldengeist,
Aus Angst, daß seine goldnen Türme
Der nächste Sturm zu Boden schmeißt.
Sie wissen, daß die Kräfte reifen
Im unterirdschen Widerstand.
Ihr Plan ist, ihnen vorzugreifen
Und loszulassen Pest und Brand.
Denkt nicht: Auch der Krieg geht vorüber!
Denn wißt ihr, welch ein Krieg das ist:
Der, schlimmer als das schwarze Fieber,
Nicht Heere, sondern Völker frißt!
Vom Himmel heulen Feuerbomben,
Granaten reißen Straßen auf,
In ausgebrannten Katakomben
Verkohlt verkrümmter Menschenhauf
Die Erde kocht, die Städte sieden,
Bis daß die Welt dem Schauhaus gleicht,
Und über Leichenpyramiden
Kein Volk sich mehr die Hände reicht.
Hört die Faschistengenerale
Krieg in die Mikrophone schrein!
Schon bersten alle Arsenale.
Der Krieg bricht über Nacht herein.
Da hilft nicht Abscheu noch Verdammen.
Dagegen hilft nur eine Macht.
Noch ist es Zeit, bevor die Flammen
An allen Grenzen angefacht.
Seht ihr den Riesen, der in Händen
Den ungeheuren Hammer hält?
Es bricht hervor aus Blut und Bränden
Das ganze Sklavenvolk der Welt,
Das einz’ge Heer, das aus Beschwerde
Die Welt erlöst mit seinem Sieg,
Daß dieser blutgetränkten Erde
Die Freiheit und der Friede werde!
Denn sein Krieg ist der letzte Krieg!
Erich Weinert (1934)
Geschrieben anlässlich der Saar-Abstimmung in Vorahnung der kommenden Katastrophe