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Für Dialektik in Organisationsfragen

Was sind die Merkmale faschistischer Parteien?

Um diese Frage zu beantworten, muss man sich klar darüber sein, was überhaupt Faschismus bedeutet. Was ist sein Klassencharakter, und was ist seine soziale Basis?

Den Klassencharakter des Faschismus kennzeichnete Georgi Dimitroff auf dem VII. Weltkongress der Kommunistischen Internationale mit einem prägnanten Satz, den die Bourgeoisie am liebsten aus der Geschichte streichen würde. Der Faschismus an der Macht, so seine Worte, ist „die offene, terroristische Diktatur der reaktionärsten, chauvinistischsten, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals[1]“.

Der Faschismus ist also bürgerliche Herrschaft, widerspricht aber der bürgerlichen Demokratie und strebt ihre völlige Zerstörung an. Ideologisch leugnet er die Klassen und versucht – vor allem in imperialistischen Ländern – eine scheinbar klassenlose „Volksgemeinschaft“ herzustellen, mit deren Hilfe in den Krieg, sogar in den Weltkrieg gezogen werden kann. Um diese „Volksgemeinschaft“ zu schmieden, müssen Feindbilder aufgebaut werden, müssen die inneren Feinde der Monopolbourgeoisie – die organisierte Arbeiterbewegung und die demokratischen Kräfte – ausgeschaltet werden, muss der tatsächliche Klassenunterschied ausgetauscht werden gegen angebliche Unterschiede zwischen den Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Hautfarbe, Weltanschauung, Lebensweise etc.

Um dahin zu kommen, braucht es eine faschistische Massenbewegung, eine kleinbürgerliche bis lumpenproletarische arbeiterfeindliche Bewegung (die – je nach Zustand der Arbeiterbewegung – auch rückständige Arbeiter mehr oder weniger erfassen kann), Grundlage der herzustellenden „Volksgemeinschaft“ und soziale Basis des Faschismus.

Die soziale Basis des Faschismus unterscheidet sich also von ihrem Klassencharakter – was auch logisch ist, die Monopolbourgeoisie könnte schließlich nicht selber den faschistischen Terror durchführen, sie wäre dazu kräftemäßig gar nicht in der Lage, dafür braucht sie die faschistische Massenbewegung. Auch wenn die Bourgeoisie unter bürgerlich-demokratischen Verhältnissen herrschen will, braucht sie eine soziale Stütze im Volk, das ist dann hauptsächlich die Arbeiteraristokratie, politisch organisiert über die Sozialdemokratie mit ihrem Einfluss bei den Arbeitern, in den Betrieben, in den Gewerkschaften.

Aus all dem Gesagten ergibt sich auch, was faschistische Parteien, die dem Monopolkapital ihre Dienste anbieten, zu bewerkstelligen haben, um zum Erfolg zu kommen. Sie müssen die bürgerliche Demokratie und die bürgerliche Rechtsgleichheit angreifen, sie müssen in der Lage sein, kleinbürgerliche, enttäuschte, verbitterte Massen um sich zu sammeln und aggressiv in Stellung zu bringen, sie müssen beweisen, dass sie eine „Volksgemeinschaft“ herstellen können, die sich gegen andere Völker, notfalls gegen die ganze Welt richtet.

Aus dem bisher Gesagten könnte man zu dem Schluss kommen, dass es außer der NPD kaum faschistische Parteien gibt in diesem Land, da das Kriterium des Angriffs auf die bürgerliche Demokratie bei Parteien wie der CSU und der AfD nicht auf den ersten Blick ins Auge fällt – im Gegensatz zu dem geschichtlichen Bespiel der NSDAP, die offen ihre Feindschaft zur bürgerlichen Demokratie zum Ausdruck brachte.

Aber der erste Blick ist zu oberflächlich. Das aufgeblasene Gehabe aller Faschisten täuscht über eine Tatsache hinweg:

Es gibt keine faschistischen Grundsätze. Die Grundlage des Handelns von Faschisten ist auf die Spitze getriebener Pragmatismus. Ende des 19. Jahrhunderts – als der Kapitalismus sein höchstes und letztes Stadium erreicht hatte, den Imperialismus – entstand in den USA die philosophische Richtung des Pragmatismus.

Der Pragmatismus ist eine „Spielart des subjektivistischen Idealismus in der modernen anglo-amerikanischen Philosophie“. Er „lehnt die Erkenntnis der objektiven Wahrheit ab und betrachtet dasjenige als Wahrheit, was praktisch verwertbare, das heißt für die Bourgeoisie nützliche Resultate ergibt“. Er „verwischt den Unterschied zwischen Wissen und Glauben und ermöglicht dadurch eine willkürliche Fälschung der Wissenschaft“. Er „propagiert die finsterste Reaktion im Innern des Landes und die imperialistische Aggression in der Außenpolitik[2].

Faschisten sind Pragmatiker, aber nicht alle Anhänger des Pragmatismus sind Faschisten. Opportunisten in der Arbeiterbewegung werden mit Recht als Pragmatiker bezeichnet, aber sie können den Pragmatismus niemals so auf die Spitze treiben wie die Faschisten – sie würden sonst ihren Einfluss in der Arbeiterbewegung verlieren und wären damit funktionslos für die Bourgeoisie. Sie können also nicht alles machen, was die herrschende Klasse von ihnen verlangt, mit Ausnahme von einzelnen, die zum Faschismus überlaufen. Ein erklärter Anhänger dieser philosophischen Richtung des Pragmatismus war der Führer der italienischen Faschisten, Mussolini.

Es gibt nur ein einziges Prinzip des Pragmatismus und das heißt Prinzipienlosigkeit. Und so kann faschistische Demagogie alle erdenklichen Losungen und Aufrufe gebrauchen oder missbrauchen, auch die der Antifaschisten und Kommunisten. Es gibt auch nichts, was Faschisten unbedingt an Phrasen und Losungen vertreten müssen, um Faschisten zu sein und woran man sie erkennen könnte. Nur eins müssen sie dem Monopolkapital beweisen: dass sie in der Lage sind, die offene, terroristische Diktatur der reaktionärsten, chauvinistischsten, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals zu errichten.

Zu diesem Zweck haben faschistische Parteien ein großes Warenarsenal mit allerlei ideologischem Plunder, durchsetzt mit geistigen Brandsätzen, die zu wirklichen Brandsätzen werden können und sollen.

Sie müssen beweisen, dass sie geschworene und aggressive Feinde der Arbeiterbewegung sind, dass sie die bedrohlichsten aller Antikommunisten sind. Das können sie mit offenem Terror tun, sie haben aber in ihrem Arsenal auch die Querfrontpolitik, die Zersetzung der Arbeiterbewegung durch demagogische Übernahme ihrer Losungen und Versuchen, Einheitsfrontbemühungen zu zerschlagen.

Sie müssen beweisen, dass sie eine wehrhafte „Volksgemeinschaft“ herstellen können, mit der in den Krieg auch gegen andere imperialistische Mächte gezogen werden kann. Dafür haben sie mehrere Methoden im Gepäck, die sie nach pragmatischen Gesichtspunkten jeweils mehr oder weniger zum Einsatz bringen:

Den Nationalismus in seiner chauvinistischsten Variante („Deutschland Deutschland über alles“), der das Land kriegsfähig gegen die imperialistischen Konkurrenten machen soll. Verdeckt wird das durch Phrasen wie „Europa der Vaterländer“.

Den imperialistischen Rassenwahn, heute oft auch verdeckt und verkleistert durch die Beschwörung der Andersartigkeit „fremder“ Kulturen, oder veredelt durch angebliche „Religionskritik“ (Antiislamismus). Er dient zur Ablenkung von den tatsächlichen Feinden des demokratischen Volkes, dient zur Vernichtung der Demokratie, indem die bürgerliche Gleichheit vor dem Gesetz mit Hilfe dieses Rassenwahns bekämpft wird (z.B. durch Antisemitismus, oder durch Kampf gegen Asylsuchende). Dies geschieht relativ unbemerkt, da ja nur „den anderen“ wesentliche Bürgerrechte genommen werden, das Leben derer, die als „Deutsche“ oder als Staatsbürger erster Klasse bzw. ohne „Migrationshintergrund“ gerechnet werden, bleibt erstmal unverändert.

Den völkischen Rückgriff auf vorbürgerliche Gesellschaftszustände, Abstammungsmythen etc., der unter Umständen territoriale Ansprüche auf der ganzen Welt beinhalten kann ist besonders in Deutschland beliebt, da – entgegen normalem bürgerlichen Recht – sogar im Grundgesetz der BRD die Staatsbürgerschaft nach Abstammung und nicht nach dem Territorialprinzip geregelt ist. Darauf basiert auch die chauvinistische „Volks­gruppen“­politik des deutschen Imperialismus, die von Faschisten in unserem Land ganz unauffällig übernommen werden kann. Ideologisch gab es z.B. bei der NSDAP den Rückgriff auf das „Germanentum“, bei den italienischen Faschisten die Beschwörung der römischen Sklavenhaltergesellschaft.

Man kann Faschisten nicht nach ihren Worten, sondern vor allem nach ihrer Funktion in der Gesellschaft gegenüber den verschiedenen Klassen und Schichten beurteilen und entsprechend entlarven.

Dieser Pragmatismus bedeutet aber nicht, dass alles für die faschistische Bewegung einfach austauschbar wäre. So können z.B. Faschisten auf Antisemitismus verzichten oder sogar Antisemitismus „bekämpfen“. Aber gerade in Deutschland ist solch ein Philosemitismus bei faschistischen Bewegungen nur eine zeitweilige Erscheinung, entsprechend zeitweiligen außenpolitischen Erfordernissen.

Pragmatismus bedeutet auch, dass eine Partei der faschistischen Sammlungsbewegung – die CSU – jahrzehntelang erfolgreich so tun kann, als wäre sie eine normale konservativ-demokratische Partei. Dazu trägt auch ein objektiver Umstand bei: Es gibt in Bayern keine CDU, d.h. Konservative haben sich in der CSU organisiert. Zu Zeiten von Strauß hatten sie dort gar nichts zu sagen, sie tauchten nicht auf, dafür hat die Führungsfigur Strauß gesorgt. Das Hinscheiden dieser Führungsfigur 1988 hat die CSU in eine tiefe Krise gestürzt, die noch durch ihren missglückten Versuch, 1989 in der DDR Fuß zu fassen, verschärft wurde. Erst durch die sogenannte „Flüchtlingskrise“ ist die CSU aus ihrer Krise wirklich herausgekommen, wodurch sich auch erklärt, dass es Bestrebungen gibt, in Bayern eine CDU zu gründen in Abgrenzung zu der offensichtlich faschistischen Politik der CSU. Das sehen offenbar einige Merkel-Anhänger klarer als manche Antifaschisten. Und eben das ist eine besondere Schwierigkeit des antifaschistischen Kampfes heute.

Dabei zeigen faschistische Parteien immer in der Tat, dass sie die bürgerliche Demokratie verachten und zerstören wollen. Beispiele dafür: „Leitkultur“ und/oder „Völkisches“ wird an die Stelle des bürgerlichen Rechts gesetzt, Ungleichheit von Staatsbürgern eines Landes aufgrund ihrer Herkunft wird postuliert, auf Grundlage der Leugnung der Existenz von Klassen und Klassenkampf wird Parteienverachtung propagiert, soll der Parlamentarismus von rechts durch Plebiszite (Volksabstimmungen) ausgehöhlt werden (entsprechend den Lehren des Nazijuristen Carl Schmitt).

Nehmen wir als Beispiele des Unterschieds zwischen konservativen und faschistischen Parteien zwei spektakuläre Wahlerfolge – einmal 1930 der NSDAP bei den Reichstagswahlen und einmal 2016 der AfD bei Landtagswahlen (die historischen Umstände sind sehr verschieden, gleich ist bei beiden das spektakuläre Hochschnellen der Wahlergebnisse).

Die NSDAP hat 1930 von der „Weltwirtschaftskrise“ profitiert, und die Frage ist, was machte sie anders als andere Parteien: Sie konzentrierte sich auf eine Hauptaussage, reaktionär, kriegerisch, aggressiv, für große Teile des Kleinbürgertums, Lumpenproletariat, sehr rückständige Arbeiter annehmbar: Die kolossale Verelendung wurde einem Komplott der alliierten Siegermächte zugeschrieben (Versailler Vertrag, Young-Plan), so wurde das deutsche Kapital zum vermeintlichen Bündnispartner gegen die Verelendung. Um diese eine Hetzparole zu verankern, riet Goebbels (später Propagandaminister) sogar dazu, den Antisemitismus vorübergehend zurückzufahren, um einen Teil der bürgerlichen Wähler nicht zu verschrecken!

Worauf beruhen nun die Wahlerfolge der AfD 2016: Die Verelendung schreitet voran – die Erwerbslosigkeit hat v.a. in der einverleibten DDR und einzelnen Gebieten Westdeutschland nach wie vor erschreckende Ausmaße, das Gebiet der DDR ist zu einem großen Teil industriell ausgeblutet. Eine in ihrer Sprunghaftigkeit relativ neue Entwicklung ist die steigende Wohnungsnot in den mittleren bis großen Städten in Westdeutschland plus Berlin. Es ist eine Entwicklung von ökonomisch gesehen solcher Absurdität, dass man im Juni 2016 als Schlagzeile im Magazin „Focus“ lesen konnte: „Deutsche Bank warnt vor Wohnungsnot in Deutschland“. Beide Faktoren der Verelendung brauchten nun das eine Feindbild – es wurde geliefert frei Haus von der herrschenden Politik: Die sogenannte „Flüchtlingskrise“ gab die Vorlage. Auf nichts anderes stützt sich die AfD, „Obergrenze“ heißt die schlichte und wirksame Losung – und sie schmeißt dafür auch mal einen aus der Partei, der es mit dem Antisemitismus übertrieben hat und ein schlechtes Licht auf den Wahlkampf wirft.

Auch die CSU hat sich mit ihrem angeblichen „Integrationsgesetz“ auf die „Flüchtlingskrise“ geworfen. „Obergrenze“ ist auch ihre Losung, da ist sie sich mit der AfD einig (dass es auch bei der SPD und sogar bei der Linkspartei im Einzelnen ähnliche Tendenzen gibt, ist sehr bedauerlich und sehr schädlich, ist aber im Gegensatz zu CSU und AfD nicht der Kitt, der sie zusammenhält und ihnen Erfolge beschert, ganz im Gegenteil). Mit dem neuen Gesetz aber führt die CSU vor, wie man anhand der „Flüchtlingskrise“ die bürgerliche Demokratie wirksam bekämpfen kann – an die Stelle des bürgerlichen Rechts wird per Gesetz (!) die „Leitkultur“ gesetzt, Staatsbürger zweiter Klasse werden geschaffen, je nach Herkunft und Gesinnung – die Nürnberger Rassengesetze von 1935 lassen grüßen. Das alles geschieht vermeintlich „nur“ gegen eine Minderheit, „nur“ gegen Leute mit „Migrationshintergrund“, „nur“ gegen Linke – so dass selbst kluge Antifaschisten noch irrtümlich meinen, dies sei eine Partei, die noch im bürgerlich-demokratischen Rahmen verbleibt. Bezeichnend ist die Konsequenz des Vorgehens der bayerischen Staatsregierung – selbst Kapitalisten werden teilweise verärgert, weil die in Bayern äußerst restriktive Auslegung des Bundes­„inte­grations­gesetzes“ ihnen dringend benötigte Arbeitskräfte vorenthält. Dieser Widerspruch war in der Geschichte immer bei faschistischen Parteien sichtbar – sie werden für die langfristigen Ziele des Kapitals gebraucht – Krieg gegen die imperialistischen Konkurrenten –, geraten aber gerade wegen ihrer Konsequenz bei ihren bestialischen Maßnahmen oft in Konflikt mit den kurzfristigen Interessen einzelner Kapitalisten.

Nimmt man die oben genannten Kriterien – Zerstörung der bürgerlichen Demokratie von rechts, Sammlung der zur Reaktion neigenden kleinbürgerlichen und lumpenproletarischen Massen, Ziel der Herstellung der „Volksgemeinschaft“ gegen innere und äußere „Feinde“ –, wird man nicht umhin können, CSU und AfD zu den faschistischen Parteien – den beiden wichtigsten zurzeit – zu zählen.

KAZ-Fraktion „Für Dialektik in Organisationsfragen“

CSU

„Die Ordnung“ heißt das neue Grundsatzprogramm der CSU. Um diesen Titel in seiner Bedeutung würdigen zu können, muss man zurück in das Jahr 1918. Der revolutionäre Ansturm der Arbeiter gegen die bürgerlichen Verhältnisse hatte im Deutschen Reich zumindest halbwegs bürgerlich demokratische Zustände durchgesetzt, heftig bekämpft von der sich formierenden Reaktion. Zufluchtsort aller möglichen reaktionären Kräfte wurde Bayern. Dort hatte sich 1918 die Bayerische Volkspartei (BVP) nach einer Abspaltung von der Zentrumspartei gegründet und 1920 schließlich die Auflösung der gemeinsamen Reichstagsfraktion mit dieser beschlossen. Der Bayerische Sonderweg begann. Während im Reich der Kapp-Putsch am Widerstand der Arbeiter scheiterte, herrschte in Bayern Ausnahmezustand. Kapp-Putschisten zogen sich hierher zurück, Einwohnerwehren beherrschten die Straße. Bayern wurde zur „Ordnungszelle des Reiches“ (Ritter von Kahr, BVP), ein Sammelbecken der „vaterländischen“ Kräfte gegen die Weimarer Republik. In diesem Klima der äußersten Reaktion konnte sich die faschistische NSDAP formieren und München zur „Hauptstadt der Bewegung“ werden.

Nach 1945 setzten sich in Bayern wieder diejenigen Kräfte der nun stramm antikommunistischen Reaktion durch, die auf Eigenständigkeit pochten. So entstand mit der CSU 1946 nicht einfach ein Landesverband der CDU, sondern wieder eine eigenständige Parteiorganisation. Dass das Bekenntnis zur Demokratie im Namen fehlt, war kein Zufall. Schließlich sollten alle bürgerlichen Kräfte und Strömungen gegen den Kommunismus, gegen die Arbeiterbewegung zusammengefasst werden. „Wir erwarten, dass die Sammlungsidee unserer Partei nicht angetastet wird“ – so Franz Josef Strauß auf dem Gründungsparteitag 1946.

Strauß, eng verbunden mit den Großkonzernen, die sich in diesem sicheren Bayern angesiedelt hatten, wurde der starke Mann der CSU und blieb es bis zu seinem Tod (1988). Er machte aus seiner anti-demokratischen Haltung keinen Hehl. „Angesichts des Chaos, das in Chile geherrscht hat, erhält das Wort Ordnung für die Chilenen plötzlich wieder einen süßen Klang“, ließ er z.B. sein Sprachrohr „Bayernkurier“ über Pinochet´s Chile schreiben (22.9.1973). Die CSU eroberte über Schützen-, Trachten- und sonstige Heimatverbände, Kirchengemeinden, Landratsämter und Gemeinderäte die Lufthoheit auf dem bayerischen Lande und mit ihr seit 1966 die Wahlen mit absoluter Mehrheit (außer zwischen 2008 und 2013). Durch vielfältige Fäden mit den offen faschistischen Organisationen in und außerhalb Bayerns, sowie über die Grenzen dieser Republik hinweg vernetzt, wurde die CSU zur „Sammelbewegung zur Rettung des Vaterlandes“ (Nürnberger Parteitag 1970) gegen die „kommunistische Gefahr“.

Heute, in diesen krisenhaften Zeiten, schickt sich die CSU wieder an, von ihrer bayerischen Bastion aus das Vaterland zu retten. „Damit Deutschland, Deutschland bleibt.“ Sie formuliert in den offiziellen Verlautbarungen geschickter als die AfD: Man fordert nicht, auf Menschen an den Grenzen zu schießen, sondern Zäune hochzuziehen. Man ist nicht gegen den „Islam als per se politisch“, sondern gegen den „politischen Islam“. Man ist nicht grundsätzlich gegen Flüchtlinge – schließlich kennt man die Interessen des Kapitals –, sondern nur gegen die, welche die „Bringschuld“ (Grundsatzprogramm) der Integration nicht leisten. Und weil man nicht irgendeine AfD ist, sondern regierende Staatspartei, legt man ein „Bayerisches Integrationsgesetz“ auf den Tisch, das zeigt, wohin die Reise gehen soll. Deutsche Leitkultur ist der Kampfbegriff, mit dem statt bürgerlichem Recht Willkür und Gesinnungsschnüffelei Gesetz werden soll – und in Bayern bereits wird. Am 9.12. verabschiedet der Bayerische Landtag gegen den ausdauernden Protest der Oppositionsparteien SPD und Grüne und unter Beifall der AfD das „Integrationsgesetz“. Die CSU sammelt wieder.

Gretl Aden

Nachdruck aus der jw vom 14.12.2016

1 Finanzkapital: „Konzentration der Produktion, daraus erwachsende Monopole, Verschmelzung oder Verwachsen der Banken mit der Industrie – das ist die Entstehungsgeschichte des Finanzkapitals und der Inhalt dieses Begriffs“ (Lenin, Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, LW Bd. 22, S. 230).
Quelle des Zitats: Georgi Dimitroff, Die Offensive des Faschismus und die Aufgaben der Kommunistischen Internationale im Kampf für die Einheit der Arbeiterklasse gegen den Faschismus, in: VII. Weltkongress der Kommunistischen Internationale, Frankfurt/Main 1971, S. 75

2 Wilhelm Liebknechts Volksfremdwörterbuch Berlin 1953, S. 206. Zu den Ausführungen über den Pragmatismus wurde auch herangezogen: Harry K.Wells, Der Pragmatismus – eine Philosophie des Imperialismus, Westberlin 1975 auf Grundlage einer 1957 in der DDR erschienen Ausgabe

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