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Für Dialektik in Organisationsfragen

Auf der XIV. Konferenz „Der Hauptfeind steht im eigenen Land“, die dieses Jahr unter dem Motto „Seht ihn hier reden von der Zeitenwende“ stattfand, wurde auch über die in der Arbeiter- und kommunistischen Bewegung häufig anzutreffende Forderung „Deutschland raus aus der NATO“ diskutiert. Wir drucken im folgenden die zwei Eingangsreferate von Gretl Aden und Max Rodermund ab, die mit ihren gegensätzlichen Positionen in das Streitgespräch einführten.

Deutschland raus aus der NATO?

Gretl Aden (Kommunistische Arbeiterzeitung)

Ich halte diese Losung für falsch und zwar aus folgenden Gründen:

Unabhängig von der subjektiven Absicht derjenigen Freunde und Genossen, die sie aufstellen, greift sie nicht unmittelbar den deutschen Imperialismus an, sondern die NATO, und damit den US-Imperialismus.

Sie schürt die Illusion, der deutsche Imperialismus wäre friedlicher, weniger gefährlich ohne die NATO und verharmlost damit den deutschen Imperialismus.

Sie beinhaltet eine Option der deutschen Monopolbourgeoisie und ihres Staates in ihrem Kampf um die Beherrschung möglichst großer Teile der Welt: das Streben, ohne und gegen die USA antreten zu können.

Sie lenkt also vom deutschen Imperialismus ab, statt auf den Kampf gegen ihn zu orientieren – und das ist doch unsere Aufgabe in diesem Land als Teil des internationalen Kampfes der Arbeiterklasse und unterdrückten Völker gegen den Imperialismus.

Warum ist das so?

Um diese Frage zu beantworten, ist es notwendig, einen Blick zurück in die Geschichte zu werfen, um den Charakter der NATO zu verstehen.

Jeder hier im Raum kennt wahrscheinlich den Ausspruch ihres ersten Generalsekretärs Lord Ismay, der als Ziel der NATO zusammenfasste: „To keep the Russions out, the Americans in and the Germans down“, also die Sowjets aus Europa draußen, die Amerikaner drinnen und die Deutschen unten zu halten. Die 1949 auf Initiative und unter Führung des US-Imperialismus, der als stärkster imperialistischer Staat aus dem Zweiten Weltkrieg hervorging, gegründete Nato, hatte von Seiten der USA den Zweck, die eigene hegemoniale Stellung auch in Europa gegenüber den imperialistischen Mächten dort (Frankreich, Großbritannien, Italien) zu festigen und auszubauen, den deutschen Imperialismus dabei unter Kontrolle zu halten und so den Kampf gegen den Kommunismus anzutreten. Das hieß damals konkret, die Sowjetunion zu schwächen, wo es ging, und eine weitere Errichtung volksdemokratischer und sozialistischer Staaten in Europa und weltweit zu verhindern. Für diesen Kampf brauchten sie aber den deutschen Imperialismus, der sich als Frontstaat anbot. Unter Bruch wesentlicher Bestimmungen des Potsdamer Abkommens wurde nicht nur die Bildung des westdeutschen Separatstaates gebilligt, sondern auch eine Remilitarisierung Westdeutschlands geplant – allerdings unter Kontrolle des US-Imperialismus, eingedämmt durch ein europäisches und transatlantisches Bündnis. Es war damals die einzige Möglichkeit für die deutsche Monopolbourgeoisie und ihr politisches und militärisches Personal, ein erneutes Mal wieder auf die Füße zu kommen. Ursprünglich sollte die Militarisierung Westdeutschlands innerhalb einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) erfolgen, in die westdeutsches Militär eingegliedert werden sollte.[1] Doch dieser Plan scheiterte an der französischen Nationalversammlung, die 1954 dagegen stimmte. Und so wurde Westdeutschland 1955 in die NATO aufgenommen, wie auch gleichzeitig in die Westeuropäische Union (WEU). Anders als vor allem der französische Imperialismus für die EVG ursprünglich vorgesehen hatte, bedeutete die Aufnahme in die NATO den eigenständigen Aufbau einer westdeutschen Armee mit bis zu 500.000 Soldaten in den 70er Jahren und einer Stärke, die ungefähr die Hälfte der konventionellen Kampfkraft der NATO in Europa ausmachte. Verboten waren Herstellung und Besitz von ABC-Waffen, also atomarer, biologischer und chemischer Waffen und weiterer schwerer Waffen. Letzteres dürfte auch der Grund dafür sein, dass die Bundeswehr bis heute keine Flugzeugträger besitzt.

Das heißt, die NATO und damit das Bündnis mit den USA hatte für den deutschen Imperialismus von Anfang an einen widersprüchlichen Charakter: Zum einen bedeutete es die zwangsläufige Duldung der Kontrolle durch den US-Imperialismus und damit bestimmte Einschränkungen; zum anderen aber nutzte dieses Bündnis ihm und benutzte er dieses Bündnis auch, um wieder erstarken zu können – auch gegen die Bündnispartner. Das aber bedeutet, dass die Forderung „Deutschland raus aus der NATO“ von Seiten des deutschen Imperialismus aus gesehen immer auch den Aspekt beinhaltet, die lästige Kontrolle, die Einschränkungen los zu werden, selbst wenn man sie in der Absicht stellt, den deutschen Imperialismus und die Nato schwächen zu wollen.

Doch spielt dieser Aspekt heute noch eine Rolle?

Er spielte immer eine Rolle, verstärkt wieder dann, als das imperialistische Lager gegen den Kommunismus erst einmal einen für die Arbeiterklasse und Völker weltweit bitteren Sieg erringen konnte.

Doch zuvor gelang die deutsche Monopolbourgeoisie im Windschatten des Bündnispartners wieder zu alter Stärke. Während die führende imperialistische Weltmacht USA die Drecksarbeit übernahm und so weltweit zum verhassten Sinnbild des aggressiven Imperialismus wurde, wühlte der deutsche Imperialismus im Hintergrund. Er hatte Beziehungen zu allen faschistischen Regimes, beteiligte sich verdeckt an den Kriegen, tat alles, um die DDR zu destabilisieren. Er nutzte jeden Krieg, jeden Konflikt, den die USA anzettelte, um ökonomisch an Terrain zu gewinnen, Absatzmärkte an sich zu reißen, Kapital zu exportieren. Westdeutschland wurde schnell zum ökonomisch stärksten Staat in Europa und forderte eine entsprechende politische Rolle ein. Es ist an dieser Stelle kein Platz, um all die Stationen der Entwicklung aufzuzeigen die schließlich zu 1989 führten und danach zu den verstärkten Bemühungen, die führende, hegemoniale Macht innerhalb der EU zu werden. Stets aber war der Stachel der Eindämmung durch den US-Imperialismus vorhanden und spiegelte sich in den Haltungen und Auseinandersetzungen hier wie auch innerhalb des Bündnisses entsprechend wider. So in der Auseinandersetzung um die Atombombe, die der damalige Kriegsminister Strauß einforderte, aber nicht bekam; so in der Auseinandersetzung um die Reaktion auf den Bau des antifaschistischen Schutzwalles durch die DDR, die von Seiten des US-Imperialismus nicht so aussah, wie es sich Bonn wünschte – nämlich eine militärische Antwort. Ich möchte an all die Pläne der Bourgeoisie erinnern, die darauf hinausliefen, mit Hilfe einer Zusammenarbeit mit Frankreich wieder zu einer Großmacht zu werden, die gegen die USA antreten kann, wie z. B. Franz Josef Strauß in seinem Buch „Der Entwurf für Europa“ darlegte. Oder aber auch an das Schlagwort der „Bananenrepublik“, das in den 80er Jahren innerhalb der Friedensbewegung immer wieder benutzt wurde, so, als wäre die BRD ein vom US-Imperialismus abhängiger Staat, dessen Kompradorenbourgeoisie man dazu bringen müsse, sich vom US-Imperialismus zu befreien, obwohl doch Westdeutschland längst wieder zu einem der stärksten, aggressiv seine Interessen durchsetzenden imperialistischen Staat geworden ist.

Aus dem Schatten der Nachkriegsgeschichte heraustreten

Mit der Wahl Gorbatschows zum Staatspräsidenten der Sowjetunion und schließlich der endgültigen Zerstörung der sozialistischen Staaten in Europa durch die beginnenden Konterrevolutionen, also noch vor der Einverleibung der DDR, spielte dieser Aspekt, die „Deutschen unten zu halten“ von Seiten des US-Imperialismus bzw. diese Kontrolle los zu werden von Seiten des deutschen Imperialismus logischerweise wieder eine heftige Rolle, machte sich der letztere doch daran, die Nachkriegsordnung gründlich umzukrempeln. Als Beispiel ein Zitat aus einem Artikel des westdeutschen Admirals Elmar Schmähling im Spiegel vom Mai 1989 (22/89): „Bis heute ist vielen Deutschen noch gar nicht klar, daß die Nato-Mitgliedschaft der Bundesrepublik aus der Sicht der siegreichen Westmächte zwei entscheidenden Zielen diente: Zunächst sollte Westdeutschland unter enge Kontrolle gebracht werden; dies – und nur dies – war das Interesse der westlichen Nachbarn (...)

Später war es dann ganz im Sinne der Sieger, die wachsende Wirtschaftskraft der Bundesrepublik für die militärische Verteidigung des ganzen Westens zu nützen. (...)

Es mag dahingestellt bleiben, ob die Westdeutschen nun wirklich, wie einige ausländische Beobachter meinen, aus dem Schatten der Nachkriegszeit heraustreten. Es kann auch offenbleiben, ob diese Normalisierung unseren Alliierten verständlich sein wird. Es ist einfach so. Und darauf müssen sich Amerikaner, Briten und Franzosen einstellen.“

Auch wenn Schmähling sich in diesem Artikel gegen eine weitere atomare Hochrüstung wandte, bleibt doch die Haltung, sich aus der Umklammerung lösen wieder aus dem Schatten der Nachkriegszeit heraustreten zu wollen. Es fragt sich doch, in welche Zeit man wieder eintreten wollte.

Einbindung in die NATO zur „Kontrolle des deutschen Machtpotentials“

Diese Debatte wurde fortgesetzt im Zuge der 2+4-Verträge. Ein „wiedervereinigtes“ Deutschland rief bei den imperialistischen Konkurrenten des deutschen Imperialismus und einstigen Siegermächten die größten Befürchtungen hervor. Vor allem die britische Regierung, aber auch die französische hatten heftige Widerstände, wie der damalige Bundeskanzler Kohl in seinen Memoiren beschreibt. Im April 1989 zitierte die Welt am Sonntag den nordamerikanischen Politiker Kissinger folgendermaßen: „Soll der innere Zusammenhang des Westens gesichert werden, muß er eine eigene Vision für ein vereinigtes Europa entwickeln. Geschieht dies nicht, wird die wirtschaftlich und militärisch stärkste Nation Europas – die Bundesrepublik Deutschland – mit Sicherheit ihren eigenen Weg gehen.“[2] Der Weg, wie die Herrschaften in Washington, aber auch in Paris oder London einen möglichen Alleingang des deutschen Imperialismus verhindern wollten, war wiederum die „Eindämmung“: durch die verstärkte Einbindung in eine Zusammenarbeit mit den europäischen Imperialisten, also die Europäische Gemeinschaft (EG) und später die Europäische Union (EU) und durch die NATO. Letztere sollte von Seiten der USA und Großbritanniens auch dazu dienen, eine etwaige zu enge „Zusammenarbeit“ vor allem von Frankreich und Deutschland gegen die USA zu verhindern. Wieder ein Zitat einer deutschen Denkfabrik: „Daß Deutschland militärisch und sicherheitspolitisch in die NATO eingebunden bleibt, war eine zentrale westliche Bedingung für die Wiedervereinigung. Der atlantische Rahmen wird insbesondere von denjenigen politischen Eliten in den westeuropäischen Ländern (vor allem von den britischen Konservativen) als unabdingbar angesehen, die die europäische Integration als nicht geeignet bzw. als nicht hinreichend für die Kontrolle des deutschen Machtpotentials bewerten oder darin sogar die Gefahr eines deutschen Europas wittern.“, so beschrieb das 1999 im Rückblick ein Professor für Politische Wissenschaft für die Bertelsmann-Stiftung.[3]

Die Bedingungen für die Einverleibung der DDR von Seiten der Westmächte waren denn auch die weitere Eingliederung in die europäischen Verträge, der Verbleib in der Nato, die Reduzierung des Militärs auf höchstens 370.000 Soldaten, das Verbot von ABC-Waffen.

Dieser Vertrag gilt bis heute und man muss wohl sagen „noch“, wenn man sich an die Diskussionen vor dem Einmarsch russischen Militärs in die Ukraine über Möglichkeiten einer atomaren Bewaffnung der BRD erinnert. Und ich frage nun: Ist es denn die Aufgabe von Kommunisten unter imperialistischen Bedingungen diesen Vertrag in Frage zu stellen, also unter Bedingungen, die doch leider dadurch gekennzeichnet sind, dass wir weit davon entfernt sind, die Machtfrage in diesem Land zu Gunsten der Arbeiterklasse lösen zu können? Wenn wir das können, dann stellt sich die Frage ganz anders. Dann gibt es keinen Grund mehr für die Teilnahme in einem imperialistischen Kriegsblock.

Nutzung der Bündnisse zur Erweiterung des deutschen Machtpotentials

Der deutsche Imperialismus machte sich auf jeden Fall daran, diese Bündnisse, die doch zur Eindämmung gedacht sind, in seinem Interesse zu nutzen, und, wie es der damalige Außenminister und vorheriger BND-Chef Kinkel 1993 als Ziel vorgab, „... nach außen etwas zu vollbringen, woran wir zweimal zuvor gescheitert sind: im Einklang mit unseren Nachbarn zu einer Rolle zu finden, die unseren Wünschen und unserem Potential entspricht (...) Wir sind auf Grund unserer Mittellage, unserer Größe und unserer traditionellen Beziehungen zu Mittel- und Osteuropa dazu prädestiniert, den Hauptvorteil aus der Rückkehr dieser Staaten nach Europa zu ziehen.“.[4] Gemeint waren damals Polen, Ungarn, die Tschechische und die Slowakische Republik. Dieser „Heimatmarkt“, wie diese Länder ein Vertreter der Deutschen Bank damals nannte, wurde in Windeseile mit Waren made in germany überflutet, Schaltstellen der Wirtschaft wie Banken, Telekommunikation, Energieversorger, Presse, aufgekauft. Deutschland wurde innerhalb kürzester Zeit der weitaus größte Handelspartner und Direktinvestor in diesen Staaten. Mit viel Druck und Angeboten an den Konkurrenten und Bündnispartner Frankreich wurde die EU-Osterweiterung auf den Weg gebracht und noch bevor diese vollzogen war, auch die erste Runde der NATO-Osterweiterung um diese Staaten, die entgegen der landläufigen Meinung eben nicht vom US- sondern vom deutschen Imperialismus vorangetrieben worden war[5] – und wie wir wissen, gegen alle Zusagen an Gorbatschow. Jegliche eventuelle Bestrebungen der aus den Konterrevolutionen und den Wirren der Übergangszeit hervorgegangenen Bourgeoisien, sich eigenständig oder gar wieder im Bündnis mit der Russischen Föderation zu organisieren, sollten frühzeitig unterbunden werden. Als altbekanntes Argument diente, für Stabilität und Ordnung sorgen zu wollen.

Nach erfolgter Osterweiterung sowohl der NATO wie auch der EU und davor schon der vom deutschen Imperialismus vorangetriebenen, erfolgreichen Zerschlagung Jugoslawiens – Kinkel 1992: Serbien muss in die Knie gezwungen werden! – ging es vor allem um die sog. Vertiefung der Europäischen Union und die Durchsetzung der hegemonialen Bestrebungen des deutschen Imperialismus innerhalb dieses Bündnisses. Das Ziel einer strategischen Autonomie einer EU gegenüber den USA wurde nun immer offener benannt. Was soll in diesem Zusammenhang eines stärker werdenden deutschen Imperialismus, der seine Weltmachtansprüche wieder mehr oder weniger offen anmeldet, eine Forderung nach Austritt aus der NATO, also nach Bruch des transatlantischen Bündnisses?

Auch mal offene Aufkündigung der Gefolgschaft

Ich möchte in diesem Zusammenhang erinnern an die schweren Zerwürfnisse mit den USA 2003, als die Bundesrepublik unter der Schröder-Regierung offen den USA die Gefolgschaft aufkündigte und zusammen mit Frankreich und der Russischen Föderation gegen eine Militärintervention in den Irak stimmte. Was in Verkennung des deutschen Imperialismus für viele Friedensfreunde begrüßenswert erschien, war nichts anderes als der Schutz deutscher und französischer Interessen im Irak bzw. insgesamt im mittleren Osten gegen den US-Imperialismus. Nur 6 Jahre zuvor, 1997, hatte der US-Stratege Brzezinski festgestellt es sei zur Zeit nicht zu befürchten, dass „ein politisch so stark integriertes Europa entstehe, dass es die Vereinigten Staaten in absehbarer Zeit in geopolitischen Angelegenheiten herausfordern könne, die anderswo von hoher Bedeutung für Amerika sind, insbesondere im Nahen Osten.“[6] Gerade da aber waren die französische Ölfirma Total, waren Siemens und Konsorten vor Ort, war die BRD wieder mit Abstand größter Handelspartner des Irak, wie auch übrigens des Irans. Ein Krieg der US-geführten NATO gegen den Irak war also durchaus nicht im Interesse Deutschlands und Frankreichs, sondern auch, selbst wenn es ein Nebenschauplatz war, gegen deren Einfluss und Absatz gerichtet. Dieses Brzezinski-Zitat zeigt aber auch, dass die Herrschenden in den USA sehr wohl ein Auge darauf haben, wie sich die zunächst doch durchaus geförderte Einbindung des deutschen Konkurrenten in ein „vereinigtes Europa“ (Kissinger) entwickelt und, worum es Brzezinski v.a. auch geht, wie eine enge Zusammenarbeit Deutschlands bzw. der EU mit der Russischen Föderation möglichst verhindert bzw. unter und zugunsten US-amerikanischer Vorherrschaft kontrolliert werden kann. „Schlössen die eurasischen Mächte sich gegen die Vereinigten Staaten zusammen, dann könnte Washington die weltweite Vorherrschaft vermutlich nicht behalten“ fasst Jörg Kronauer Brzezinski in dieser Sache zusammen und zitiert ihn dann: „Eurasien ist mithin das Schachbrett, auf dem der Kampf um globale Vorherrschaft ... in Zukunft ausgetragen wird“.[7] Und damit sind wir in der Gegenwart angekommen und dem Krieg, der auf dem Rücken des ukrainischen Volkes ausgetragen wird.

Schärfste Rivalität und Beteuerung der Bündnistreue – zwei Seiten einer Medaille

Diesem Krieg sind vor allem in den ersten beiden Jahrzehnten dieses Jahrhunderts folgende Entwicklungen vorausgegangen: eine Ausdehnung der Machtposition des deutschen Imperialismus innerhalb der EU auf Kosten aller anderen EU-Staaten vor allem während der sog. Finanz- und anschließend Eurokrise; permanente deutsche Handelsüberschüsse gegenüber den anderen EU-Staaten, aber auch gegenüber den USA. Eine, bis zur Ukraine-Krise 2014, für den deutschen Imperialismus äußerst gedeihliche Zusammenarbeit mit der Russischen Föderation, die nicht nur steten und relativ billigen Gaszufluss sicherte, sondern auch Beteiligungen von BASF und e.on an der Exploration russischer Gasquellen, wie überhaupt einträgliche Profite für die in Russland tätigen deutschen Monopole – Siemens, Daimler, Deutsche Bank und wie sie alle heißen. Doch – die Monopolbourgeoisie kann den Hals ja nicht voll genug kriegen –, auch Ausdehnung des Einflusses der EU und damit vor allem Deutschlands weit über die EU hinaus über allerlei EU-Assoziierungsabkommen – eben auch mit der Ukraine. Gleichzeitig torpedierten seit 2008 die Regierungen Frankreichs und Deutschlands die von der US-amerikanischen Regierung geforderte Aufnahme der Ukraine in die NATO. Die vorantreibende Rolle des US-Imperialismus gemeinsam mit Großbritannien in der Zuspitzung der Widersprüche zur Russischen Föderation, die kategorische Ablehnung jeglicher Verhandlungen, was schließlich den Einmarsch russischen Militärs in die Ukraine zur Folge hatte, ist also auch eine Antwort auf diese Entwicklungen.

Die Herrschenden hierzulande hatten sich nun zu entscheiden: weiter mit Russland zusammenzuarbeiten zumindest auf dem Energiesektor und den Bruch mit den USA zu riskieren, mit allen Folgen auch innerhalb der EU oder aber im Bündnis mit den USA Russland zu bekriegen. Letztere Strömung setzte sich durch. Dass diese Durchsetzung auch innerhalb der herrschenden Klasse nicht ganz so einfach war und ist zeigt sich m.E. schon alleine an der Aggressivität, mit der nun jeder Politiker, ob nun Merkel oder Schröder, bekämpft wird, der seine Zusammenarbeit mit Russland nicht zum größten Fehler erklärt.

Auf der anderen Seite macht nun der Vorwurf des Vasallentums die Runde. Es gibt ihn quer durch die politischen Lager, aber auch in den europäischen Auseinandersetzungen. So informierte vor kurzem german-foreign-policy über das Papier einer europäischen Denkfabrik mit Sitz in Berlin, das vor der Vasallisierung gleich ganz Europas warnt, eine Warnung, die auch der verärgerte französische Staatspräsident Macron gen Deutschland schickt. Macron misstraut der neu erwachten Liebe des deutschen Imperialismus zu seinem US-amerikanischen Bündnispartner zu Ungunsten des deutsch-französischen Bündnisses zutiefst. Schließlich hat der französische Imperialismus Erfahrungen mit einer deutsch-US-amerikanischen Kungelei auf seine Kosten bereits seit den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts. Im letzten Jahr wurde Frankreich von der Scholz-Regierung denn auch permanent vor den Kopf gestoßen und zwar auf allen Ebenen. Es ist an dieser Stelle nicht das Thema, auf die Widersprüche innerhalb der EU näher einzugehen. Wichtig ist, dass es innerhalb der herrschenden Kreise hier, wie auf europäischer Ebene eine Strömung gibt, die der Scholz-Regierung Vasallentum vorwirft; wie Macron auf das Ziel der strategischen Autonomie der EU drängt, während Scholz plötzlich erklärt: „Wer nostalgisch dem Traum europäischer Weltmacht nachhängt, wer nationale Großmachtphantasien bedient, der steckt in der Vergangenheit.[8] Stattdessen müsse man eng an der Seite der Vereinigten Staaten stehen.

... und unsere Aufgaben

Täuschen lassen sollten wir uns davon nicht. Trotz des offensichtlichen wirtschaftlichen Schadens, den der Bruch mit Russland bedeutet – und über den die USA durchaus nicht traurig ist – nutzt der deutsche Imperialismus die Situation in seinem Interesse: zur rasanten Militarisierung und Aufrüstung des Landes; dazu, das Volk wieder kriegsfähig zu machen und auch dazu – das gehört zusammen –, die eigene Geschichte nun endgültig zu entsorgen. Hitler verschwindet hinter Putin; Deutsche Panzer kämpfen für die Freiheit in der Ukraine, Rheinmetall kündigt die Herstellung eines supermodernen Kampfpanzers mit dem traditionsreichen Namen Panther gleich direkt in der Ukraine an. Man kann das auch Rache nennen. Während Waffen in den USA besorgt werden, wird gleichzeitig verstärkt auf nationale Produktion gesetzt. Diese Bestrebungen sind nicht neu, haben nun aber an Fahrt aufgenommen. So schrieb bereits 2019 der General a.D. Erich Vad, lange Zeit engster militärpolitischer Berater Merkels und heute Mitunterzeichner des Aufrufes von Wagenknecht und Schwarzer: „Auch wenn der Einsatz von Militär und Gewalt eine Ultima Ratio des politischen Handelns bleibt, scheint das Vorhalten modern ausgerüsteter Streitkräfte ... unumgänglich zu sein, um als politischer Akteur auf der internationalen Bühne ernst genommen zu werden. (...) Aber braucht es dazu unbedingt eine nationale Rüstungsindustrie?“ – Vad geht nun auf das Argument ein, dass es doch viel billiger wäre, Rüstungsmaterial einzukaufen und fährt fort: „Im Falle des Falles ist nicht sichergestellt, dass ausländische Produzenten liefern, nicht zuletzt auch aus politischen Gründen, die sich ändern können (...) Der eigene sicherheitspolitische Handlungsspielraum ist ohne eine nationale Rüstungsindustrie mit Kernkompetenzen und nationalen Schlüsseltechnologien stark eingeengt. (...)[9]

Auf internationaler Bühne auch militärisch wieder ernst genommen zu werden, notfalls auch gegen die Bündnispartner losschlagen zu können, darauf bereitet sich der deutsche Imperialismus jetzt vor. Sollen wir da fordern „Deutschland raus aus der NATO“, wo die Herrschenden doch gerade alles tun, um dieses Bündnis notfalls sprengen zu können?

Gerade weil es doch so schwierig zu durchschauen ist, was der deutsche Imperialismus und sein geschäftsführender Ausschuss, also die Regierung, da treiben; gerade weil doch innerhalb der Arbeiter- und Friedensbewegung mehrheitlich entweder „Putin“ oder aber die USA in diesem Krieg als Hauptfeind verstanden werden, müssen wir den deutschen Imperialismus entlarven. Es muss uns klar sein, dass es eine absolute Minderheit in diesem Land ist, die versteht, was der deutsche Imperialismus mit diesem Krieg zu tun hat und diejenigen, die die Aufgabe sehen, genau diesen deutschen Imperialismus trotz all dieser Verwirrungen zu bekämpfen, sind eine noch kleinere Minderheit.

Aus diesen Gründen müssen wir den deutschen Imperialismus entlarven, müssen gegen ihn agitieren und mobilisieren, gegen seine Kriegstreiberei und Militarisierung, gegen die weitere Zerschlagung der demokratischen Rechte, gegen die Abwälzung der Kosten auf die Arbeiterklasse. Das sind die unmittelbaren Aufgaben, die wir haben. Eine Losung „Deutschland raus aus der NATO“ widerspricht dem.


Max Rodermund (Kommunistische Organisation)

Einleitung

Ich wurde angefragt, zu der Losung „Deutschland raus aus der NATO“ zu sprechen. Mir ist die Vorbereitung darauf nicht leicht gefallen. Das liegt unter anderem daran, dass die Kommunistische Organisation hierzu bislang keine entwickelte Debatte als Grundlage geführt hat und auch daran, dass sehr unterschiedliche Ebenen angesprochen werden, wenn nach der Tauglichkeit, das heißt dem Nutzen bzw. Schaden einer solchen Losung für die Arbeiterbewegung gefragt wird.

Die KO verwendet diese Losung immer wieder in Stellungnahmen, wie viele Organisationen in der Friedensbewegung, wie auch die DKP, in denen oftmals neben dem Austritt Deutschlands aus der NATO ebenfalls gefordert wird: „NATO raus aus Deutschland”. Aber welche Rolle spielt die Losung? In meinen Augen rangiert die Forderung auf dem Niveau einer Tageskampflosung und hat weniger die Qualität einer strategischen Kampforientierung. Zumindest, das kann ich für die KO sagen, gäbe es hierzu keine ausreichend ausgereifte Debatte darum, abgesehen davon, dass ganz grundsätzlich gesprochen, der Mangel an einer begründeten Strategie und Taktik für den Klassenkampf, zentrale zu leistende Aufgabe der Bewegung ist. Ob diese spezielle Losung dazu geeignet wäre den Klassenkampf zu entwickeln, dazu kann diese Diskussionsrunde hoffentlich einen Beitrag leisten. Eine umfassende Diskussion und Klärung um die notwendige Strategie für unseren Kampf um den Sozialismus in Deutschland steht aus.

Abgesehen von Richtigkeit einer solchen Losung auf Basis der Bewertung der Rolle und Entwicklung der NATO und des deutschen Imperialismus, fragt eine Beurteilung eben dieser Forderung auch nach dem Bewusstseinsstand der Arbeiterklasse und -bewegung. Inwiefern ist eine Losung konkret dazu geeignet, an einem vorhandenen Bewusstseinsstand der Arbeiterklasse anzuknüpfen und diesen zu leiten und voranzubringen? Man könnte und müsste sich also für eine umfassende Beantwortung der Frage von verschiedenen Seiten annähern. Interessant wäre auch die Parallele zu Forderungen eines Austritts aus der EU, zu dem es außerdem einen großen Debattenfundus linker und kommunistischer Kräfte aus Großbritannien gibt, den man besprechen könnte. Ich will mich mit meinen kurzen Ausführungen allerdings darauf konzentrieren, ein paar Gedanken zur Rolle der NATO und dem Kampf gegen sie für die deutsche Arbeiterklasse zu sagen.

Überblick über die Debatte

Zunächst allerdings zum Stand der Debatte, wie ich sie kenne. Gegner der Losung argumentieren wohl, grob gesprochen und zugespitzt: Die Forderung lenke ab vom aggressiven Weltmachtstreben des deutschen Imperialismus, der auf Grund seiner historisch gewachsenen Umstände von besonderer Aggressivität gezeichnet ist. Das deutsche Monopolkapital drängt zur Weltmacht und wird dafür früher oder später auch seine Haltung zum US-Imperialismus und zur NATO anpassen. Die Forderung aufzustellen, bedeutete letztlich (mindestens die Gefahr) auf dem Standpunkt von Teilen (einer Fraktion?) des deutschen Finanzkapitals landen, die verstärkt nach Autonomie drängen, und die EU zum eigenständigen militärischen Instrument entwickeln wollen. Es ist eine Position gegen den US-Imperialismus, nicht aber gegen das deutsche Finanzkapital. De facto würden die USA zum Hauptfeind erklärt werden.

Das Lager derjenigen „Linken” und Antimilitaristen, die die Losung nutzen und für gut befinden, ist breiter und daher schwieriger zu bestimmen. Ein Teil würde wohl in etwa argumentieren: Die NATO ist das größte und gefährlichste Militärbündnis der Welt. Die Bedrohung der Völker und Arbeiterklasse weltweit durch die NATO muss bekämpft werden. Ein Schlag zur Schwächung der NATO ist ein Sieg der fortschrittlichen Kräfte. Mit der Beteiligung Deutschlands in der NATO ist die BRD Teil der gewalttätigen Politik und wird zugleich zum Angriffsziel für Kriege. Es ist im Interesse der deutschen Arbeiterklasse, dass Deutschland aus der NATO austritt, sie schwächt und der aggressive Handlungsspielraum der BRD eingeengt wird.

Anders argumentieren sicherlich „souveränistische“ Vertreter der Sozialdemokratie, wobei Oskar Lafontaine wohl zu ihren prominentesten Köpfen gehört. In seinem 2022 erschienenen Buch „Ami, it’s time to go! – Plädoyer für die Selbstbehauptung Europas“ argumentiert er:

„Für all das (gemeint ist die Kriegspolitik der USA gegen Russland und China, MR) brauchen die USA Vasallen, die ihre aggressive Außenpolitik mittragen. Zu den treuesten Vasallen gehören die Europäer, allen voran Deutschland. Deswegen haben wir die Lage, in die wir jetzt geraten sind. Die Schlussfolgerung liegt auf der Hand: Wir müssen uns aus dieser Situation befreien. Wir können nicht eine Politik unterstützen, in der ein Staat sagt: ,Ich muss alle anderen Staaten kleinhalten und muss sie durch Handelskriege schwächen, muss sie in ein militärisches Wettrüsten verwickeln oder Krieg gegen sie führen.’ Dieses Bestreben der USA, die einzige Weltmacht zu sein und keinen ernsthaften Rivalen aufkommen zu lassen, bestimmt die weltpolitische Lage.“[10]

Bis zu einem gewissen Grad spiegelt die Position Lafontaines die Wirklichkeit wider, in dem er die auf die Wolfowitz-Doktrin der USA basierende Position zur alleinigen Weltmacht beschreibt. Auf Basis dieser richtigen Anteile, die man nicht ausblenden sollte, zieht er in der Tat bereits den nicht mehr groß versteckten Schluss, Deutschland selbst müsse Großmacht werden, um gegen die aggressive Politik der USA opponieren zu können.

Nur für den Hintergrund, ein kleiner Bezug zur Linkspartei: Hier hatte sich der rechte Flügel 2011 in der Programmdiskussion durchgesetzt, in dem nunmehr die „Auflösung der NATO” gefordert wird, weil sie nicht bereit waren, die Position „Austritt aus der NATO” zu akzeptieren. Gysi argumentierte diesen Schritt gegenüber dem US-Botschafter Philip Murphy 2009 bereits als einen taktischen Zug, um die Haltung zur NATO schwammig zu belassen. Es sei nötig gewesen, um eine radikalere Forderung zu unterbinden.[11] Nico Popp kommentiert die nun u. a. von Kipping gefordert Neubewertung der NATO in der jungen Welt am 28. März 2023 so:

„Kipping kündigt die 2011 ins Erfurter Programm aufgenommene Kompromissformel nun von rechts auf. Das ist nur konsequent: In einer Partei, in der diejenigen, die den Austritt aus der NATO fordern, so oder so keinerlei Rolle mehr spielen, können auch die alten Kompromisse zu den Akten gelegt werden. Dass Kipping keinerlei Ordnungsrufe vom Parteivorstand zu erwarten hat, ist selbstverständlich.“[12]

Entscheidend für die Bewertung der Losung ist das Verhältnis USA-Deutschland und die Rolle der NATO in diesem Verhältnis. Für diese Diskussionsrunde hier ist wohl die Frage, welche Bedeutung der Kampf gegen den US-Imperialismus für die deutsche Arbeiterklasse spielt, von besonderer Bedeutung. In dem 2012, im Buch „Neues vom Hauptfeind“, veröffentlichen Artikel „Entwicklung der deutschen Bourgeoisie seit dem Bauernkrieg” kritisiert Erika die zu stark gegen die USA ausgerichtete Friedensbewegung der 80er Jahre, die sich gegen den NATO-Doppelbeschluss und die Stationierung der Pershing II Raketen gewendet hat:

„Ein deutscher Nationalismus wuchs fast unmerklich bei Massen heran, die vorher für ausgesprochen reaktionäre Bestrebungen nicht in Frage gekommen waren. Riesige Kundgebungen ,für den Frieden’ klagten die USA und die Sowjetunion an und deckten den Hauptfeind im eigenen Land, der ungestört mit seinen ,deutsch-deutschen Beziehungen’ an der Destabilisierung der DDR arbeiten konnte.“[13]

Ich denke, dass der Ablehnung der Losung „Deutschland raus aus der NATO” eine ähnlich vermutete Gefahr für die Friedensbewegung dieser Tage zugrunde liegt. Hier wird die Kontroverse evtl. am deutlichsten. Sind die jährlich durchgeführten Blockaden der DKP vor der Militärbasis in Büchel, in der US-Nuklearwaffen als NATO-Kapazität liegen schlecht, weil sie von der eigentlichen Gefahr des deutschen Imperialismus ablenken? Muss denn der Kampf gegen die Aktivitäten der US-geführten NATO einem zugleich zum Parteigänger des deutschen Imperialismus machen? Geht es denn nicht, das eine mit dem anderen zu verbinden?

Meine These zur Bewertung der Losung:

– Die Haltung zu der Losung ist abhängig von der Analyse und Bewertung der konkreten Situation, es gibt keine generelle/allgemeine Position zu der Frage.

– Gegenwärtig ist das deutsche Monopolkapital auf die NATO angewiesen.

– Sie ist ein wichtiges Instrument für die Entwicklung des deutschen Imperialismus und zugleich ein Mittel des Imperialismus zur Unterdrückung der Völker und weltweiten Arbeiterklasse.

– Die NATO zu bekämpfen, dieses Instrument zu schwächen und zu zerschlagen, ist im grundsätzlichen Interesse der Arbeiterklasse in Deutschland und international.

– Der Kampf gegen die NATO kann geführt werden, ohne Illusionen in den deutschen Imperialismus zu verbreiten und ohne in das Fahrwasser einer „souveränistischen“ Strategie des deutschen Finanzkapitals zu geraten.

Die Rolle der NATO, ihre Bedeutung für den deutschen Imperialismus

Einer Untersuchung der Rolle und Bedeutung der NATO für den deutschen Imperialismus möchte ich ein etwas längeres Zitat aus dem siebten Band der „Geschichte der Deutschen Arbeiterbewegung“ voranstellen. Bezogen wird sich auf die 50er Jahre, die Wiederbewaffnung und den NATO-Eintritt der BRD:

„In dem Maße, wie der westdeutsche Imperialismus ökonomisch und politisch erstarkte, traten seine alten expansionistischen und revanchistischen Ziele und Forderungen mehr und mehr in den Vordergrund. (...) Wie seit Beginn seiner Existenz ist für den deutschen Imperialismus ein äußerst hohes Maß an Aggressivität charakteristisch. Diese besondere Aggressivität wird erstens durch die historische Situation bestimmt, die sich nach dem zweiten Weltkrieg entwickelte. Der deutsche Imperialismus konnte nur wiedererstehen, indem er die staatliche Einheit Deutschlands zerstörte und Westdeutschland im Bunde mit dem amerikanischen Imperialismus in den Hauptstoßkeil der NATO gegen das sozialistische Lager verwandelte. (...) Internationale Spannungen bildeten sein Lebenselixier, während jeder Schritt zur Entspannung seine Position untergrub. (...)

Ein zweiter Faktor, der die besondere Aggressivität des deutschen Imperialismus bestimmt, ist das Wiederaufleben des alten Widerspruchs zwischen seiner ökonomischen Stärke und seinem politischen Einfluß in der Welt. (...) (Dieser) Widerspruch (...) bildete die Grundlage für seine Bestrebungen, die Vorherschafft in Westeuropa, besonders in den internationalen staatsmonopolistischen Organisationen, zu erobern und für seine aggressive neokolonialistische Politik auszunutzen.

Drittens wurzelt die besondere Aggressivität des deutschen Imperialismus in dem Widerspruch zwischen seinen weitgespannten expansionistischen Zielen und den vorhandenen ökonomischen, politischen und militärischen Mitteln. Diesen Widerspruch versuchen die aggressivsten Kreise des deutschen Imperialismus durch besonders abenteuerliche Methoden der Kriegsvorbereitung und Kriegsführung zu überwinden.“[14] (Hervorhebung durch MR)

Das Zitat gibt einen guten Einstieg für unsere Überlegungen. Die Kontinuität der Aggressivität des deutschen Imperialismus wird begründet u. a. mit dem bekannten Diktum, in den Worten von Strauß: „Wirtschaftlicher Riese – Politischer Zwerg”, die konkrete historische Situation wird herangezogen, um das Maß der Aggressivität für eine gegenwärtige Phase zu bestimmen. Bündnis mit und gewisse Unterordnung unter die US-geführte NATO wird aus dem Interesse des deutschen Finanzkapitals selbst erklärt. Interessant sind die Bemerkungen dazu, dass internationale Spannungen als Lebenselixier des deutschen Imperialismus beschrieben werden und die fehlenden wirtschaftlichen, politischen und militärische Mittel mit besonderer Aggressivität kompensiert würden.

Seitdem hat sich die Ausgangslage des deutschen Monopolkapitals stark verändert. Die Entwicklung ist bekannt, deshalb nur stichpunktartig und sehr grob: Mit der Konterrevolution, Einverleibung der DDR und EU-Osterweiterung; Vertiefte EU-Integration mit Maastricht und Lissabon; Deutschland geht aus der Krise von 2008 gestärkt als deutlicher Hegemon Europas hervor. Zusammen mit einer Russland-Politik, die eine Gleichzeitigkeit von aggressiver Zurückdrängung des Konkurrenten in Osteuropa und vertraglicher Integration insbesondere im Energiebereich bedeutete, setzte der deutsche Imperialismus erfolgreich seine langgehegten strategischen Expansionszielen und die Vorherrschaft über einen vereinigten europäischen Wirtschaftsraum durch. Der weitere Weg wird von Scholz in seiner Rede an der Karls-Universität letztes Jahr bereits vorgezeichnet[15]: Weitere EU-Osterweiterung mit dem West-Balkan, der Ukraine, Moldau und perspektivisch Georgien; Ersetzung des Konsens- durch Mehrheitsprinzip im Rat der EU, und weiteres mehr. Uns ist die neugewählte Akzentuierung als „aktive Gestaltungsmacht“ noch im Ohr, dass das Weißbuch der Bundeswehr von 2016 formulierte.[16] Das konzentrierte Eigentum der deutschen Finanzoligarchie impliziert mit Notwendigkeit die Großmachtambitionen des deutschen Imperialismus.

Unübersehbar auch die Rückschläge und Widersprüche zwischen dem USA-Imperialismus und der BRD, die uns die Sprengung von Nord-Stream-II wohl am deutlichsten vor Augen führt. In einem kürzlich, im April 2023, veröffentlichten Strategiepapier des „European Council On Foreign Relations“ (ECOR) unter dem Titel „Die Kunst der Vasallisierung: Wie Russlands Krieg gegen die Ukraine die transatlantischen Beziehungen verändert hat“, wird behauptet, dass ebendiese Beziehungen auf das Niveau des Kalten Krieges zurückgeworfen worden wären. Materielle Grundlage dafür bildet laut Autoren, die wachsende Kluft in wirtschaftlicher Stärke, zugunsten der USA:

„Der Fokus auf den Niedergang Amerikas im Vergleich zu China und die jüngsten innenpolitischen Umwälzungen in den USA haben einen wichtigen Trend im transatlantischen Bündnis der letzten 15 Jahre verdeckt. Seit der Finanzkrise 2008 sind die USA im Vergleich zu ihren europäischen Verbündeten immer mächtiger geworden. Die transatlantischen Beziehungen sind nicht ausgewogener geworden, sondern werden immer mehr von den USA dominiert. Die mangelnde Handlungsfähigkeit der Europäer in der Russland-Ukraine-Krise ist auf dieses wachsende Machtungleichgewicht im westlichen Bündnis zurückzuführen. Unter der Regierung Biden sind die USA immer mehr bereit, diesen wachsenden Einfluss geltend zu machen.“[17]

Umso lauter werden die, bereits seit der Trump-Administration deutlicher vernehmbaren, Stimmen einer strategischen Autonomie Europas. Wobei sich die führenden Vertreter des deutschen Finanzkapitals dabei einig zu sein scheinen: Ohne die USA und die NATO geht es nicht, zumindest noch nicht. Angedacht ist eine strategische Autonomie an der Seite und als Teil der NATO, mit der längerfristigen Option auf völlige Eigenständigkeit.

Das eben erwähnte Papier von ECOR schlägt sechs Entwicklungsziele für eine strategische Autonomie der EU vor:

– Aufbau einer unabhängigen Kapazität zur Unterstützung der Ukraine in einem langen Krieg

– Verstärkte Entsendung westeuropäischer Streitkräfte in den Osten, die in einigen Fällen die US-Streitkräfte ersetzen könnten

– Stärkung der europäischen militärischen Fähigkeiten und der Fähigkeit zu eigenständigem Handeln sowohl innerhalb als auch außerhalb der NATO

– Die Bildung einer geoökonomischen NATO zwischen USA, EU und dem Vereinigten Königreich. (Wirtschafts-NATO)

– Schaffung einer besonderen Verteidigungspartnerschaft zwischen der EU und Großbritannien

Diese Ziele, so die Autoren des Papiers, „sind in keiner Weise ein Versuch, die Europäer von ihrem amerikanischen Verbündeten abzukoppeln. Sie zielen vielmehr darauf ab, einen fähigeren und verantwortungsvolleren europäischen Partner zu schaffen, der die USA in ihren kommenden Kämpfen wollen und brauchen werden.[18]

Olaf Scholz bringt sein Verständnis der strategischen Autonomie in seiner Rede vom 9. Mai 2023 so auf den Punkt:

„Die Vereinigten Staaten bleiben Europas wichtigster Verbündeter. Und dabei gilt: In dem Maße, in dem wir nun mehr in unsere Sicherheit und Verteidigung investieren, in zivile Resilienz, in technologische Souveränität, in zuverlässige Lieferketten, in unsere Unabhängigkeit bei kritischen Rohstoffen, in diesem Maße sind wir unseren transatlantischen Freunden bessere Verbündete.”[19]

Den gleichen Ton trifft auch ein im März 2022 verabschiedeter „Strategischer Kompass” des EU-Gipfeltreffens, den Jürgen Wagner so zusammenfasst:

Die NATO spielt in ihm (dem strategischen Kompass, MR) weiter die erste Geige, gleichzeitig werden politisch, operativ und industriell die Voraussetzungen für eine deutlich größere Eigenständigkeit geschaffen, um im Falle schwerer Konflikte in eine Vollautonomie übergehen zu können.

Und weiter:

„Sollten die USA aber den europäischen Begehrlichkeiten nach einer deutlich gleichberechtigteren Partnerschaft ,auf Augenhöhe’ auf Dauer eine Absage erteilen, mag sich das auch ändern – und der Strategische Kompass legt wesentliche Grundlagen dafür, dass dies dann auch möglich wäre.“[20]

In Frankreich wird die strategische Autonomie traditionell offensiver formuliert als in Deutschland. Töne für einen Austritt aus der NATO sind aber auch hier von den Eliten, abgesehen vom Lager um Le Pen, nicht zu vernehmen, ist Frankreich doch auch erst seit 2009, unter Sarkozy wieder voll in die NATO-Strukturen integriert worden. In Deutschland sind selbst aus den Reihen der AfD die Vertreter für einen NATO-Austritt um Björn Höcke von der Parteiführung 2016 gebremst worden und auch zuletzt bezieht sich Gauland im Bundestag positiv auf die Aufnahme Finnlands und Schwedens in die NATO, wenngleich er die Hoffnung damit verknüpft, den europäischen Einfluss gegen die USA zu stärken.

Souveränistische Positionen, wie sie wohl mit am prominentesten von Oskar Lafontaine vertreten werden, finden innerhalb der führenden Kreise der politischen Vertreter des Finanzkapitals und ihren Denkfabriken keinen vernehmbaren Widerhall. „Deutschland raus aus der NATO” wird gegenwärtig von den Sachverwaltern des deutschen Finanzkapitals nicht vertreten. Sie brauchen die NATO zur eigenen Entwicklung, noch. Und Deutschland nutzt die NATO geschickt zu ebendieser Stärkung der Eigenständigkeit, wie das hohe Maß an Führungsrolle in der Ostsee und im Baltikum zeigen.[21]

Die NATO bildet einen Block gegen Russland und China

Im Zuge des Krieges der NATO gegen Russland erlebt das Kriegsbündnis die von Stoltenberg und anderen anvisierte „Revitalisierung“, die von den Transatlantikern nach den durch Trump vertieften Bruchlinien erhofft wurde. Der NATO-Gipfel 2022 verabschiedete ein Strategiepapier, das dasjenige von 2010 ablöst und sehr deutliche Parameter festlegt. Darin heißt es:

„Die Russische Föderation ist die größte und unmittelbarste Bedrohung für die Sicherheit der Verbündeten und für Frieden und Stabilität im euroatlantischen Raum.“

„Die erklärten Ambitionen der Volksrepublik China (VRC) und ihre Machtpolitik stellen unsere Interessen, unsere Sicherheit und unsere Werte in Frage.“

„Die NATO ist sich des Wertes einer stärkeren und leistungsfähigeren europäischen Verteidigung bewusst, die einen positiven Beitrag zur transatlantischen und globalen Sicherheit leistet und die die NATO ergänzt und mit ihr zusammenarbeitet. Initiativen zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben und zur Entwicklung kohärenter, sich gegenseitig verstärkender Fähigkeiten bei gleichzeitiger Vermeidung unnötiger Überschneidungen sind der Schlüssel zu unseren gemeinsamen Bemühungen, den euro-atlantischen Raum sicherer zu machen.“[22]

Von der Leyen unterstrich diese strategische Linie in ihrer „State of the Union-Rede” im September 2022 nochmals:

„Die EU zielt im Machtkampf gegen Russland und China auf eine globale Blockbildung, strebt eine umfassende Ausdehnung des westlichen Blocks an und wird im Inneren gegen ,trojanische Pferde’ auswärtiger Mächte vorgehen.”[23]

Der Feind wird umfassend, politisch, wirtschaftlich und militärisch bestimmt: Russland und China. Zugleich wird die Entwicklung, die bereits seit der Konterrevolution 1990 die strategische Orientierung der „neuen NATO” leitet, fortgeführt: Weltweites und proaktives Agieren des Kriegsbündnisses. „Out of Area-” und „Out of Defence-” Einsätze wurden ab 1999 Bestandteil der NATO-Strategie. Das bedeutete, auch wenn kein Mitgliedsstaat angegriffen wurde und auch außerhalb des NATO-Gebietes wird das Kriegsbündnis aktiv werden. Und wurde es in Jugoslawien dann auch prompt. Diese weltweiten Ambitionen werden im aktuellen Strategiepapier nochmals unterstrichen. So ist es auch kein Wunder, dass am Gipfel der transatlantischen Allianz neben den NATO-Ländern auch Australien, Japan, Südkorea und Neuseeland teilgenommen haben. Die summierte militärische Kapazität wird unter Führung der USA, weltweit, aggressiv eingesetzt. Dafür erweitert die NATO sich in den asiatischen Raum, als ein Instrument. Die USA besitzen freilich weitere mit AUKUS und QUAD.

Schlussfolgerung

Ich fasse zusammen und spitze auf die Frage der Bewertung der Losung zu:

Wenngleich das Kriegsbündnis aus der Perspektive der USA seit seiner Gründung dem Ziel gegolten hat, Deutschland unten und Russland rauszuhalten, braucht der deutsche Imperialismus die NATO und nutzt die NATO für seine Großmachtbestrebungen. Es ist wohl nicht wahrscheinlich, angesichts der Kräfteverhältnisse in diesem Land, dass ein Austritt Deutschlands aus der NATO unter fortschrittlichen Vorzeichen geschieht. Wenn der deutsche Imperialismus aus der NATO austritt, dann wird das ziemlich sicher reaktionär oder im Kontext, gegenwärtig nicht absehbarer, wirklich revolutionärer Klassenkämpfe geschehen.

Von einem grundsätzlichen Potential oder der Möglichkeit einer Entwicklung aus, die Losungen für heute zu bestimmen, bedeutet allerdings, eben keine Losungen für heute zu geben. Als Parallele: Nur weil Russland potenziell in ebensolcher Art imperialistisch agieren möchte und wohlmöglich irgendwann könnte, wie es die alten Imperialisten tun, ist die Handlung der RF heute unter den konkreten Bedingungen und ihrem Verhältnis zu den führenden imperialistischen Ländern zu beurteilen und daraus Schlüsse zu ziehen für die Kampfrichtung und die Bestimmung des Hauptstoßes unserer Bewegung.

Der Kampf gegen die NATO ist in der gegenwärtigen weltpolitischen Konstellation wohl die entscheidendste Kampflinie für fortschrittliche Kräfte, international. Diesen Kampf abzuschwächen, weil man befürchtet, damit souveränistischen Teilen des deutsches Finanzkapitals in die Karten zu spielen ist gefährlich. Insgeheim meint vielleicht sogar der ein oder andere Gegner dieser Losung: „Besser, dass Deutschland in der NATO bleibt, so sind dem gefährlichen Raubtier Ketten angelegt.” – Eine Kapitulationserklärung für den Klassenkampf heute, der Kampf gegen die NATO ist damit abgesagt, im Gegenteil rutscht man schnurstracks, auf Basis einer vermeintlichen Gegnerschaft zum deutschen Imperialismus, auf Pro-NATO Linie. Zwar wurden dem deutschen Imperialismus durch die USA gewisse Grenzen, beispielsweise auf eine selbstständige nukleare Bewaffnung gesetzt, das „Einhegen” oder „unten halten” Deutschlands aus Sicht der USA ist allerdings widersprüchlich, geht es doch mit massiven Aufrüstungsforderungen einher. Es bleibt dabei: Aus der Perspektive unseres Hauptfeindes ist die NATO in erster Linie ein notwendiges Mittel für seine Großmachtbestrebungen. Wenn wir unsere Gegnerschaft zum deutschen Imperialismus ernstnehmen, dann bedeutet es, dass wir uns heute gegen diese Strategie der Bundesrepublik, also gegen die Mitgliedschaft Deutschlands in der NATO stellen. Eine Anti-NATO-Position als „Antiamerikanismus” und Ablenkung von den Gefahren des deutschen Imperialismus abzutun, wird der widersprüchlichen Beziehung nicht gerecht.

Es ist zudem unsere internationale Pflicht, nicht nur die Kriegspolitik des deutschen Imperialismus, sondern auch diejenige, die von deutschem Boden aus vorbereitet und durchgeführt wird, zu bekämpfen. US-Militärbasen und militärische Infrastruktur (Drohnenmorde aus Ramstein, Nuklearwaffen im Fliegerhorst Büchel, AFRICOM in Stuttgart, etc.) müssen von uns bekämpft werden.

Fragt man aus der Perspektive der Weltarbeiterklasse, so ist der Hauptfeind dasjenige Finanzkapital, welches an führender Stelle die Ausbeutung organisiert und seine Macht mit allen Mitteln der Diplomatie, der Finanzpolitik und des Militärs durchzusetzen sucht und auch durchsetzt. Das sind die USA. Sie tun dies in Allianz und gleichzeitiger Konkurrenz mit und zum deutschen Imperialismus. Für die deutsche Arbeiterklasse gilt es, den international zu richtenden Hauptstoß gegen die USA, mit dem Kampf gegen unseren Hauptfeind, den deutschen Imperialismus in Einheit zu bringen. Losungen gegen die NATO in Verbindung mit einer klaren Position gegen den deutschen Militarismus sind hierbei hilfreich und orientieren die Bewegung korrekt gegen unseren Gegner. Ändern sich die Beziehungen des deutschen Imperialismus und tritt der Gegensatz zu den USA in den Vordergrund, ändern sich auch unsere Kampflosungen. Es sind keine immerwährenden Positionen, sondern Reaktionen auf konkret befundene Entwicklungen und Verhältnisse. Eine klare Kontraposition gegen die NATO ist heute unabdinglich und möglich ohne Illusionen in die Zerbrechlichkeit und Zeitlichkeit der Kriegsallianz zu haben und ohne die Großmachtbestrebungen des deutschen Imperialismus aus den Augen zu verlieren.

Dabei sind die hier ausgeführten Gedanken und Zusammenhänge für ein umfassendes Verständnis der Strategie des deutschen Imperialismus und seinem Verhältnis zum USA-Imperialismus selbstverständlich unzureichend. Es wäre weiter und insbesondere auf Basis einer Betrachtung der ökonomischen Kapazität des deutschen Finanzkapitals, zu untersuchen, welches Fundament die strategische Autonomie einer deutsch-geführten EU hat. Wie stehen die Chancen, dass die EU und Deutschland tatsächlich auf dem Gebiet der Rüstungsproduktion, der Digitalisierung, der Energiepolitik und anderer zentraler Industriezweige ggü. den USA und auch ggü. China aufschließt? Und welche Teile des Finanzkapitals sind es, die eine solche Position vorantreiben? Was ist die Strategie des deutschen Imperialismus und wo liegen dafür die zentralen Hindernisse?

Eine genaue Erfassung dieser widersprüchlichen Bewegung, vom Standpunkt der Arbeiterklasse aus, hat das Potential souveränistischen Positionen die unter falscher Flagge segeln, den Wind aus den Segeln zu nehmen.

1 In einer Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik, einer deutschen Denkfabrik, von 2019 heißt es dazu: „Das Streben nach Selbstbehauptung und Selbstbestimmung der (West-) Europäer unten den Strukturbedingungen der Bipolarität (Ost-/Westkonflikt) war eine wichtige Triebkraft der Gemeinschaftsgründungen. Dafür steht nicht zuletzt das Vorhaben, eine(r) europäische(n) Verteidigungsgemeinschaft ...“ (zit. nach: Jürgen Wagner „Im Rüstungswahn – Deutschlands Zeitenwende zu Aufrüstung und Militarisierung“, Köln 2022, S.17),

2 zit. nach „Welt am Sonntag“, 23.4.1989

3 Werner Link: „Deutschland als europäische Macht“ in: Werner Weidenfeld (Hg.), Europa-Handbuch, Verlag Bertelsmann Stiftung, Gütersloh 1999, S.560

4 FAZ, 19.3.1993

5 So schreibt der damalige Verteidigungsminister Volker Rühe in seinem Buch „Deutschlands Verantwortung – Perspektiven für das neue Europa“ (1994), dass er insbesondere bei dem US-Verteidigungsminister auf große „Zurückhaltung“ mit seinem Verlangen einer Osterweiterung der NATO gestoßen sei. Siehe zu diesem Buch und den damaligen Auseinandersetzungen auch innerhalb der deutschen Bourgeoisie den Artikel „Die Lava fließt noch“, KAZ 259, 14.10.1994

6 Brzezinski 1997, The grand Chessboard, zit. nach Jörg Kronauer „Meinst du die Russen wollen Krieg?“ S. 101

7 Jörg Kronauer: „Ukraine über alles!“, Hamburg 2014, S. 59

8 gfp „Die Vasallisierung Europas“ vom 11.5.2023

9 NZZ 18.3.2019 „Warum es eine nationale Rüstungsindustrie braucht“, zit nach Jürgen Wagner, a.a.O. S. 48/49

10 Lafontaine, Oskar: „Ami, it’s time to go! – Plädoyer für die Selbstbehauptung Europas“, 2022, S. 14

11 www.jungewelt.de/artikel/447723.niedergang-der-linkspartei-gysi-rechts-überholt.html

12 ebenda

13 Neues vom Hauptfeind, 2012, S. 34

14 Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Band 7, S. 287 f.

15 www.bundesregierung.de/breg-de/suche/rede-von-bundeskanzler-scholz-an-der-karls-universitaet-am-29-august-2022-in-prag-2079534

16 www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/230569/zwischen-gestaltungsmacht-und-hegemoniefalle/

17 ecfr.eu/publication/the-art-of-vassalisation-how-russias-war-on-ukraine-has-transformed-transatlantic-relations/

18 ebenda

19 www.bundesregierung.de/breg-de/suche/rede-von-bundeskanzler-scholz-im-rahmen-der-diskussionsreihe-this-is-europe-im-europaeischen-parlament-am-9-mai-2023-in-strassburg-2189408

20 www.imi-online.de/2022/06/10/ein-strategischer-kompass-fuer-europas-rueckkehr-zur-machtpolitik/

21 Stellvertretend dafür steht „DEU MARFOR“ und Baltic Maritim Component (BMCC). Merle Weber schreibt im März 2023: „In Rostock untermauert Deutschland seinen militärischen Führungsanspruch in der Ostseeregion, stärkt seine Stellung innerhalb der NATO und baut gleichzeitig für Strategische Autonomie notwendige europäische militärische Führungsfähigkeiten auf.“ www.imi-online.de/2023/03/21/wieder-bereit-zu-fuehren/

22 www.nato.int/strategic-concept/

23 www.german-foreign-policy.com/news/detail/9024

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Referate vom 19. Mai 2023 auf der XIV. Konferenz: „Der Hauptfeind steht im eigenen Land“.

Referate vom 19. Mai 2023 auf der XIV. Konferenz: „Der Hauptfeind steht im eigenen Land“.

Die Teilnehmer der „Zwei-plus-Vier“-Konferenz in Bonn vor den Flaggen ihrer Länder (von links nach rechts): Eduard Schewardnadse (Sowjetunion), Roland Dumas (Frankreich), Markus Meckel (DDR), Hans-Dietrich Genscher (Bundesrepublik), Douglas Hurd (Vereinigtes Königreich) und James Baker (USA). Am 5. Mai 1990 fand in Bonn die erste Runde der „Zwei-plus-Vier“-Konferenz statt.

Die Teilnehmer der „Zwei-plus-Vier“-Konferenz in Bonn vor den Flaggen ihrer Länder (von links nach rechts): Eduard Schewardnadse (Sowjetunion), Roland Dumas (Frankreich), Markus Meckel (DDR), Hans-Dietrich Genscher (Bundesrepublik), Douglas Hurd (Vereinigtes Königreich) und James Baker (USA). Am 5. Mai 1990 fand in Bonn die erste Runde der „Zwei-plus-Vier“-Konferenz statt.

Von 1992 bis 1998 Außenminister der BRD: Klaus Kinkel, hier im Gespräch mit dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl (Mai 1994).

Von 1992 bis 1998 Außenminister der BRD: Klaus Kinkel, hier im Gespräch mit dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl (Mai 1994).

Das Gasleck bei Nord Stream 2 aus der Luft fotografiert.

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Aus der Perspektive unseres Hauptfeindes ist die NATO in erster Linie ein notwendiges Mittel für seine Großmachtbestrebungen.

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