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KAZ-Fraktion: „Ausrichtung Kommunismus”

Die Häutung der Deutschen Bank

Dieser Artikel erschien auch in „junge Welt“ vom 3. Dezember 2015

Strategische Häutung oder Frontbegradigung nennen die Kommentatoren, was die Deutsche Bank derzeit treibt: Verkauf der Postbank, massiver Personalabbau, Konzentration aufs Kerngeschäft, alles „Überflüssige wegschneiden“ – bis auf das gesellschaftlich überflüssigste, nämlich das aggressive Finanzkapital. Ein „Kulturwandel“ soll die enormen Kosten für Strafen, Entschädigungen, Anwälte und Berater eindämmen. Im Rahmen der zahlreichen Prozesse (über 6.000 sind gegen die Deutsche Bank anhängig) zahlten die führenden Banken seit 2009 über 260 Milliarden Dollar, die Deutsche Bank ist ganz vorne mit dabei. Die meisten Prozesse spielen auf internationalen Bühnen, insbesondere in den USA, aber auch die heimische Justiz behandelt die Bank nicht mehr als unantastbar, wie z.B. die milliardenschwere Entschädigung für die Kirch-Erben und die nachfolgenden Anklagen wegen Prozessbetrug gegen amtierende und vormalige Vorstandsvorsitzende zeigen.

Die Deutsche Bank häutet sich nicht zum ersten Mal:

Nach dem zweiten Weltkrieg gab die US Financial Investigation Section auf Grundlage umfangreicher Untersuchungen (OMGUS Bericht) folgende Empfehlungen:

1. Die Deutsche Bank ist zu liquidieren.

2. Die verantwortlichen Mitarbeiter sind anzuklagen und als Kriegsverbrecher vor Gericht zu stellen.

3. Die leitenden Mitarbeiter sind von der Übernahme wichtiger und verantwortlicher Positionen im wirtschaftlichen und politischen Leben Deutschlands auszuschließen.

Dass es ganz anders kam, zeigt in hervorragender Weise Hermann Josef Abs. Der kam als Teilhaber einer zwangsarisierten kleinen Privatbank 1937 zur Deutschen Bank. 1938 wurde er in den Vorstand berufen, in dem er bis Kriegsende verblieb. Auf 3 Monate Haft folgte die Berufung zu Adenauers Finanzberater, 1952 sogar als Verhandlungsführer beim Londoner Schuldenabkommen, das spätere Forderungen von Zwangsarbeitern und Opfern der Arisierung blockierte, und im gleichen Jahr der Wiedereinstieg bei der Deutschen Bank, zunächst beim süddeutschen Zweig. 1956 durften sich die zwangszerlegten Teile in den Westzonen, die zur NATO-BRD geworden waren, endlich wieder zur Deutschen Bank vereinen, Abs wurde Vorstandssprecher, dann von 1967-76 Aufsichtsratsvorsitzender. Er führte sie zu „neuer Größe“ und war gleichzeitig der Übervater der „Deutschland AG“.

Für die nächste Häutung steht der 1989 bei einem nie aufgeklärten Attentat getötete junge Vorstandschef Alfred Herrhausen. Drei Tage vor dem Attentat hatte er in London die entscheidenden Gespräche zur Übernahme der britischen Investmentbank Morgan Grenfell geführt. Die kurz danach vollzogene Übernahme dieser Bank bereitete der Deutschen Bank den Weg, global beim Handel mit Wertpapieren, Devisen und den jeweiligen Derivaten mitzumischen.

Auf dem Heimatmarkt bot die Einverleibung der DDR einmalige Chancen. Als „Frontbank“ trieb sie die Altschulden der Betriebe zu Rekordzinsen in harter Währung ein, da sie sich faktisch die Staatsbank der DDR (zusammen mit der damals noch existenten Dresdner Bank) angeeignet hatte – als Beutegut sogar noch vor dem sogenannten Einigungsvertrag. Insbesondere im Immobilienbereich brachte der DDR-Einverleibungs-Boom auch Probleme, Stichwort „Peanuts“ in der Milliardenpleite von „Dr.“ Schneider 1995. Aber Ende der 1990er Jahre war die Deutsche Bank nach Übernahme von Bankers Trust in den USA die nach Bilanzsumme größte der Welt. Diese Ergebnisse gingen vor allem zurück auf die Mitte der 90er von der US-Konkurrenz abgeworbene Verkäufer-Truppe unter Edson Mitchell, die dafür sagenhafte Boni kassierte und aus der sich nach Mitchells Unfalltod „Jains Army“ in London herausbildete. Deren Anführer Anshu Jain brachte es zum Vorstandsvorsitzenden in Frankfurt, bis er im Rahmen der jüngsten Häutung zum 1. Juli von John Cryan abgelöst wurde.

Dabei hatte die Bank die Erschütterungen nach der Lehmann-Pleite am 15.9.2008 relativ gut überstanden, nach Meinung mächtiger Konkurrenten vielleicht zu gut, auf jeden Fall aber mit Einsatz von Methoden, die jetzt in den Prozessen zur Sprache kommen und die milliardenschweren Strafzahlungen nach sich zogen, darunter 2,5 Milliarden Dollar wegen Manipulation des Referenzzinssatzes LIBOR. Anhängig sind z.B. noch Untersuchungen zur Manipulation des Goldpreises. Ähnlich wie bei der LIBOR-Festlegung ist es eine sehr kleine von den führenden Banken gebildete Runde, die ganz informell und ohne Kontrolle den Goldpreis oder den LIBOR festlegt. Daran orientieren sich dann auch alle anderen Marktteilnehmer. Natürlich lädt das zur Manipulation ein und natürlich haben das auch andere gemacht, z.B. Barclays oder UBS. Die haben z.T. nur schneller gewusst, dass Ermittlungen gegen sie laufen, und sich als Kronzeugen zur Verfügung gestellt. Wenn man so ins Eck gestellt wird wie hier die Deutsche Bank, sehen das die Aktionäre nicht gerne, die fallenden Kurse befördern die neue Häutung. Aufsichtsratschef Paul Achleitner (früher Allianz), der die Weichen von Jain auf Cryan gestellt hatte, propagiert als Begleitmusik die „Neue Bescheidenheit“: Im so überschriebenen SZ-Interview (21./22.11.) findet sich allerdings ein Zitat, das so bescheiden nicht klingt: „Sie können die Welt nicht erobern, wenn sie nur in Frankfurt und Berlin sitzen“. Das ist gemeint mit der Kernkompetenz, auf die man sich nun konzentrieren will: Die deutschen Firmen bei ihrer Expansion in der Welt anzutreiben.

Corell

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